Kontaktaufnahme

Regionalwahlen 2022: Soziale Themen vor Ort mitbestimmen

Symbolbild: Abstimmung, Wahl, Kreuz

Kommunalwahlen kommen zuweilen blass daher, dabei haben sie entscheidenden Einfluss auf die lokalen und regionalen Entwicklungen. Auf die im Juni 2022 anstehenden Landrats- und Bürgermeisterwahlen trifft dies besonders zu, da sie einschneidende Veränderungen für die soziale Infrastruktur bedeuten könnten.

Am 12. Juni 2022 werden in neun von zehn sächsischen Landkreisen neue Landrät*innen gewählt. Die Bürgerschaft eines Landkreises kann so per Mehrheitswahl die politische Richtung für die kommenden sieben Jahre bestimmen. Denn gewählt ist, wer im ersten Wahlgang mehr als 50 Prozent der abgegebenen Stimmen oder im zweiten Wahlgang die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhält. Ein möglicher zweiter Wahlgang fände am 3. Juli 2022 statt.

Landrät*innen als Interessenvertretung der Region

„Der Landrätin bzw. dem Landrat kommt entscheidendes politisches Gewicht zu. Als Vorsitzende des Kreistags und Leitung der Kreisverwaltung vertreten sie maßgeblich den Landkreis und seine jeweiligen Interessen vertreten. Obwohl das Amt in erster Linie als ausführendes Organ der Beschlüsse des Kreistages fungiert, können Amtsinhabende die Rahmenbedingungen vor Ort stark beeinflussen. Das haben wir in den vergangenen Jahren immer wieder erlebt“, erklärt Daniel Fuchs, Bereichsleiter Regionalgeschäftsstellen des Paritätischen Sachsen.

Für die Durchsetzung der eigenen Ziele oder Initiativen braucht es jedoch immer die Mehrheit im Kreistag. So sind für die Mehrheitsfindung kommunale Koalitionen entscheidend, die sich lokal auch über Parteigrenzen hinweg bilden können. Auch die Zusammenarbeit zwischen Landrät*innen und dem Bürgermeisteramt ist entscheidend. Gerade in den kreisfreien Städten bildet dieses Amt das politische Pendant. 

Bürgermeisterwahlen als eine Grundlage für Mehrheiten im Kreistag

Daher kommt den Bürgermeisterwahlen auf Städte- und Gemeindeebene ebenfalls ein großes Gewicht zu, da analog zu den Landratswahlen auch hier größere politische Veränderungen zu erwarten sind. In etwa der Hälfte der rund 400 Städte und Gemeinden Sachsens wird 2022 die Rathausspitze neu besetzt und das Personalkarussell scheint sich mehr denn je zu drehen. Zum einen, weil sich bisherige Amtsinhaber*innen altersbedingt in den Ruhestand verabschieden und zum anderen stehen Kandidat*innen zur Wahl, die nicht der bekannten Parteienlandschaft angehören. Auf lokaler Ebene wiegt die persönliche Sympathie für Personen oft schwerer als das Parteibuch, weshalb Wahlberechtigte umso mehr gefordert sind, die Anliegen der Kandidat*innen genau zu prüfen, bevor sie ihre Stimme abgeben.

Schon jetzt sind Akteur*innen der freien Wohlfahrtspflege in den Landkreisen aktiv, um mit den Kandidat*innen über deren sozialpolitische Prämissen zu reden und auf konkrete Problemlagen in der Sozialen Arbeit aufmerksam zu machen. Mögliche Lösungsansätze können dann im Wahlkampf aufgegriffen werden. Dabei zeigt sich, welchen Stellenwert soziale Fragen auf der Agenda der Kandidat*innen haben. Die Regionalgeschäftsstellen des Paritätischen Sachsen werden im Austausch mit den Trägern des Sozial- und Bildungsbereich die Umsetzung der gegebenen Versprechen vorantreiben.

Beigeordnete als inhaltliche Weichensteller

Mit der Landratswahl ist die Entscheidungsfindung 2022 nicht vorbei. Im 3. Quartal wählen die Kreistage vermehrt die Beigeordneten. Diese sind die Stellvertretungen der Landrätin oder des Landrats. Sie vertreten ihr Dezernat entsprechend der sachlichen Zuständigkeit und ihrer fachlichen Erfahrungen und Kompetenzen. So verkörpern die Beigeordneten nach dem Wahlergebnis der Kommunalwahl nicht nur die politische Mehrheit im Stadt- oder Gemeinderat, sondern beeinflussen zudem, welche Themenbereiche und Inhalte vordergründig behandelt werden. Auch dieser Position kommt eine hohe Steuerungsverantwortung hinsichtlich der Ausrichtung und Ausführung gesetzter Inhalte zu.

Daniel Fuchs sagt dazu: „Der Dialog mit den zuständigen Beigeordneten oder Sozialdezernent*innen ist für die Umsetzung von sozialpolitischen Fragen sehr wichtig. In den vergangenen Jahren konnten die Regionalleitungen des Paritätischen Sachsen in Gesprächen mit Beigeordneten die Soziale Arbeit vor Ort maßgeblich mitgestalten oder auf Problemlagen hinweisen. Vor dem Hintergrund angespannter kommunaler Haushalte war nicht selten von Einsparungen und Kürzungen die Rede. Jedoch ist es bislang durch gezielte Ansprache häufig gelungen, dass gerade im unterfinanzierten Sozialbereich keine Kürzungen stattfanden oder Dynamisierungen ausblieben. Die Träger konnten ihre Arbeit daher im gewohnten Umfang fortsetzen.“

Vorhaben und Einstellung der Kandidat*innen genau betrachten

Spannend wird daher sein, inwieweit die bisher guten Kontakte und die Beteiligung der Wohlfahrtsverbände auch an sozialplanerischen Prozessen in Zukunft Bestand haben, wenn die Ämter neu besetzt werden. Das hängt nicht zuletzt mit der Grundeinstellung der Kandidat*innen zu Fragen der sozialen Verantwortung, der aktiven Beteiligung der Zivilgesellschaft und der Teilhabe aller Bevölkerungsgruppen zusammen. „Ich bitte alle Wahlberechtigten, diese Aspekte bei der Stimmabgabe zur Landrats- sowie bei der Bürgermeister*innenwahl besonders zu berücksichtigen. Schließlich stellen wir mit der Wahl im Sommer die Weichen für die kommenden sieben Jahre. Anders als in den vorhergehenden Wahlperioden geht es neben der sozialpolitischen Ausrichtung auch um die Folgen der Corona-Pandemie. Diese abzumildern, liegt hinsichtlich der Kinder und Jugendlichen in kommunaler Verantwortung“, betont der Bereichsleiter.

Das Interesse an den diesjährigen kommunalen Wahlgängen mutet aktuell noch recht verhalten an. Dabei scheint sich den Wähler*innen diesmal eine weit größere Auswahl an Kandidat*innen zu bieten als in den Wahlgängen zuvor. Zudem haben einige Parteien und Wahlvereinigungen bereits angekündigt, für die Kandidat*innen anderer Gruppierungen zu werben, sollte die eigene Spitzenperson im ersten Wahlgang scheitern. In den kommenden Monaten werden sich den Wähler*innen verschiedene Möglichkeiten bieten, die kandidierenden Akteur*innen kennenzulernen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Eine Chance, die alle Wahlberechtigten diesmal unbedingt wahrnehmen sollten, bevor sie am 12. Juni 2022 ihre Stimme abgeben.


Der Beitrag erschien zuerst in der März-Ausgabe unseres Verbandsmagazins anspiel.