Parisax Aktuelle Meldungen https://parisax.de/ Parisax Aktuelle Meldungen de Parisax Fri, 28 Mar 2025 15:53:24 +0100 Fri, 28 Mar 2025 15:53:24 +0100 TYPO3 news-10959 Tue, 25 Mar 2025 06:35:00 +0100 Gastbeitrag: Können Frauen Männerberatung? https://parisax.de/aktuelles/aktuelles-artikelansicht/news/gastbeitrag-koennen-frauen-maennerberatung/ Männerberatung wird oft so verstanden, dass nur männliche Berater männliche Klienten beraten sollten. Schließlich kennen dann beide Seiten die gleichen Männlichkeitsanforderungen. Warum ein gleichgeschlechtliches Setting nicht zwingend die Wahl ist, erläutert Jörg Gakenholz, Bildungsreferent für Männerforschung der Landesfachstelle Männerarbeit Sachsen.

Männerberatung wird oft so verstanden, dass nur männliche Berater männliche Klienten beraten sollten. Schließlich kennen dann beide Seiten die gleichen Männlichkeitsanforderungen. Warum ein gleichgeschlechtliches Setting nicht zwingend die Wahl ist, erläutert Jörg Gakenholz, Bildungsreferent für Männerforschung der Landesfachstelle Männerarbeit Sachsen.

„Ach, ich dachte es ist nur für Männer.“, „Ist das denn auch für Frauen? Da ist ja dieses Sternchen…“, „Ich bin eine Frau, lassen Sie mich damit in Ruhe!“. Solche Sätze haben wir in der Vorbereitung auf unseren zweiten Durchlauf „Fortbildung Systemische Männerberatung“ manches Mal gehört. Beim Begriff Männerberatung entsteht häufig ein Bild im Kopf, bei dem sich zwei Männer gegenübersitzen. Warum ist das so und vor allem: Muss das so sein?

Psychosoziale Beratung ist insgesamt ein weiblich konnotiertes Feld. Die meisten beratend tätigen Personen sind Frauen, ebenso ist es die Mehrzahl der ankommenden Klient*innen. Aus dieser Erfahrung heraus wurde bereits in den 1990ern ‚Männerberatung‘ entwickelt: Beratung, die Männer als konkrete Zielgruppe anspricht und bei der Männlichkeit neben dem eigentlichen Beratungsanlass (z.B. Beziehungsprobleme) immer mitgedacht und reflektiert wird.

Mit erlernter Männlichkeit umgehen

Doch wie überzeugt man Typen, die Probleme damit haben, ein Problem zu haben? Legendär in der Szene sind kreative Aktionen wie eine „Zwangsberatung für Männer“ an öffentlichen Plätzen. Und zunächst wurde die Methodik Männerberatung tatsächlich meist von Männern durchgeführt. Ähnliche Sozialisation, das Sichbewegen in männlichen Räumen, das Aufsaugen kultureller Männerbilder - all das lässt diese Konstellation erst einmal stichhaltig erscheinen. 

Jedoch: Dieses allmähliche Einnehmen einer männlichen Perspektive ist ein Prozess. Die als männlich erklärten Muster und Verhaltensweisen sind nicht einfach da, auch für Männer nicht. Sie werden erlernt. Und damit können auch weibliche und diverse Fachkräfte die dahinter liegenden Mechanismen erlernen und professionell sowie sensibel darauf eingehen.

Geschlecht Beratender meist nachrangig für Hilfesuchende

In den wenigen wissenschaftlichen Befragungen zum Thema wird sichtbar, dass es Männer gibt, die für eine Beratung ein Mann-zu-Mann-Setting bevorzugen. Insbesondere wurde dies bei heiklen Themen wie Gewalterfahrungen oder Sexualität genannt. Gegenüber einer Frau bestehe die Gefahr von Imponiergehabe und Schönfärberei, oder man(n) könne sich eingeschüchtert, inkompetent oder überlegen fühlen. Jedenfalls keine gute Voraussetzung für eine offene und ehrliche Beratung.

Genauso gibt es jedoch Männer, die sich lieber von einer Frau beraten lassen würden. Mit ihnen könne man(n) ja besser reden oder sie zeigten mehr Verständnis für den (vermeintlich unmännlichen) Konflikt. Zudem komme es mit Männern leicht zu Konkurrenzgehabe, was einer erfolgreichen Beratung im Weg stünde. Diese subjektiven Empfindungen, die auf individuellen Vorerfahrungen basieren, sollten nicht heruntergespielt werden. Für die Betroffenen spielen diese Gefühle eine Rolle und das sollte den Fachkräften in Beratungseinrichtungen bewusst sein.

Indes ist den meisten Männern das Geschlecht des Gegenübers in der Beratung schlicht nicht wichtig, solange ihr Anliegen ernst genommen wird und sie sich verstanden fühlen. Schließlich ist die auf männliche Bedürfnisse zugeschnittene Beratung, Information und Begleitung nicht nur eine geschlechtliche, sondern auch eine fachliche Frage. Ebenso verhält es sich mit der Verbesserung zielgruppensensibler Ansprache, die in der Öffentlichkeitsarbeit der Einrichtungen angepasst werden kann. Ich war selbst längere Zeit im (Männer-)Gewaltschutz tätig und habe am Aufbau weiterer Männerschutzeinrichtungen (MSE) mitgewirkt. In einigen dieser MSE arbeiten auch weibliche Fachkräfte, was durchaus funktioniert.

Berater*innen-Team divers aufstellen

Die Position der Landesfachstelle Männerarbeit dazu: Generell ist es sinnvoll, mehr als eine Option zu haben. Deshalb plädieren wir politisch für eine Wunsch- und Wahlfreiheit für personale Niedrigschwelligkeit. Mit manchen Menschen harmoniert es einfach nicht – weswegen auch immer. Aus der Praxis wissen wir zudem, dass es für alle Geschlechter Umstände gibt, bei denen das Geschlecht wichtig sein kann. Mit dieser Haltung haben wir unsere „Fortbildung Systemische Männerberatung“ gestaltet.

Mit einer nicht rein männlichen Fortbildungsgruppe wird sich die Gruppendynamik verändern. So kann es bei einzelnen Teilnehmenden zu Redehemmnissen kommen. Es gibt weniger männliche Selbsterfahrung, dafür mehr Perspektiven. Die Fallstricke sind bekannt und wurden mit den Trainern, die die Lehrmodule inhaltlich ausgestalten, besprochen. Sie achten in ihren Methoden und Gruppenaufteilungen auf die richtige Balance, um beispielsweise in Kleingruppen zu vermeiden, dass Teilnehmerinnen in eine Rolle als „Expertin für Weibliches“ kommen.

Männliche Sozialisation verstehen

Nicht zuletzt ist es auch für Frauen lohnenswert, sich ein besseres Verständnis von männlicher Sozialisation anzueignen, wenn sie beruflich mit einzelnen Männern oder Männergruppen zu tun haben, um sicherer aufzutreten und Männer gut anzusprechen. Denn das Bild von psychosozialer Beratung wird vielfältiger und dabei wird - mit Blick auf die fachliche Diskussion - Männerberatung an Bedeutung zunehmen. Es braucht dafür männlichkeitssensible Beratungsangebote und Berater*innen – flächendeckend. Das ist einer der Bausteine einer umfassenden Strategie auf dem Weg zu mehr Geschlechtergerechtigkeit.


Der Autor: Jörg Gakenholz ist Bildungsreferent für Männerforschung der Landesfachstelle Männerarbeit Sachsen. Sie haben Fragen oder möchten sich über die Themen der Landesfachstelle Männerarbeit Sachsen informieren? Nehmen Sie Kontakt auf.

Telefon: 0351 - 275 179 25
E-Mail: joerg.gakenholz(at)juma-sachsen.de


Der Artikel erschien zuerst in der September-Ausgabe 2024 unseres Verbandsmagazins anspiel. Das Heft befasste sich mit dem Themenschwerpunkt "Soziale Innovation".

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news-10960 Thu, 20 Mar 2025 06:10:00 +0100 Präventionskultur: Arbeitsschutz als Chance https://parisax.de/aktuelles/aktuelles-artikelansicht/news/praeventionskultur-arbeitsschutz-als-chance/ Gefährdungsbeurteilung, Unterweisung und Co. sind auf den ersten Blick aufwendig und zeitraubend. Für ein sicheres und gesundes Arbeitsumfeld sind sie unerlässlich. Und den Beschäftigten zeigen sie: Ihr seid dem Unternehmen wichtig. Diese Botschaft ist der Grundstein für eine Präventionskultur im Unternehmen, von der alle profitieren.

Gefährdungsbeurteilung, Unterweisung und Co. sind auf den ersten Blick aufwendig und zeitraubend. Für ein sicheres und gesundes Arbeitsumfeld sind sie unerlässlich. Und den Beschäftigten zeigen sie: Ihr seid dem Unternehmen wichtig. Diese Botschaft ist der Grundstein für eine Präventionskultur im Unternehmen, von der alle profitieren.

Was als Präventionskultur bezeichnet wird, ist zunächst wenig greifbar. Doch wer sich in Betrieben umhört, stößt immer wieder auf ähnliche Themen: Knappe Ressourcen, fehlende Fachkräfte, eine Vielzahl von Anforderungen, die zu erfüllen sind. Dabei zeigt sich auch, was gut aufgestellte Unternehmen mit gelebter Präventionskultur ausmacht: Sie beziehen bei Themen wie Führung und Zusammenarbeit alle Beteiligten ein und setzen sich aktiv für Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten ein.

Arbeitsschutz mit professioneller Unterstützung

Die gute Nachricht für Führungskräfte: Es ist zwar ihre Aufgabe, für Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu sorgen, doch allein gelassen sind sie damit nicht. Fachkräftige Unterstützung ist sogar gesetzlich vorgegeben: Jeder Betrieb, der Angestellte oder Ehrenamtliche beschäftigt, muss sich betriebsärztlich und sicherheitstechnisch beraten lassen. Ziel ist, dass alle Beschäftigten gesund und sicher arbeiten können. Große Unternehmen haben häufig eigene Fachkräfte und Betriebsärzte oder -ärztinnen. Kleine Einrichtungen können freiberufliche Fachleute oder Dienstleistungsfirmen beauftragen.

Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet alle Arbeitgeber, regelmäßig eine Gefährdungsbeurteilung vorzunehmen und als kontinuierlichen Verbesserungsprozess weiterzuführen. Auch hierbei unterstützen Fachkräfte für Arbeitssicherheit sowie der Betriebsarzt oder die Betriebsärztin. Gefährdende Tätigkeiten werden in einer solchen Beurteilung für jeden Arbeitsplatz erfasst und Maßnahmen festgelegt, wie die Gefährdung beseitigt wird. Dazu gehören auch vermeintliche Kleinigkeiten wie Stolperfallen und ungünstige Körperhaltungen. Die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung liegt in der Verantwortung der Geschäftsführung.

