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Flucht aus der Ukraine: Das bedeutet die EU-Massenzustroms-Richtlinie

Symbolbild Migration (carlosgardel - fotolia.com)

Nachdem der EU-Ministerrat am 3. März 2022 die sogenannte EU-Massenzustroms-Richtlinie in Kraft gesetzt hat, greifen nun neue Regelungen zum Aufenthalt und dem Anspruch auf Sozialleistungen für Geflüchtete aus der Ukraine. Zudem gibt es landesrechtliche Regelungen sowie Informationen der Integrationsakteur*innen vor Ort.

Folgende Personengruppen fallen unter die europaweite Anwendung der Massenzustroms-Richtlinie:

  • Ukrainische Staatsangehörige und ihre Familienangehörigen, die sich bis zum 24.02.2022 in der Ukraine aufgehalten haben
  • Drittstaatsangehörige oder Staatenlose, die in der Ukraine internationalen Schutz genießen, sowie ihre Familienangehörigen, sofern sie sich vor dem oder am 24. Februar 2022 in der Ukraine aufgehalten haben
  • Drittstaatsangehörigen, die sich vor dem oder am 24. Februar mit einem unbefristeten Aufenthaltstitel in der Ukraine aufgehalten haben und nicht sicher in ihr Herkunftsland zurückkehren können

Die Aufnahme weiterer Personengruppen wird derzeit noch geprüft.


Regeln für Aufenthalt und dem Zugang zu Leistungen

Die Verteilung der Schutzsuchenden ist in § 24 Abs. 3 – 5 AufenthG geregelt. Danach gilt der Königsteiner Schlüssel, solange die Bundesländer keine abweichende Vereinbarung treffen. Zumindest Schutzsuchende, die privat unterkommen, werden voraussichtlich nicht verteilt werden. Abschließende Informationen zur Frage der Verteilung werden sich voraussichtlich auch erst in den nächsten Tagen klären. In Sachsen sind aktuell ein Großteil der Schutzsuchenden in privaten Unterkünften oder in Einrichtungen der Zivilgesellschaft aufgenommen worden. Auch die zentrale Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) in Leipzig/ Mockau III ist belegt. Weitere zentrale Aufnahmestandorte werden aktiviert. Daneben werden auch auf kommunaler Ebene zusätzliche Unterbringungsmöglichkeiten geschaffen. Ein Mechanismus der Verteilung auf Landesebene befindet zum jetzigen Zeitpunkt noch in Absprache zwischen den beteiligten Unterbringungsbehörden.

Erwerbstätigkeit und der Zugang zu Bildung müssen nach den Vorgaben der Richtlinie gewährt werden. Es zeichnet sich ab, dass die dafür notwendigen bundes- und landesrechtlichen Regelungen zeitnah und entsprechend den Bedarfen der Schutzsuchenden getroffen werden. Insbesondere sind hier die Zugänge zu Kita, Schule, Integrationskursen und Arbeitsmarkt, aber auch allen anderen sozialen und medizinischen Unterstützungsangeboten in den Blick zunehmen.

In Deutschland wird die „Massenzustrom-Richtlinie“ in § 24 des Aufenthaltsgesetzes umgesetzt. Danach erteilt die zuständige Ausländerbehörde eine „Aufenthaltserlaubnis zum vorübergehenden Schutz“ von i.d.R. einem Jahr, die bis zu max. drei Jahren verlängert werden kann.

Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG haben gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3a AsylblG Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Zuständig für die Gewährung dieser Leistungen ist das Sozialamt, Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II bestehen nicht.


Landesregelungen und Asyl

In Sachsen ist seit dem 04. März 2022 ein Erlass zum leistungsrechtlichen Umgang mit ukrainischen Kriegsvertriebenen wirksam. Hiernach haben die von der Richtlinie/BMI-VO umfassten Personenkreise bis zur Titelerteilung Anspruch auf Grundleistungen gem. § 3 AsylblG (Deckung des Bedarfs an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts (notwendiger Bedarf), persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens). In Erstaufnahmeeinrichtungen untergeberachte Menschen erhalten überwiegend Sachleistungen.

Dieser Leistungsanspruch setzt aber ein Asylgesuch gem. § 13 Abs. 1 AsylG voraus (diese ist rechtlich von einer Asylantragsstellung getrennt zu sehen). Ein Asylgesuch dürfte automatisch durch die Meldung in einer Aufnahmeeinrichtung erfolgen. Privatwohnende müssten die Meldung persönlich und/oder schriftlich bei der örtlichen kommunalen Ausländerbehörde vornehmen.

Besonderheiten bestehen auch für den Zugang zu medizinischer Versorgung, der in der Regel gemäß §§ 4 und 6 AsylbLG eingeschränkt ist. Zu beachten ist aber § 6 Abs. 2 AsylbLG, wonach Personen, die eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 24 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes besitzen und die besondere Bedürfnisse haben, wie beispielsweise unbegleitete Minderjährige oder Personen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben, die erforderliche medizinische oder sonstige Hilfe gewährt werden muss.

Einen ersten Überblick über sonstige sozialrechtliche Rahmenbedingungen des § 24 AufenthG bietet Ihnen die Gemeinnützige Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender e.V. unter: https://ggua.de/fileadmin/downloads/tabellen_und_uebersichten/Aufenthalt_24.pdf


Online-Plattform bündelt Informationen und Zugang zu Hilfsleistungen

Ein sachsenweites Portal zur Koordinierung der aktuellen Hilfeleistungen ist nun eingerichtet. Sie finden es unter: https://buergerbeteiligung.sachsen.de/portal/smi/beteiligung/themen/1028468

Über die Plattform können sämtliche Hilfeleistungen wie z.B. die Unterbringung von Geflüchteten, Übersetzungsleistungen oder Betreuungsangebote unterbreitet werden. Diese werden dann an die entsprechenden Stellen (Hilfsorganisationen, Kreisfreie Städte und Kommunen etc.) gesteuert, die wiederum direkt Kontakt mit den Hilfesuchenden und Unterstützenden aufnehmen. Hierdurch soll eine zielgenaue Hilfe vor Ort ermöglicht werden.

Infomationenübersicht aller Integrationsakteure nach Thema und Region finden Sie hier:  https://www.integrationsakteure.sachsen.de/auf-einen-blick-3972.html#/


Viele Detailfragen zum EU-Ratsbeschluss und seiner Umsetzung in Deutschland sowie etwaiger landesspezifischer Regelungen in Sachsen sind noch offen. Wir werden Sie weiterhin dazu informieren.

Kontakt:

Hendrik Kreuzberg (Referent Migration)
Tel.: 0351 - 828 71 145
E-Mail: hendrik.kreuzberg(at)parisax.de