Gefährdungsbeurteilung als Grundlage

Eine Gefährdungsbeurteilung ist für Unternehmen aber nicht nur gesetzliche Pflicht, sondern zugleich ein guter Ausgangspunkt für alle Maßnahmen, die Arbeitsplätze gesünder und sicherer machen. Gefährdungen und Belastungen gilt es zu beseitigen oder zumindest die Risiken zu minimieren. Um Arbeitsplätze möglichst gesundheitsförderlich zu gestalten, müssen diese Gefährdungen und Belastungen jedoch zuerst erkannt werden. Und auch beim sensiblen Thema Psyche hilft die Gefährdungsbeurteilung, gesundheitliche Risiken für Beschäftigte aufzuspüren.

Die Gefährdungsbeurteilung ist Führungsinstrument und Planungsgrundlage für die betriebliche Organisation und Arbeitsabläufe. Geeignete Maßnahmen können Störungen im Betriebsablauf, Unfälle und andere gesundheitliche Beeinträchtigungen vermeiden und so Ausfallzeiten beim Personal verringern. Dazu gehören beispielsweise Regelungen zur Reinigung und zur Desinfektion, die arbeitsmedizinische Vorsorge für Beschäftigte oder Prüffristen für Arbeitsmittel und Betriebsanweisungen. Gesunde und sichere Arbeitsbedingungen können die Motivation und Leistungsfähigkeit verbessern und zur Qualitätssicherung beitragen.

Was haben Unternehmen davon? 

Die gute Organisation des Arbeitsschutzes ist der Schlüssel für eine nachhaltige Präventionskultur im Betrieb. Mit festen Strukturen und Abläufen erfüllen Unternehmen nicht nur gesetzliche Anforderungen, sondern gestalten attraktive Arbeitsbedingungen, die die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten stärken und damit die Leistungsfähigkeit steigern: Prozesse funktionieren reibungsloser, es gibt weniger krankheits- und unfallbedingte Ausfälle und alle Beteiligten sind motivierter, gesünder und leistungsstärker. Solche Mitarbeiter*innen sind die beste Basis für nachhaltig erfolgreiche Unternehmen. Und ein gesundes Arbeitsklima ist zusätzlich ein attraktiver Wettbewerbsvorteil, um Fachkräfte zu gewinnen und zu halten.

Der Fachkräftemangel ist überall in der Arbeitswelt angekommen. Müssen Unternehmen Leistungen einschränken, weil sie kein qualifiziertes Personal rekrutieren und halten können, gefährdet das ihren Erfolg. Besonders viele Arbeitskräfte fehlen in Unternehmen des Gesundheitsdienstes und der Wohlfahrtspflege. So berichten Pflegeunternehmen davon, dass es schwer ist, offene Stellen zu besetzen. Mitarbeitende zu finden und zu halten, ist demnach ein zentrales Problem für viele Betriebe. Gute Arbeitsschutzkonzepte sind wiederum für Bewerber*innen ein wichtiges Kriterium bei der Wahl des Arbeitgebers. Auch um Personal im Unternehmen zu halten, ist ein Arbeitsklima, das Wertschätzung und Fürsorge vermittelt, ein entscheidendes Merkmal. Stabilität in der Team-Besetzung stärkt des Weiteren das Wir-Gefühl und erhöht die Zufriedenheit bei der Arbeit.

Sicheres und gesundes Arbeiten von Anfang an

Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) unterstützt ihre Mitgliedsbetriebe mit verschiedenen Angeboten. Wer sich erst einmal einen Überblick verschaffen will, startet zum Beispiel mit dem „BGW Orga-Check“ – einem Selbsttest, ob zentrale Anforderungen an den Arbeitsschutz erfüllt sind. Die Betriebe gewinnen damit zum einen mehr Rechtssicherheit und zum anderen erhalten sie konkrete Hinweise zu Handlungsbedarfen. Von der Handlungshilfe für die Gefährdungsbeurteilung bis hin zu Seminaren bietet die BGW ihre Unterstützung an. 

Für Kleinst- und Kleinunternehmen, die gerade erst gegründet wurden, gibt es zudem eine neue BGW-App, um ihnen den Start in das Thema Arbeitsschutz zu erleichtern. Unternehmensgründer*innen können sich damit ohne lange Recherche bei der Umsetzung auf das Wesentliche konzentrieren. Die App bietet beispielsweise interaktive Inhalte und praktische Unterstützung für die Durchführung von Arbeitsschutzunterweisungen. Mit einer 360-Grad-Ansicht von beispielhaften Arbeitsumgebungen erleichtert die App zudem die Identifikation von Sicherheitsrisiken. Die App gibt es derzeit für physiotherapeutische Praxen und Betriebe der ambulanten Pflege.

Den BGW Orga-Check sowie Informationen zur BGW-App und zu weiteren Angeboten der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege finden Sie auf: www.bgw-online.de


Der Artikel erschien zuerst in der September-Ausgabe 2024 unseres Verbandsmagazins anspiel. Das Heft befasste sich mit dem Themenschwerpunkt "Soziale Innovation".

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news-10962 Tue, 18 Mar 2025 06:47:00 +0100 Weiterbildungsförderung: Soziale Arbeit profitiert nur teilweise https://parisax.de/aktuelles/aktuelles-artikelansicht/news/weiterbildungsfoerderung-soziale-arbeit-profitiert-nur-teilweise/ Mit dem Förderprogramm „Berufliche Weiterbildung - individuell berufsbezogene Weiterbildung“ hat der Freistaat Sachsen einen wichtigen Schritt zur Unterstützung der persönlichen Weiterbildung getan. Damit die finanzielle Unterstützung von Weiterbildung auch Beschäftigten in der Sozialen Arbeit umfänglicher zugutekommt, muss aber nachgesteuert werden, kommentiert Karolin Amlung.

Mit dem Förderprogramm „Berufliche Weiterbildung - individuell berufsbezogene Weiterbildung“ hat der Freistaat Sachsen einen wichtigen Schritt zur Unterstützung der persönlichen Weiterbildung getan. Damit die finanzielle Unterstützung von Weiterbildung auch Beschäftigten in der Sozialen Arbeit umfänglicher zugutekommt, muss aber nachgesteuert werden, kommentiert Karolin Amlung.

Neben guten Löhnen und attraktiven Arbeitsbedingungen spielt die Weiterbildung bei der Fachkräftesicherung eine entscheidende Rolle. Immer neue Herausforderungen in einer sich wandelnden Gesellschaft verlangen nach kontinuierlichem Kompetenzzuwachs. Dabei sind Digitalisierung, interkulturelle Kompetenzen und modernes Führungshandeln nur einige der Lernfelder in Gegenwart und Zukunft. Auch fachspezifische Anforderungen und gesetzliche Vorgaben machen den regelmäßigen Besuch von Seminaren und Kursen nötig. 

Erfreulicherweise fördern viele Arbeitgeber die Weiterbildungswünsche ihrer Beschäftigten, etwa über Weiterbildungsbudgets und Freistellungen. Unterstützung kommt nun auch wieder vom Freistaat Sachsen: Über das seit Ende 2023 laufende Förderprogramm „Berufliche Weiterbildung - individuell berufsbezogene Weiterbildung“ können Weiterbildungswillige für ihr Vorhaben einen finanziellen Zuschuss beantragen. 

Eigenanteil für geförderte Weiterbildungen bleibt zu hoch 

Damit können jedoch nur Weiterbildungen gefördert werden, die mehr als 700 Euro kosten. Die Fördersumme liegt bei 50 Prozent. Für viele Arbeitgeber und Beschäftigte im sozialen Bereich entsteht so eine Finanzierungslücke, denn viele gemeinnützige Träger müssen noch immer mit einem Weiterbildungsbudget von jährlich 100 Euro pro Arbeitnehmer*in auskommen. Oftmals ist das ein Resultat der harten Kostensatzverhandlungen in den einzelnen Leistungsbereichen. Der Eigenanteil der Weiterbildungsförderung kann daher nur teilweise durch den Arbeitgeber gedeckt werden. Denn gerade gemeinnützigen Organisationen ist es nur eingeschränkt möglich, etwaige Rücklagen für derartige Verwendungen zu bilden. Die, die es also am dringendsten benötigen, können das Förderprogramm nicht oder nur eingeschränkt nutzen, bzw. müssen Teilkosten privat stemmen. Mit Blick auf die besondere Situation gemeinnütziger Akteure in der Sozialen Arbeit muss hier also nachgesteuert werden – hin zu einer noch gezielteren und individuelleren Weiterbildungsförderung. 

Förderung sollte dem veränderten Weiterbildungsverhalten gerecht werden 

Arbeitnehmer*innen bevorzugen – auch aus Zeitgründen – mittlerweile kürzere Weiterbildungen. Bildungsangebote, die nur einige Stunden umfassen, haben seit 2016 um elf Prozent zugenommen. Eintägige und mehrwöchige Aktivitäten sind dagegen um bis zu fünf Prozent gesunken. Diese Ergebnisse der im Frühjahr vorgestellten „Weiterbildungsstudie Sachsen“ unterstreichen: Bei der Weiterbildungsförderung – insbesondere bei den Mindestausgaben für die Weiterbildung – ist eine größere Flexibilität notwendig, damit künftig auch Weiterbildungen unter 700 Euro förderfähig sind. 

Weiterbildungsförderung jetzt gesetzlich verankern

Darüber hinaus muss der Freistaat die Kontinuität des Förderprogramms sicherstellen. Wenn Antragsstellungen nur für eine eingeschränkte Weiterbildungslaufzeit möglich sind oder die bereitgestellten Haushaltsmittel drohen, der Nachfrage nicht gerecht zu werden, verpufft jede gute Absicht. Der individuelle Weiterbildungszuschuss muss daher dringend im Weiterbildungsgesetz verankert werden. 


Kontakt:

Karolin Amlung (Referentin für Weiterbildung)

Telefon: 0351 - 828 71 431
E-Mail: karolin.amlung(at)parikom.de


Der Artikel erschien zuerst in der September-Ausgabe 2024 unseres Verbandsmagazins anspiel. Das Heft befasste sich mit dem Themenschwerpunkt "Soziale Innovation".

Hinweis: Die Weiterbildungsförderung ist aufgrund der aktuellen Haushaltslage derzeit nicht verfügbar.

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news-10961 Wed, 12 Mar 2025 06:35:00 +0100 Interview: Konstruktiv und auf Augenhöhe https://parisax.de/aktuelles/aktuelles-artikelansicht/news/interview-konstruktiv-und-auf-augenhoehe/ Welche Herausforderungen es bei Tarifverhandlungen gibt und inwieweit soziale Organisationen Vorteile aus einer Tarifbindung ziehen können, besprachen wir mit Anne Daburger Geschäftsführerin des Arbeitgeberverbandes PATT.

Welche Herausforderungen es bei Tarifverhandlungen gibt und inwieweit soziale Organisationen Vorteile aus einer Tarifbindung ziehen können, besprachen wir mit Anne Daburger Geschäftsführerin des Arbeitgeberverbandes PATT.

Frau Daburger, der Pflegebereich ist seit 2022 dazu verpflichtet, tariflich zu bezahlen. Warum sollten sich Organisationen anderer Tätigkeitsfelder ebenfalls einem Tarif anschließen?

Anne Daburger: Nach einer Zeit, in der die Tarifbindung bei Leistungsanbietern Sozialer Arbeit eher gering war, sehen wir nun wieder die verstärkte Tendenz, sich tariflich zu binden. Das liegt sicher an den benannten gesetzlichen Änderungen, aber vor allem an den Vorteilen, die es den Arbeitgebern hinsichtlich ihrer eigenen Attraktivität bringt. Sie können eine gute Bezahlung und weitere Rahmenbedingungen bieten, die sie in der Regel auch refinanziert bekommen. Die eigene Position bei Entgeltverhandlungen wird durch die Tarifbindung deutlich gestärkt. Das ist mit eigenen Arbeitsvertragsbedingungen, Haustarifverträgen oder einer bloßen Anlehnung an Tarifwerke so kaum zu erreichen. 

Mit Blick auf den PATT kommt hinzu, dass sie Teil einer starken und wachsenden Tarifgemeinschaft sind und die Rahmenbedingungen mitgestalten können. Für die Mitglieder der Paritätischen Landesverbände halten wir Angebote zu Personal- und Refinanzierungsthemen mit Kostenträgern vor. Zudem ist der PATT nicht nur ein Tarifwerk, sondern eine Gemeinschaft, die sich vernetzt und austauscht. Dafür bieten wir die Plattform in unterschiedlichen Veranstaltungsformaten. 

Der aktuelle Tarifabschluss des PATT beinhaltet eine Absenkung der Wochenarbeitszeit für Vollzeitbeschäftigte auf 38 Stunden. Ist dieser Schritt vor dem Hintergrund des Personalmangels angebracht?

Anne Daburger: Das ist eine berechtigte Frage, die auch in unseren Kommissionen sehr kontrovers diskutiert wurde. Ein Blick in die Praxis zeigt jedoch, dass bereits heute etwa 70 Prozent der Beschäftigten im sozialen Bereich in Teilzeit tätig sind. Deren Beschäftigungsumfang liegt unter 38 Stunden pro Woche. Für diese Gruppe ändert sich hinsichtlich der Wochenarbeitszeit also nichts. Die Attraktivität des Berufsfeldes hingegen steigt und monetär profitieren die Beschäftigten direkt von dieser Entwicklung. Der TVÖD und nahezu alle sozialen Verbände haben die Wochenarbeitszeit bereits abgesenkt. Uns war es daher wichtig, die Wettbewerbsfähigkeit unserer Arbeitgeber zu erhalten. Gleichzeitig werden wir aber auch einen Anreiz schaffen, der die Beschäftigung von 40 Stunden pro Woche attraktiv macht, wenn Arbeitgeber und Beschäftigte sich auf diese Arbeitszeit verständigen. So kann Personalknappheit weiter entgegengewirkt werden.

Welche Themen waren in den zurückliegenden Tarifverhandlungen besonders strittig und was ist für Sie beim vorliegenden Ergebnis besonders erfreulich? 

Anne Daburger: Es waren meine ersten Tarifverhandlungen in der Position als Geschäftsführerin des PATT. Ich war positiv überrascht, wie konstruktiv und auf Augenhöhe die Gespräche verliefen. Beide Seiten haben einander zugehört und versucht, die Positionen des Gegenübers zu verstehen. Dennoch hat es viele Verhandlungsrunden gebraucht, um eine gute Lösung zu finden, die für alle tragbar ist. Arbeitgeber und Beschäftigte profitieren gleichermaßen von dem Tarifabschluss. Und so sollte es aus meiner Sicht auch sein. Wir sind keine Gegner, wir sitzen im gleichen Boot und können gemeinsam viel bessere Ergebnisse erzielen. Neben den konkreten Inhalten des vorliegenden Tarifabschlusses werte ich diesen Umstand ebenfalls als Erfolg.

Rund 40 Mitgliedsorganisationen des Paritätischen Sachsen sind bereits Mitglied im PATT. Einige überlegen noch. Was sagen Sie jenen, die noch unentschlossen sind?

Anne Daburger: Als Geschäftsführerin könnte ich jetzt das Hohelied auf den PATT singen. Das würde mir auch nicht schwerfallen, da ich von unserem Leistungsangebot überzeugt bin. Wichtiger ist mir jedoch, generell für die Tarifbindung in sozialen Organisationen zu werben. Einige der Vorteile habe ich vorhin bereits umrissen. Gleichzeitig muss ein solcher Schritt wohlüberlegt sein, da der Beitritt zu einer Tarifgemeinschaft eine dauerhafte Bindung sein sollte, die bei der Einführung im Unternehmen gut umgesetzt werden muss.

Die Kernkompetenz des PATT liegt im Bereich der Sozialwirtschaft. Wir kennen die Herausforderungen, wenn es um die Umsetzung des Tarifwerkes in sozialen Organisationen geht, und können diese entsprechend begleiten. Dabei stehen Mitglieder nicht allein. Sie haben Zugriff auf das Wissen der Gemeinschaft. Deshalb sehe ich den Austausch der Mitglieder untereinander als wichtiges Plus. Das gilt gleichermaßen für die Mitwirkungsmöglichkeiten, da Mitglieder gleichberechtigt an den Entwicklungen teilhaben können. Wir unterstützen gern bei der Entscheidungsfindung und informieren unverbindlich in Kennenlerngesprächen und ihm Rahmen von Gesprächen mit ihren Aufsichtsgremien.

Herzlichen Dank für das Gespräch.


Zur Person: Anne Daburger ist seit Oktober 2023 Geschäftsführerin des Paritätischen Arbeitgeberverbandes PATT. Vorher war die Diplom-Wirtschaftsjuristin viele Jahre Prokuristin einer Bauträgergruppe und wechselte 2014 in den geschäftsführenden Vorstand des AWO Regionalverband Mitte-West-Thüringen e.V.

Sie möchten mehr über Fragen der Tarifbindung oder konkret zum Paritätischen Arbeitgeberverband PATT e.V. wissen? Alle Informationen und Kontaktdaten lesen Sie auf: www.arbeitgeberverband-patt.de


Das Interview erschien als längere Version zuerst in der September-Ausgabe 2024 unseres Verbandsmagazins anspiel. Das Heft befasste sich mit dem Themenschwerpunkt "Soziale Innovation".

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news-10974 Mon, 10 Mar 2025 13:42:27 +0100 Gastbeitrag: Das Bundesteilhabegesetz kann in Sachsen nur gemeinsam gelingen https://parisax.de/aktuelles/aktuelles-artikelansicht/news/gastbeitrag-das-bundesteilhabegesetz-kann-in-sachsen-nur-gemeinsam-gelingen/ In einem Gastbeitrag kommentiert Udo Witschas, Verbandsvorsitzender des Kommunalen Sozialverbands Sachsen (KSV) und Landrat des Landkreises Bautzen, gemeinsam mit KSV-Verbandsdirektorin Christin Wölk die aktuelle Entwicklung bei der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes in Sachsen. In einem Gastbeitrag kommentiert Udo Witschas, Verbandsvorsitzender des Kommunalen Sozialverbands Sachsen (KSV) und Landrat des Landkreises Bautzen, gemeinsam mit KSV-Verbandsdirektorin Christin Wölk die aktuelle Entwicklung bei der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes in Sachsen. 

Unsicherheiten wirken wie eine Bremse

Hauptakteur der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) in Sachsen ist die Kommission nach SGB IX, die sich gleichermaßen aus Leistungsträgern und Leistungserbringern zusammensetzt. Herzstück auf dem Weg zu neuen Ansätzen im SGB IX und Ausdruck gemeinsamer Schaffenskraft im Freistaat ist die unter dem Dach der Kommission konstituierte Arbeitsgruppe ‚Konzeptentwicklung und modellhafte Erprobung‘. Allerdings stagniert diese seit geraumer Zeit.

Es herrscht Stillstand, weil die Evaluation des in fünf Modelleinrichtungen erprobten – gemeinsamen – Konzepts (bestehend aus 4 Bausteinen und bis zu 7 Eingruppierungsstufen) nicht nur unüberwindbare inhaltliche sowie rechtliche Hürden offenbarte, sondern auch planungs- und steuerungsfeindliche Herausforderungen der Leistungsverwaltung aufdeckte. Ein überraschender, jedoch legitimer Umstand, der im Rahmen einer Evaluierung auftreten kann. Leider mit Folgen für die sächsische Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes.

Lassen diese inhaltlichen Hürden - gepaart mit fragilen finanziellen Rahmenbedingungen und Hiobsbotschaften von aufgekündigten Rahmenverträgen aus anderen Bundesländern - nun die sächsische Vision eines gemeinsamen Konzepts scheitern? Nein. Sachlich und differenziert hat die Kommission nach SGB IX die Erkenntnisse der Modellevaluation diskutiert und sich mit Beschlussfassung vom 22.08.2024 für eine Verlängerung des Arbeitsauftrags bis Ende 2026 ausgesprochen.

Die notwendig gewordene Verzögerung ist weder schön noch gewollt. Sie ist schlichtweg richtig, um der gesetzlichen übertragenen Aufgabe zur Schaffung, Strukturierung und Steuerung der höchstpersönlichen und individuellen Bedarfe von Menschen mit Beeinträchtigungen gerecht zu werden. Aus Sicht des Leistungsträgers machte die Evaluation des bisherigen Konzepts dies deutlich.

Transparenz schafft Vertrauen

Seither wird in der Arbeitsgruppe „Konzeptentwicklung und modellhafte Erprobung“ um einen Konsens über die Evaluierungserkenntnisse und daraus resultierende neue Ansätze gerungen. Wir finden: Im Rahmen einer Projektarbeit ist das ein völlig normaler Vorgang. 

Eine Modifikation bzw. Weiterentwicklung des gemeinsamen Arbeitsstandes erscheint dabei unter den aktuellen Gesichtspunkten alternativlos und eine erneute Erprobung folglich der einzige Weg, um einschränkende Annahmen, Vermutungen und Prognosen genauer zu ergründen, zu bestätigen oder zu widerlegen. Und das offen, aber nicht öffentlich, und sachlich, aber nicht politisch. Nur evidenzbasiert und im seriösen Diskurs kann das Konzept gemeinsam weiterentwickelt und Vertrauen in die gemeinsame Arbeit zurückgewonnen werden. 

Die Leistungserbringer lehnen aktuell zwar den weiterentwickelten Konzeptentwurf der Leistungsträger ab, sprechen sich aber dennoch für eine weitere Zusammenarbeit unter bestimmten Bedingungen in der Arbeitsgruppe aus.

Die Zukunft der Sächsischen Eingliederungshilfe geht uns alle an.

Inklusion bietet jedem Menschen umfassende und gleichberechtigte Beteiligung an der Gesellschaft. Sie bedeutet aber gleichzeitig auch umfassende und gleichberechtigte Verantwortungsübernahme für sich, für die anvertrauten Menschen und für die Gesellschaft.

Das BTHG ist kein isolierter Bestandteil der kommunalen Daseinsvorsorge, sondern vielmehr ein gleichwertiger Teil eines vernetzten Versorgungssystems, das Bildung, Medizin, Kultur, Wasser, Energie, Infrastruktur, Wirtschaft, Sozialem usw. umfasst. Es ist jedoch zweifelsohne etwas Besonderes und es kann erfolgreich in eben jenes Versorgungsgeflecht eingebracht werden. Hierfür bedarf es an erster Stelle einer gemeinsam getragenen Haltung mit gegenseitigem Verständnis und Respekt für bezogene Standpunkte.

Um wieder voranzukommen, braucht es also mehr als nur eine Chance-Risiko-Abwägung. Es bedarf einer grundlegenden Rückbesinnung auf die erklärte, gemeinsame Zielstellung und einen klaren Umsetzungswillen, der am Ende allen Belangen – in erster Linie aber denen der Menschen mit Beeinträchtigungen – gerecht werden kann.

Alle Beteiligte sollten sich wieder darauf konzentrieren, im Diskurs eine gemeinsame Basis zu finden, anstatt öffentlich zu streiten. Aus Streit entsteht selten etwas Gutes. 


Der Artikel gibt die Ansichten der Autor*innen wieder und deckt sich nicht zwangsläufig mit der inhaltlichen Position des Paritätischen Sachsen.

Der vorliegende Gastbeitrag bezieht sich auf den kürzlich veröffentlichten Kommentar „Das Bundesteilhabegesetz darf in Sachsen nicht scheitern“, der durch Anne Cellar, Referentin für Teilhabe des Paritätischen Sachsen, veröffentlicht wurde.


Informationen zum Kommunalen Sozialverband Sachsen lesen Sie unter www.ksv-sachsen.de

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news-10958 Fri, 07 Mar 2025 06:32:00 +0100 Wohngemeinnützigkeit: Eine Chance für soziale Einrichtungen? https://parisax.de/aktuelles/aktuelles-artikelansicht/news/wohngemeinnuetzigkeit-eine-chance-fuer-soziale-einrichtungen/ Die geplante Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit könnte sozialen Unternehmen in Sachsen helfen, indem sie die Umwidmung von Bestandsgebäuden in bezahlbaren Wohnraum fördert und soziale Strukturen stärkt. Carsten Tanneberger, Leiter der Regionalgeschäftsstelle Chemnitz, sieht in der gemeinnützigen Vermietung eine Chance, sofern rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen angepasst werden. Die geplante Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit könnte sozialen Unternehmen in Sachsen helfen, indem sie die Umwidmung von Bestandsgebäuden in bezahlbaren Wohnraum fördert und soziale Strukturen stärkt. Carsten Tanneberger, Leiter der Regionalgeschäftsstelle Chemnitz, sieht in der gemeinnützigen Vermietung eine Chance, sofern rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen angepasst werden.

Die gesellschaftlichen sowie haushaltspolitischen Gegebenheiten stellen soziale Unternehmen vor neue Herausforderungen. Zudem bergen steigende Kosten, sich verändernde Bedarfe und der Fachkräftemangel immer mehr wirtschaftliche Risiken. Pflegeangebote sind schon heute angesichts von Personalvakanzen und Auslastungsproblemen von Schließungen bedroht. In der Regel handelt es sich hierbei jedoch um moderne Einrichtungen, die durch ihre Ausstattung und Struktur Ressourcen für den allgemeinen Wohnungsmarkt mitbringen. Mit Blick auf die neue Wohngemeinnützigkeit stellt sich demnach die Frage, inwieweit die Umwidmung von Bestandsgebäuden Chancen eröffnet, um neue Tätigkeitsfelder zu erschließen und die Bestandsgebäude einer anderweitigen Nutzung zuzuführen.

Gesetzliche Rahmenbedingungen der Wohngemeinnützigkeit

Laut eines Kabinettsbeschlusses vom Juni 2024 soll die „Förderung wohngemeinnütziger Zwecke“ im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2024 als neuer gemeinnütziger Zweck in die Abgabenordnung (§ 52 AO) aufgenommen werden. Stimmt der Bundestag zu, wäre das eine zentrale Voraussetzung, um die Vermietung an bestimmte Personengruppen als gemeinnützig anzuerkennen und sie von der bereits bestehenden steuerbegünstigen Wohnraumüberlassung für Pflege- und Betreuungseinrichtungen zu entkoppeln. 

Die Aufnahme in die Abgabenordnung böte die notwendige Rechtssicherheit, um Satzungen zu erweitern bzw. zu ergänzen. Es ist vorgesehen, dass Neu- und Bestandsbauten bei dauerhafter gemeinwohlorientierter Nutzung bezuschusst werden können und die Träger Steuererleichterungen erhalten. Alle gemeinnützigen Körperschaften kommen in Betracht.

So sind zum Beispiel Stiftungen, Genossenschaften, Vereine, gGmbHs, aber auch die bisher eher weniger bekannte gemeinnützige AG, die durch die Ausgabe von Sozial-Aktien ein Fundraising-Potenzial bietet, Rechtsformen, die hierfür in Frage kommen. Auch eine Bewirtschaftung durch Abspaltung, Übertragung, Kooperation (§57 Abs. 3 AO) oder Neugründung eines gemeinnützigen Trägers ist denkbar. Wichtig ist, dass die Angebotsmiete dauerhaft unter der marktüblichen Miete liegen muss.

Potenziale für bezahlbaren Wohnraum

Die geförderte Wohngemeinnützigkeit soll insbesondere Personen zugutekommen, deren Einkommen nicht mehr als das Fünffache, bei Alleinstehenden und Alleinerziehenden das Sechsfache der Sozialhilfe nach SGB XII beträgt. Die Einkommensgrenze wird zu Beginn des Mietverhältnisses geprüft, spätere Einkommenssteigerungen der Mietenden sind für die Gemeinnützigkeit unschädlich. Soziale Unternehmen können sich somit in der sozialen Vermietung engagieren und entsprechende Angebote schaffen.

Eine Rolle spielt das vor allem in Regionen, in denen bezahlbarer Wohnraum knapp ist und den beschriebenen Personengruppen der Zugang dazu erschwert wird. Beispielsweise könnte ein Pflegeheim, das aufgrund des Fachkräftemangels und sinkender Nachfrage kurz vor der Schließung steht, durch die Umwidmung in sozial geförderten Wohnraum nicht nur als Einrichtung erhalten bleiben, sondern auch dringend benötigten Wohnraum für Menschen mit geringem Einkommen bieten.

Oft sind Pflegeheime zudem barrierefrei gebaut und können so auch weiteren Personengruppen auf dem Wohnungsmarkt gerecht werden. Aber nicht nur für Pflegeeinrichtungen ist die Wohngemeinnützigkeit relevant. Es kommen beispielsweise auch Jugendliche aus der stationären Jugendhilfe in Betracht, die nach dem Verlassen der stationären Betreuung oft keinen geeigneten Wohnraum finden. Durch die Umwidmung von Gebäuden in sozial geförderten Wohnraum könnte den jungen Erwachsenen geholfen werden.

Herausforderungen und notwendige Entscheidungen in der Praxis

In der Praxis sind allerdings noch einige Hürden zu nehmen und Fragen offen. Denn oft stehen Zweckbindungsfristen und andere Auflagen einer Umnutzung entgegen. Aber auch der Aufwand für notwendige Umbauten, Modernisierungen oder gar einen Neubau ist zu kalkulieren und letztlich in einem Gesamtkonzept zu betrachten.

Kritik an der Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit kommt von gewerblichen Wohnungsunternehmen, die befürchten, dass eine Vermietung unter Marktpreis zur Konzentration finanziell benachteiligter Menschen in einem Wohngebiet führt sowie Investitionen in Instandhaltung und Modernisierung verhindert. Ein diffuses Argument scheint hierbei die Annahme, dass etwaige Überschüsse gemeinnütziger Unternehmen in Verwaltung und hohe Vergütungen für das Personal fließen, nicht aber in die Angebotsstruktur.

Dieser Kritik ist entgegenzuhalten, dass durch Gewinnstreben und Börsengänge gerade in den Ballungszentren die Wohnsituation nicht nur für wirtschaftlich schwächere Menschen deutlich schlechter wird, sondern auch die Qualität von günstigeren Wohnbeständen leidet. Das zeigt sich am zivilgesellschaftlichen Unmut, der immer wieder hochkocht, wenn es um das Thema Wohnen geht. Die große Chance besteht nun gerade darin, dass gemeinwohlorientierte Vermietung in unterschiedliche Wohnquartiere eingestreut werden kann und ein durchmischter Sozialraum den sozialen Zusammenhalt stärkt.

Rahmenbedingungen jetzt gestalten

Sollte die Politik die notwendigen rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen schaffen, könnten die neuen Voraussetzungen für die Sicherung von Bestandsgebäuden interessant sein.* Dies betrifft Gebäude, die bisher schon zu Wohn- oder wohnähnlichen Zwecken genutzt wurden, und könnte insgesamt mehr Engagement für bezahlbaren Wohnraum fördern. Zuvor muss jedoch vor allem die Frage zum flexiblen Umgang mit bestehenden Zweckbindungen geklärt werden. Dafür wird sich der Paritätische Sachsen auch auf regionaler Ebene einsetzen und den Austausch mit Mitgliedsorganisationen, Netzwerkpartnern und der Politik intensivieren.

* Hinweis: Der Deutsche Bundestag hat die Wohngemeinnützigkeit beschlossen und die Umsetzung in der Abgabenordnung ist seit 01. Januar 2025 in Kraft. Dies war zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung des Kommentars (11.2024) noch offen.


Kontakt:

Carsten Tanneberger (Leitung Regionalgeschäftsstelle Chemnitz)

Telefon: 0371 - 232 991
E-Mail: carsten.tanneberger(at)parisax.de


Der Artikel erschien zuerst in der September-Ausgabe 2024 unseres Verbandsmagazins anspiel. Das Heft befasste sich mit dem Themenschwerpunkt "Soziale Innovation".

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news-10957 Wed, 05 Mar 2025 18:18:00 +0100 Soziale Innovation und Freie Wohlfahrtspflege https://parisax.de/aktuelles/aktuelles-artikelansicht/news/soziale-innovation-und-freie-wohlfahrtspflege/ Die Angebote der Freien Wohlfahrtspflege decken einen großen Teil sozialer Daseinsvorsorge im Freistaat Sachsen ab. Die Angebotsvielfalt reicht dabei von der großen Pflegeeinrichtung bis hin zum kleinen ehrenamtlich getragenen Projekt. Innovationskraft ist dabei ein ständiger Begleiter. Die Angebote der Freien Wohlfahrtspflege decken einen großen Teil sozialer Daseinsvorsorge im Freistaat Sachsen ab. Die Angebotsvielfalt reicht dabei von der großen Pflegeeinrichtung bis hin zum kleinen ehrenamtlich getragenen Projekt. Innovationskraft ist dabei ein ständiger Begleiter.

Seit ihrer Entstehung hat die Freie Wohlfahrtspflege auf gesellschaftliche Entwicklungen und Problemlagen reagiert. Genauer gesagt sind es soziale Herausforderungen, derer sich Akteur*innen der freien Wohlfahrt beständig annehmen und dafür stets auch neue Ideen entwickeln. Getragen wird dies vom zivilgesellschaftlichen Engagement Einzelner, denen es bestenfalls gelingt, weitere Menschen zum Handeln zu ermutigen. Dabei entstanden immer wieder neue Strukturen und es wurden Ansätze entwickelt, um Hilfe für Menschen in verschiedensten Lebenslagen zu leisten. Ging es früher primär um die Linderung spezieller Notlagen, steht nun eher die Hilfe zur Selbsthilfe im Mittelpunkt.

Das heutige Angebotsspektrum der Träger und Verbände Freier Wohlfahrtspflege ist also das Ergebnis zahlreicher kleiner und großer Innovationen, die aus der praktischen Arbeit heraus erwuchsen. Beispiele für diese Innovationsleistungen sind unter anderem Mehrgenerationenhäuser als neue soziale Orte, die Hospizarbeit in ihrer heutigen Form oder die ambulante Pflege.

Die ambulante Pflege: Eine soziale Innovation der Freien Wohlfahrtspflege

Die 1960er und 1970er Jahre markieren den Beginn umfassender Bemühungen, als Antwort auf die damaligen gesellschaftlichen Veränderungen eine Pflege außerhalb stationärer Einrichtungen zu entwickeln. Mit dem einsetzenden demografischen Wandel und der Veränderung klassischer Familienstrukturen stieg damals der Bedarf an pflegerischen Leistungen. Hinzu kam der Rückgang kirchlich initiierter Angebote. Diese Entwicklungen machten die Notwendigkeit an professioneller ambulanter Pflege deutlich. Um die breitflächige Versorgung kranker und pflegebedürftiger Menschen sicherzustellen, wurden die Angebote ab den 1970er Jahren professionalisiert und der Aufbau entsprechender Leistungserbringer wurde staatlich gefördert.

Die Freie Wohlfahrtspflege spielte in diesem Prozess eine entscheidende Rolle. Deren Wohlfahrtsverbände konnten auf viele Jahre Erfahrung in der Gemeindepflege zurückblicken und ihre Expertise einbringen. Sie verfügten über den Zugang zu den Zielgruppen sowie Kenntnisse in der praktischen Umsetzung pflegerischer Leistungen. Bereits bestehende Netzwerke und Strukturen in den Gemeinden bildeten zudem die organisatorische Grundlage, um diese ambulanten Angebote auszubauen. Die Freie Wohlfahrtspflege war aus sich selbst heraus in der Lage, auf die neuen Herausforderungen mit neuen Lösungen zu reagieren.

Bis 1995 wurde die ambulante Pflege hauptsächlich im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht. Aufgrund der weiteren Verschärfung der demografischen Entwicklung wurde 1995 die soziale Pflegeversicherung eingeführt, was zu einem starken Anstieg der Zahl ambulanter Pflegedienste in privater Trägerschaft führte. Insgesamt hat sich diese Struktur dann zu einem bedeutenden Leistungserbringer im deutschen Gesundheitssystem entwickelt, sowohl im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung als auch in der sozialen Pflegeversicherung.

Veränderung erfordert Innovationskompetenz

Soziale Innovationen in der Freien Wohlfahrtspflege sind also ein kontinuierlicher und grundlegend notwendiger Prozess, um gesellschaftlichen Veränderungen und sich wandelnden Lebensbedingungen gerecht zu werden. Derzeit findet ein besonders rasanter Wandel in vielen Lebens- und Arbeitsbereichen gleichzeitig statt. Die Träger Sozialer Arbeit stehen vor großen Transformationsaufgaben. Demografischer Wandel, Digitalisierung und sich verändernde soziale Strukturen bedürfen entsprechender Anpassungsleistung. Weltweite Krisen bringen neue Zielgruppen mit sich und generieren immer neue Bedarfe.

Aus der langjährigen Erfahrung in der praktischen Sozialen Arbeit und der Nähe zu den jeweiligen Zielgruppen sind Kenntnisse über Bedarfslagen gewachsen, aus denen Impulse für soziale Innovationen gesetzt werden können.

Bandbreite an Ansätzen und Erfahrung stärkt Innovationskraft

Dass die Freie Wohlfahrtspflege soziale Innovation kann, ist keine Frage. Betrachtet man allein die zurückliegenden Jahrzehnte, lassen sich unzählige Beispiele dafür finden. Bereits ein Blick auf die Mitgliedsorganisationen unter dem Dach des Paritätischen Sachsen verdeutlicht, wie breit die Ansätze und Ideen zum Umgang mit verschiedenen Lebenslagen sein können. Entscheidend ist hierbei, dass die Motivation in der Regel von Betroffenen, ihnen nahestehenden Personen oder von Fachkräften Sozialer Arbeit ausgeht und sich damit immer eng an den Bedarfen orientiert. Dieses Wissen um die konkreten Bedarfe gepaart mit der Professionalität von Fachkräften bietet den Nährboden für Ansätze und Strukturen, die den Menschen in den Mittelpunkt stellen. Inwieweit soziale Innovation dann jedoch gelingt, hängt von den Antworten auf verschiedene Fragen ab. Zum Beispiel: In welchem Umfang lassen sich Angebote ehrenamtlich umsetzen? Welcher Grad der Professionalisierung ist notwendig? Wie lassen sich Strukturen finanzieren? Welche Erfahrungen gibt es bereits und wer sind mögliche Partner?

Soziale Innovation braucht nachhaltige Förderung

An Ideen und Fähigkeiten mangelt es der Freien Wohlfahrtspflege und engagierten Bürger*innen nicht, wenn es um die Gestaltung gesellschaftlichen Miteinanders und die Förderung von Teilhabe geht. Das Potenzial ist da. Was sich die Gesellschaft jedoch fragen muss: Wie wollen wir mit Spannungsfeldern unserer Gemeinschaft umgehen und wieviel ist uns das wert?

Nicht zuletzt mit dem Projekt SINN – Zukunftsplattform für soziale Innovation hat der Freistaat Sachsen einen wichtigen Schritt getan, um noch ungenutzte Potenziale zu heben. Es bleibt zu hoffen, dass dieser Ansatz nachhaltig wirken kann und das Projekt auch über den bis jetzt geplanten Zeitraum gefördert wird.

Der Paritätische Sachsen versteht es generell als seinen Auftrag, die soziale Innovation zu unterstützen und hält verschiedene Angebote vor, die eine innovationsfreundliche Organisationskultur stärken. Dazu gehören beispielsweise Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebote, Fachberatung sowie die Vernetzung lokaler und regionaler Akteure.

Die Freie Wohlfahrtspflege ist essenziell für die Entwicklung, Umsetzung und Förderung sozialer Innovationen. Durch ihre Netzwerke, ihren Zugang zu den Zielgruppen Sozialer Arbeit, ihre Erfahrung und Expertise können Träger und Spitzenverbände neue Ansätze und Lösungen entwickeln, die nachhaltig positive Veränderungen bewirken.


Sie verstehen sich als sozial Innovativ, haben Ideen, die Sie umsetzen möchten und suchen den Austausch mit anderen Akteur*innen? Nutzen Sie die Angebote des Projektes SINN - Zukunftsplattform für soziale Innovation. Alle Informationen, Angebote und Kontaktdaten finden Sie auf der Projektwebseite: www.sinn-sachsen.de


Der Artikel erschien zuerst in der September-Ausgabe 2024 unseres Verbandsmagazins anspiel. Das Heft befasste sich mit dem Themenschwerpunkt "Soziale Innovation".

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news-10936 Thu, 27 Feb 2025 14:25:18 +0100 Sächsischer Bildungsplan: Einblicke in die Auftaktveranstaltung zur Fortschreibung https://parisax.de/aktuelles/aktuelles-artikelansicht/news/saechsischer-bildungsplan-einblicke-in-die-auftaktveranstaltung-zur-fortschreibung/ Der Sächsische Bildungsplan soll fortgeschrieben werden. Nach einer Online-Beteiligung werden nun Personen aus der Praxis an dem Fortschreibungsprozess beteiligt. Nicole Börner, Referentin für Bildung des Paritätischen Sachsen, kommentiert die Auftaktveranstaltung. Der Sächsische Bildungsplan soll fortgeschrieben werden. Nach einer Online-Beteiligung werden nun Personen aus der Praxis an dem Fortschreibungsprozess beteiligt. Nicole Börner, Referentin für Bildung des Paritätischen Sachsen, kommentiert die Auftaktveranstaltung.

Seit über 18 Jahren bildet der aktuelle Sächsische Bildungsplan die Grundlage für die tägliche Arbeit der pädagogischen Fachkräfte in den sächsischen Kitas. Eben jene Fachkräfte haben den Bildungsplan mit Leben gefüllt, sich weitergebildet und sicher auch Methoden aus früheren Tagen über Bord werfen müssen. All das geschieht, damit sich Kinder in den sächsischen Kitas individuell gut entwickeln können.

Nun steht also eine Fortschreibung des Sächsischen Bildungsplans an. Wobei unklar ist, ob es sich dabei um eine Weiterentwicklung handelt oder das Thema komplett neu angegangen wird. Zugegeben, nach fast zwei Jahrzehnten ist ein prüfender Blick auf das bestehende Werk sicher kein Fehler. Anhand von Evaluationsergebnissen ließe sich gut feststellen, wo nachjustiert werden muss und was sich bewährt hat. Die Praxis nimmt den Bildungsplan als wertvolle Hilfestellung wahr, die einen Rahmen setzt und dennoch Raum für verschiedene Konzepte und pädagogische Ansätze lässt. Wichtig ist den allermeisten der stets positive Blick auf die Stärken der Kinder. Diese Ressourcen zu sehen und Kinder auf ihren individuellen Entwicklungswegen zu begleiten, ist die pädagogische Haltung, die sich über die Jahre nach und nach in der Kita-Praxis gefestigt hat.

Auftaktveranstaltung mit Akteur*innen der Praxis

Die nun begonnene Fortschreibung des Bildungsplans soll durch eine breite Beteiligung unterstützt werden. Neben einem Fachbeirat und einem Online-Beteiligungsverfahren lud das Sächsische Staatsministerium für Kultus (SMK) gemeinsam mit den beauftragten Forschungseinrichtungen Zentrum für Forschung, Weiterbildung und Beratung an der ehs Dresden gGmbH (ZFWB) und der Hochschule Zittau-Görlitz am 14. Februar 2025 nun zur Arbeit in Facharbeitsgruppen zur Evaluation und Fortschreibung ein. Unter den etwa 80 ausgewählten Personen aus Verbänden, Ämtern und der Fachpraxis waren auch der Paritätische Sachsen und vier seiner Mitgliedsorganisationen sowie weitere Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege vertreten.

Irritationen der Fachöffentlichkeit

Doch das Verfahren stand unter einem ungünstigen Stern. Denn anstatt frühzeitig mit den besagten Akteur*innen ins Gespräch zu gehen, kursierten in den zurückliegenden Wochen unklare oder gar widersprüchliche Informationen aus Verwaltung und Politik. Diese öffneten Raum für Interpretationen und sorgten somit auch für Irritationen. Beispielsweise blieb eine im Auftrag des SMK erstellte Expertise mit dem Titel „Meilensteine der kindlichen Entwicklung“ unveröffentlicht. Könnte sie nicht wichtige Erkenntnisse bieten, die im Fortschreibungsprozess des Bildungsplans von Interesse wären? Oder verbirgt sich dahinter ein anderes Ansinnen? Hört man vor diesem Hintergrund den neuen Kultusminister Conrad Clemens von „verbindlichen Standards“ sprechen oder dass es klar sein müsse, „was die Kinder alles können müssen, wenn sie in die erste Klasse kommen“, wirft das mit Blick auf den Bildungsplan schon einige Fragen auf. Zudem steht ein verpflichtendes Vorschuljahr im Raum. Soll es in der Kita künftig nur noch darum gehen, die Kinder nach bestimmten Vorgaben für die Grundschule zu konfektionieren?

Organisator*innen treten Befürchtungen aus der Praxis entgegen

Gleich zu Beginn der Veranstaltung waren die Organisator*innen sichtlich darum bemüht, den Befürchtungen der Fachöffentlichkeit entgegenzutreten. So liege es dem Kultusministerium fern, ein 0. Schuljahr einzuführen. Hinsichtlich einer geplanten Fertigstellung des Bildungsplans bis zum Jahresende wurde klar gesagt, dass ein angemessenes Zeitfenster für die Umsetzung selbstverständlich mit eingeplant sei. Zudem wurde betont, dass man an den Hinweisen der Fachöffentlichkeit sehr interessiert sei, weshalb das Beteiligungsverfahren auch mehrere Schritte enthalte. Die Frage nach Standards in der frühkindlichen Bildung wurde indirekt angesprochen und unterstrichen, dass damit kein Ziehen, Zerren oder Zurechtbiegen von Kindern gemeint sei. Professionelle Erziehung und Bildung müsse dennoch zielgerichtet sein und entsprechende Möglichkeitsräume für Kinder schaffen. Dabei wurde sehr ausführlich auf den Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsauftrag in Ableitung aus dem SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe) eingegangen.

Diese klarstellende Einführung in den Veranstaltungstag wäre unnötig gewesen, wenn schon im Vorfeld des formalen Fortschreibungsprozesses mehr Transparenz gegenüber und wertschätzender Dialog mit der Fachpraxis erfolgt wäre. Dies hätte einige Skepsis abmildern können und den nun Handelnden sicherlich einen Vertrauensvorschuss gegeben.

Facharbeitsgruppen nehmen die Arbeit auf – Praxisworkshops geplant

In der Auftaktveranstaltung startete dann auch die erste Arbeitsphase. Hierfür gibt es fünf Facharbeitsgruppen: Bildungsverständnis, Ausbildung/Qualifikation, Übergang Elementar-/Primarbereich/Hort, Kita-Qualität/Organisationsentwicklung und Elternmitwirkung/Sozialraum. Darüber hinaus soll es Praxisworkshops direkt mit Praktiker*innen geben.

Während die Teilnehmenden der Facharbeitsgruppen recht frei, teils auf Vorschlag des Fachbeirats hin, ausgewählt wurden, werden die Teilnehmenden der Praxisworkshops mittels Losverfahren anhand einer festgelegten Stichprobensystematik ermittelt. So wird beispielsweise die ausgewogene Beteiligung von kleinen und großen Kitas aus städtisch und ländlich geprägten Räumen abgesichert. Der gesamte Entwicklungsprozess ist nach der Methode der Aktionsforschung gestaltet und bindet zirkulär Erkenntnisse aller Beteiligungsformate immer wieder mit ein.

Die Fortschreibung gemeinsam gestalten

Das Kommunikationsmosaik nun beiseitezulegen und einen transparenten, ehrlichen Prozess auf Augenhöhe mit allen relevanten Akteur*innen im frühkindlichen Bereich zu gestalten, liegt nun vorerst bei den Prozessverantwortlichen der EHS und der Hochschule Zittau-Görlitz. Der Start ist ihnen jedenfalls gelungen, auch wenn einige Irritationen bestehen blieben. Unklar ist etwa weiterhin, ob es sich um eine Überarbeitung oder Neukonzeption des Sächsischen Bildungsplans handelt. Auch das Thema Standards scheint nicht vollkommen ausgeräumt. So wurde der Begriff der Pädagogischen Diagnostik sehr prominent gesetzt, der auch mit der Feststellung von Defiziten verknüpft sein könnte. Aber so ist es eben, wenn sich Dinge neu entwickeln, nicht alles ist am Anfang schon ganz klar.

Für uns als Verband wird es im weiteren Prozessverlauf wichtig sein, dass die Erfahrungen der Praxis mit dem aktuellen Bildungsplan in die Fortschreibung einfließen. Das breite Erfahrungswissen der Praxis ist nicht zuletzt für die Umsetzbarkeit eines neuen Bildungsplans unabdingbar. Der Paritätische Sachsen steht hierfür als Partner weiterhin zur Verfügung.

Stimmen aus der Praxis

Neben dem Paritätischen selbst erlebten vier Mitgliedsorganisationen diesen ersten Facharbeitsgruppentag. Melanie Walther, Fachberaterin für Kindertagesstätten bei der Volkssolidarität Vogtland e. V., schildert ihren Eindruck wie folgt: „Mein Eindruck zur Veranstaltung war insgesamt positiv, denn ich hatte das Gefühl, dass die Bedenken der Praxis im Vorfeld wahrgenommen wurden und so im Rahmen des ersten Treffens vorwiegend Aufklärungsarbeit betrieben wurde. Die größten Herausforderungen innerhalb der Arbeitsgruppe Ausbildung und Qualifikation wird es geben, flächendeckend in allen Fachschulen die neuen überarbeiteten Inhalte des Bildungsplans zeitnah ab Veröffentlichung in den entsprechenden Lernfeldern zu initiieren und zu thematisieren. Die sehr kurze Zeitschiene könnte dies erschweren, denn auch die Fachschullehrer*innen bedürfen einer Fortbildung über die neuen Inhalte. Wünschenswert für den weiteren Prozess ist ein transparentes Arbeiten der Wissenschaftler, um zu erkennen, welche Rückschlüsse bzw. Ideen sie aus den jeweiligen Arbeitsgruppen/Plenartreffen ziehen und welche konkreten Ideen für die Fortschreibung des Bildungsplans sich daraus ergeben.“

Andreas Blume, Geschäftsleitung des Kinderschutzbundes, Ortsverband Dresden e. V., sagt zur Auftaktveranstaltung: „Ich begrüße den breit angelegten Beteiligungsprozess, der enge Zeitplan wird jedoch alle Beteiligten vor Herausforderungen stellen. In der Facharbeitsgruppe Organisationsentwicklung/Kita-Qualität wird die zentrale Aufgabe sein, eine Einigung bzgl. der Anforderungen an notwendige Rahmenbedingungen zu formulieren, auf diese jedoch keinen unmittelbaren Einfluss nehmen zu können. Von den beiden wissenschaftlichen Instituten wünsche ich mir die klare Benennung notwendiger Rahmenbedingungen für eine theoretisch fundierte Arbeit in Kindertageseinrichtungen.“

Bereits vor der Auftaktveranstaltung fasste die Liga der freien Wohlfahrt die wichtigen Punkte für den Prozess einer Fortschreibung des Sächsischen Bildungsplans in einem Positionspapier zusammen. Das Positionspapier lesen Sie auf der Liga-Webseite: www.liga-sachsen.de


Kontakt:

Nicole Börner (Referat Bildung, Schwerpunkt Kita und Hort)
Tel.: 0351 - 828 71 141
E-Mail: nicole.boerner(at)parisax.de

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news-10920 Wed, 19 Feb 2025 08:18:38 +0100 2. Quartal 2025: Neue Seminarthemen und ein Wandel https://parisax.de/aktuelles/aktuelles-artikelansicht/news/2-quartal-2025-neue-seminarthemen-und-ein-wandel/ Professionelles Onboarding, Gewaltschutz, Schulbegleitung, kultursensible Ernährung – die Seminarthemen des Paritätischen Sachsen von April bis Juni sind vielfältig. Und sie bekommen ein „neues Zuhause“. Professionelles Onboarding, Gewaltschutz, Schulbegleitung, kultursensible Ernährung – die Seminarthemen des Paritätischen Sachsen von April bis Juni sind vielfältig. Und sie bekommen ein „neues Zuhause“. 

Wer gute Leute will, muss professionell vorgehen – von der Auswahl bis zum Abschied. Zwei neu konzipierte Seminare bieten Personalverantwortlichen praxisnahe Strategien: eines für gelungene On- und Offboarding-Prozesse, eines für erfolgreiche Personalauswahlgespräche

In mehrteiligen Kursen Wissen aufbauen

Manche Themen brauchen mehr Zeit. Im zweiten Quartal 2025 starten daher mehrteilige Kurse für eine intensive Auseinandersetzung: 

Verantwortlich mit Schutzbedürftigen umgehen

Die Paritätische Weiterbildung greift zudem Anforderungen an Organisationen und Fachkräfte auf. Seminare zu Gewaltschutzkonzepten in Pflegeeinrichtungen und Kindertageseinrichtungen helfen, Strukturen zu schaffen und handlungssicher zu werden. Im 2. Quartal 2025 finden außerdem Seminare zur Aufsichtspflicht in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe und zur Beziehungsgestaltung in der Schulbegleitung statt. Wer im Migrationsbereich tätig ist, findet praxisnahe Weiterbildungen zu Asylrecht und Aufenthaltsverfestigung.

Ausgewogene Ernährung sicherstellen

Auch Ernährung ist ein zentrales Thema in sozialen Einrichtungen. Essen beeinflusst Wohlbefinden und Gesundheit – ob in der Kita, im Pflegeheim oder in der Jugendhilfe. Der Weiterbildungskalender greift das mit bewährten und neuen Angeboten auf:

Ab Frühjahr 2025: Paritätische Akademie Sachsen 

Mit den neu eingeführten Rubriken „Gesundheit und Selbstfürsorge“ sowie „Digitalisierung und Transformation“ erleichtert die Paritätische Weiterbildung die gezielte Suche nach Seminaren in wichtiger werdenden Themenfeldern. Im 2. Quartal 2025 steht zudem eine weitere Neuerung bevor: Die Paritätische Weiterbildung wird zur Paritätischen Akademie Sachsen. Informationen über den konkreten Starttermin folgen in Kürze.


Informieren Sie sich im Weiterbildungsprogramm 2025 des Paritätischen Sachsen über diese und weitere Seminarthemen. Weitere Termine und Themen kommen fortlaufend hinzu. 

Sie haben Fragen oder Anregungen? Kontaktieren Sie das Team Weiterbildung unter Tel.: 0351 - 828 71 431 oder schreiben Sie an weiterbildung(at)parisax.de.

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news-10875 Mon, 10 Feb 2025 06:14:00 +0100 Interview: „Prävention zahlt sich mehr als doppelt aus“ https://parisax.de/aktuelles/aktuelles-artikelansicht/news/interview-praevention-zahlt-sich-mehr-als-doppelt-aus/ Organisationen sind ständig gefragt, sich aktuellen Entwicklungen anzupassen. Eine Herausforderung ist dabei die Gesunderhaltung der Beschäftigten. Wir sprachen mit Marlene Büchner, Referentin Organisationsberatung für Sicherheit und Gesundheit der Berufsgenossenschaft für Gesundheitswesen und Wohlfahrtspflege (BGW), worauf hier zu achten ist. Organisationen sind ständig gefragt, sich aktuellen Entwicklungen anzupassen. Eine Herausforderung ist dabei die Gesunderhaltung der Beschäftigten. Wir sprachen mit Marlene Büchner, Referentin Organisationsberatung für Sicherheit und Gesundheit der Berufsgenossenschaft für Gesundheitswesen und Wohlfahrtspflege (BGW), worauf hier zu achten ist.

Frau Büchner, die Arbeitsbelastung in den Berufen der Sozialen Arbeit und Bildung ist hoch. Wie kann Organisationsentwicklung zur Gesunderhaltung der Beschäftigten beitragen?

Marlene Büchner: Es ist in der Regel sehr wirksam, sich bestimmte Prozesse sowie Bedingungen anzuschauen, um die Bedarfe der Mitarbeitenden besser identifizieren zu können. Manchmal werden Zusammenhänge sichtbar, die bisher im Dunklen lagen. Transparentes Vorgehen und eine gute Kommunikationskultur sind dabei unabdingbar und sehr hilfreich. Häufig können einrichtungsintern Prozesse angepasst werden, die sich positiv auf die Mitarbeitendengesundheit und –zufriedenheit auswirken. Sogenannte “quick-wins” motivieren dabei sehr und sind eigentlich immer möglich.  

Führungskräfte kommt beim Thema gesundes Arbeiten eine besondere Verantwortung zu. Wo sehen Sie hier die größten Herausforderungen?

Marlene Büchner: Eine große Herausforderung ist, dass auch Führungskräfte in den Prozessen mitgedacht werden sollten bzw. müssen. Mir begegnen sehr häufig Führungskräfte mit einer enormen Verausgabungsbereitschaft, die ihre eigenen Bedarfe in den Hintergrund stellen und sich bei der Ableitung der Maßnahmen selbst vergessen. Teilweise fühlen sie sich aber eben mit dieser angesprochenen besonderen Verantwortung allein gelassen. Genau dabei können wir durch unsere Expertise unterstützen und Orientierung geben. Der Führungskraft sollten die Gesundheit und Zufriedenheit der Mitarbeitenden ein wirkliches Anliegen sein. Es wird häufig unterschätzt, wie sehr die Haltung der Führungskraft in die Teams strahlt.  

Gerade bei kleinen Trägern Sozialer Arbeit fehlen oft die Ressourcen, um sich vertieft mit Organisationsentwicklung und Gesundheitsförderung zu befassen. Inwieweit kann die BGW hier helfen?

Marlene Büchner: Generell unterstützen erfahrene Beraterinnen und Berater bei allen Phasen der Organisationsentwicklung wie der Zielfindung, der Analyse, der Maßnahmenableitung sowie der Erfolgskontrolle. Die Erstberatung ist für unsere Mitgliedsbetriebe kostenfrei. Bei diesem Termin, der in der Regel vor Ort stattfindet, werden die individuellen Bedarfe ermittelt und ein möglicher Weg zur Erreichung der Ziele wird skizziert. Aktuelle Themen sind momentan die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen oder auch im Allgemeinen die Beratung zum Umgang mit Gewalt und Aggressionen. Ein weiteres Angebot sind unsere kostenfreien Strategietage wie beispielsweise der Strategietag “Lernen aus Krisen”. Zusätzlich gibt es viele kostenfreie Informations- und Schulungsmaterialien, die auf unserer Webseite heruntergeladen werden können. 

Ein Aspekt sollte ebenfalls Berücksichtigung finden: Der “Return on Prevention” (RoP). Eine Studie der Internationalen Vereinigung für Soziale Sicherheit, der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung und der Berufsgenossenschaft Energie, Textil, Elektro, Medienerzeugnisse, an der sich etwa 300 Unternehmen aus 16 Ländern beteiligt haben, hat einen durchschnittlichen RoP von 2,2 ergeben. Das heißt, dass der Nutzen des Investments mehr als doppelt so hoch ist, wie die Kosten der Präventionsmaßnahme. Kurz: Jeder in Prävention investierte Euro zahlt sich mehr als doppelt aus.    

Herzlichen Dank für das Gespräch.


Alle Informationen zu den Angeboten der BGW rund um die Organisationsentwicklung finden Sie auf: www.bgw-online.de


Das Interview führte Thomas Neumann, Referat Verbandskommunikation.

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news-10871 Mon, 03 Feb 2025 08:06:00 +0100 Paritätischer Sachsen unterstützt Appell für menschenrechtliche Brandmauer https://parisax.de/aktuelles/aktuelles-artikelansicht/news/paritaetischer-sachsen-unterstuetzt-appell-fuer-menschenrechtliche-brandmauer/ Anlässlich des heute stattfindenden 37. Parteitags der CDU veröffentlichen 145 Bundes- und Landesorganisationen ihren gemeinsamen Appell „Einstehen für die menschenrechtliche Brandmauer: Flüchtlingsschutz und Menschenrechte sind Teil unserer Demokratie“. Der Paritätische Sachsen unterstützt den Appell als Bekenntnis zu den Menschenrechten und den Werten des Grundgesetzes. Anlässlich des heute stattfindenden 37. Parteitags der CDU veröffentlichen 145 Bundes- und Landesorganisationen ihren gemeinsamen Appell „Einstehen für die menschenrechtliche Brandmauer: Flüchtlingsschutz und Menschenrechte sind Teil unserer Demokratie“. Der Paritätische Sachsen unterstützt den Appell als Bekenntnis zu den Menschenrechten und den Werten des Grundgesetzes.

„Die aktuelle Debatte über Zuwanderung und Migration scheint den Pfad eines lösungsorientierten demokratischen Diskurses völlig verlassen zu haben. Der ordnungspolitische Überbietungswettbewerb hat mittlerweile groteske Züge angenommen. Wenn es bei einigen Parteien der demokratischen Mitte salonfähig wird, rechtliche Rahmenbedingungen bei ihren Vorschlägen zu ignorieren, sollten alle Bürgerinnen und Bürger aufhorchen“, sagt Michael Richter, Landesgeschäftsführer des Paritätischen Sachsen, mit Blick auf die Plenarsitzungen des Bundestages in der zurückliegenden Woche. „Mit unserer Unterstützung für den Appell wollen wir uns klar zu den Menschenrechten als Grundlage unserer Gesellschaft bekennen. Die Debatte um Migration und Zuwanderung muss endlich wieder sachlich und lösungsorientiert geführt werden. Sie ist zu wichtig und präsent in unserem Land, um sie populistisch zu behandeln.“

In ihrem Appell betonen die 145 Organisationen aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen: „Wir gehören zusammen: Ob geflüchtet, eingewandert oder hier geboren, wir sind alle Teil dieser Gesellschaft. Grund- und Menschenrechte gelten entweder für uns alle oder sie gelten gar nicht. Die Diskussionen über Verschärfungen des Staatsangehörigkeits-, Aufenthalts- und Asylrechts, die aktuell auch von der CDU maßgeblich vorangetrieben werden, bedrohen dieses Selbstverständnis. Polarisierende und grob rechtswidrige Forderungen nach Zurückweisungen von Schutzsuchenden an den deutschen Binnengrenzen, der Abschaffung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte, nach Rückführungen in Kriegs- und Krisengebiete und nach pauschalen Inhaftierungen aller vollziehbar ausreisepflichtigen Personen sind nicht dafür geeignet, aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen zu begegnen.“

Von den Entscheidungsträger*innen in der CDU sowie den Teilnehmenden des CDU-Bundesparteitages fordern die unterstützenden Organisationen: „Stehen Sie zu Ihren christlichen und demokratischen Werten und bewahren Sie Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte zum Wohle aller Menschen in Deutschland. Stehen Sie für die menschenrechtliche Brandmauer ein – mit Worten und mit Taten.“

Den Appell können Sie hier herunterladen.

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news-10870 Fri, 31 Jan 2025 16:07:55 +0100 Landesvorstand: Verbandsziele 2024 weitgehend erreicht https://parisax.de/aktuelles/aktuelles-artikelansicht/news/landesvorstand-verbandsziele-2024-weitgehend-erreicht/ In seiner ersten Sitzung 2025 verständigte sich der Landesvorstand des Paritätischen Sachsen unter anderem zur Entwicklung des Weiterbildungsangebotes, zur Umsetzung der Jahresziele 2024, zum aktuellen Stand des Zukunftskonzeptes Parität 2030 sowie zur Situation in der Eingliederungshilfe. In seiner ersten Sitzung 2025 verständigte sich der Landesvorstand des Paritätischen Sachsen unter anderem zur Entwicklung des Weiterbildungsangebotes, zur Umsetzung der Jahresziele 2024, zum aktuellen Stand des Zukunftskonzeptes Parität 2030 sowie zur Situation in der Eingliederungshilfe.

Weiterbildungsangebot weiterhin auf gutem Kurs

Die Weiterbildung ist eines der Kernangebote des Landesverbandes. In den letzten Jahren trieb das Weiterbildungsteam die Entwicklungen in diesem Bereich gezielt voran, um den Nutzer*innen zeitgemäße Formate und praxisrelevante Inhalte anzubieten. In einer Auswertung konnte Karolin Amlung, Referentin Weiterbildung, den Vorstandsmitgliedern erfreuliche Zahlen präsentieren. So stiegen 2024 sowohl die Durchführungsquote verbandlicher Weiterbildungsangebote als auch die Teilnehmendenzahl. Neue Formate starteten und werden von den Nutzer*innen gut angenommen. Nicht zuletzt die verbesserte Kommunikation des Weiterbildungsangebotes trug maßgeblich zum Erfolg bei. Voraussichtlich ab April soll es als Paritätische Akademie Sachsen noch besser sichtbar werden und vermehrt Interessent*innen außerhalb der Mitgliedschaft ansprechen.

Verbandsziele 2024 fast vollständig erreicht

Eine positive Bilanz zog der Landesvorstand ebenfalls hinsichtlich der Jahresziele 2024. So konnten im Vorfeld der Landtagswahl die verbandlichen Top-Themen in den Wahlprogrammen der demokratischen Parteien platziert werden, wie der Programm-Check im August 2024 bereits zeigte. Zudem wirkte der Landesverband an den Koalitionsverhandlungen mit und seine Themen fanden Eingang in den neuen Koalitionsvertrag von CDU und SPD. Auch die Beteiligung an relevanten Gremien des Freistaates sowie auf kommunaler Ebene ist weitgehend gelungen. 

Innerverbandliche Prozesse zur Digitalisierung konnten hingegen nicht vollständig im geplanten Rahmen umgesetzt werden. Dies gilt ebenso für die Weiterentwicklung der Verbandswebseite.

Ziele für 2025 beschlossen – Zukunftskonzept Parität 2030

Bei den Zielen für das Jahr 2025 steht die Entwicklung des Zukunftskonzeptes Parität 2030 oben auf der Agenda. Nach dem Auftakt auf der Mitgliederversammlung 2024 wurden weitere Themen und Inhalte gesammelt, die nun hinsichtlich der Zukunftstrends bearbeitet werden. Dies bietet die Grundlage für die Weiterentwicklung des Landesverbandes. Parität 2030 wird zudem auf der Vorstandsklausur sowie auf den Regionalkonferenzen im Mai und Juni 2025 zentrales Thema sein. Auf der diesjährigen Mitgliederversammlung sollen das Konzept und damit verbundene Veränderungen im Landesverband abschließend vorgestellt werden. Weitere Ziele für das laufende Jahr sind die weitere Digitalisierung des Landesverbandes, die engere Vernetzung von Fachreferaten und Regionalgeschäftsstellen sowie die Sicherung der sozialen Infrastruktur vor dem Hintergrund belasteter öffentlicher Haushalte.

Vorstand bestärkt Verbandsposition in der Eingliederungshilfe

Die Situation in der Eingliederungshilfe ist derzeit angespannt. Zwischen Kostenträgern und Leistungserbringern herrscht seit längerem ein Dissens hinsichtlich der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes. Bestehende Übergangsregelungen werden von Kostenträgerseite nun in Frage gestellt, da Gespräche über eine mögliche Weiterentwicklung bisher ergebnislos verliefen. Der Verband wird sich deshalb dafür einsetzen, dass bestehende Übergangsregelungen zumindest verlängert werden, um nicht auf den Regelungsstand von 2019 zurückzufallen. 

Zudem sind die Gespräche über eine Vergütungs- und Leistungssystematik ins Stocken geraten. Sollte der Kostenträger an der Entwicklung einer eigenen Systematik festhalten, soll der Verband diese fachlich begleiten, um das Ziel verbesserter Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu wahren. Im Austausch mit dem zuständigen Fachreferat stärkte der Vorstand diesem den Rücken und unterstützt damit das geplante Vorgehen hinsichtlich der zwei Spannungsfelder in der Eingliederungshilfe.

Weitere Themen der Sitzung waren unter anderem die Planung der Vorstandsklausur im April 2025, die Zusammenarbeit mit dem Beirat sowie die Neuaufnahme des Trans-Inter-Aktiv in Mitteldeutschland e.V. als neues Mitglied.

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news-10862 Tue, 28 Jan 2025 10:22:00 +0100 Landeshaushalt: Kindertagesbetreuung darf nicht zurückstehen https://parisax.de/aktuelles/aktuelles-artikelansicht/news/landeshaushalt-kindertagesbetreuung-darf-nicht-zurueckstehen/ Anlässlich der Diskussion um den sächsischen Doppelhaushalt 2025/26 wendet sich der Paritätische Sachsen erneut an die Landespolitik und fordert die Stärkung der frühkindlichen Bildung. Die Gelder aus dem Kita-Moratorium sowie für das geplante Vorschuljahr müssen in der Praxis ankommen und Qualitätsverbesserungen ermöglichen.

Anlässlich der Diskussion um den sächsischen Doppelhaushalt 2025/26 wendet sich der Paritätische Sachsen erneut an die Landespolitik und fordert die Stärkung der frühkindlichen Bildung. Die Gelder aus dem Kita-Moratorium sowie für das geplante Vorschuljahr müssen in der Praxis ankommen und Qualitätsverbesserungen ermöglichen.

Dass Sachsens Doppelhaushalt 2025/26 von Einschnitten begleitet sein wird, ist seit längerem bekannt. Die Signale der Staatsregierung nach ihrer Haushaltsklausur bestätigen dies. Bei aller Ernüchterung ob der Finanzlage des Freistaates ist es erfreulich, dass sowohl der neue Finanzminister Christian Piwarz als auch sein Nachfolger auf dem Stuhl des Kultusministers, Conrad Clemens, ein klares Bekenntnis zur Finanzierung der Bildungslandschaft in Sachsen abgegeben haben. Dabei stellt der neue Kultusminister allerdings die schulische Bildung in den Mittelpunkt. 

Damit jedoch die Belange der frühkindlichen Bildung nicht in Vergessenheit geraten, wandte sich der Paritätische Sachsen mit einem Schreiben an die Bildungspolitiker*innen der demokratischen Landtagsfraktionen. Darin fordert er die konsequente Umsetzung des Kita-Moratoriums und weist erneut die Pläne für ein verpflichtendes Vorschuljahr zurück.

Chancen für die Bildungsqualität nutzen

In dem Schreiben betont Michael Richter, Landesgeschäftsführer des Paritätischen Sachsen, wiederholt die Chancen, welche sich aus den sinkenden Kinderzahlen für die Bildungsqualität in Kitas ergeben und warnt: „Sachsenweit verlieren wir jedoch bereits das dafür notwendige Fachpersonal. Für Kinder und Familien bedeutet dies den Verlust wichtiger Bezugspersonen, was sich negativ auf Bildungserfolge auswirkt.“

Der Freistaat müsse vielmehr die Qualitätsentwicklung in der frühkindlichen Bildung weiter vorantreiben. Der Landesgeschäftsführer fordert die Regierung daher auf: „Die im aktuellen Koalitionsvertrag benannte Finanzierung von bis zu 1.100 Erzieherinnen und Erziehern muss sofort umgesetzt werden, um die Personalsituation in Kitas und damit die pädagogische Qualität zu sichern. Mit einer adäquaten Anpassung des SächsKitaG ließe sich der Umweg über ein Kita-Moratorium sogar vermeiden und sofort eine tragfähige Lösung finden, die in der Praxis spürbare Effekte brächte. Zudem ließe sich Verwaltungsaufwand vermeiden.“

Hierfür schlägt der Paritätische vor, die 14,5 Millionen Euro des Kita-Moratoriums sowie mindestens 60 Millionen Euro aus dem Budget für das geplante Vorschuljahr zur Stärkung der frühkindlichen Bildung zusammenzuziehen. Generell sollten die geplanten Mittel für ein verpflichtendes Vorschuljahr besser direkt in die Finanzierung der frühkindlichen Bildung fließen, da sich so die vom Vorschuljahr erwünschten Effekte besser erreichen ließen.

Tageseltern mit Pauschalzahlungen unterstützen

Für den Bereich der Kindertagespflege schreibt Michael Richter: „Unseren Berechnungen nach werden durch den Rückgang der Kinderzahlen in der Kindertagespflege formal 3,5 Mio. Euro geplanter Mittel nicht verwendet. In den nächsten Jahren ist ein weiterer Rückgang zu erwarten. Das Geld sollte im System der Kindertagespflege verbleiben und als Pauschalbetrag zum Ausgleich von Belegungsschwankungen gezahlt werden.“ Dieser ließe sich ohne erhöhten Verwaltungsaufwand mit der laufenden Geldleistung ausreichen. Die Zahlung an die Kindertagespflegeperson könnte über eine Anlage zur Finanzierungsvereinbarung geregelt werden. 

Finanzierung frühkindlicher Bildung neu aufstellen

Den Überlegungen der neuen Staatsregierung, die Finanzierung der Kindertagesbetreuung generell neu aufzustellen, steht der Verband offen gegenüber, betont jedoch: „Neben der auskömmlichen Ausstattung muss dabei auch eine bürokratiearme und praxistaugliche Umsetzung berücksichtigt werden.“

Kontakt:

Nicole Börner (Referat Bildung)
Tel.: 0351 – 828 71 150
E-Mail: nicole.boerner(at)parisax.de

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news-10853 Mon, 27 Jan 2025 06:46:00 +0100 Sucht am Arbeitsplatz: Strategien und Lösungen für Arbeitgeber https://parisax.de/aktuelles/aktuelles-artikelansicht/news/sucht-am-arbeitsplatz-strategien-und-loesungen-fuer-arbeitgeber/ Sucht am Arbeitsplatz wird oft von der Unsicherheit im Umgang damit begleitet. Prävention, frühe Ansprache und Fürsorgegespräche sowie klare Regeln zum Konsum berauschender Substanzen können dabei helfen, mit dem tabubehafteten Thema umzugehen. Sucht am Arbeitsplatz wird oft von der Unsicherheit im Umgang damit begleitet. Prävention, frühe Ansprache und Fürsorgegespräche sowie klare Regeln zum Konsum berauschender Substanzen können dabei helfen, mit dem tabubehafteten Thema umzugehen.

Mit den Auswirkungen von Sucht am Arbeitsplatz umzugehen, ist eine Herausforderung, der sich alle Branchen stellen müssen. Abhängigkeitserkrankungen – sei es durch Alkohol, Cannabis oder andere Substanzen – betreffen nicht nur die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden, sondern auch die Sicherheit und das Betriebsklima.

Die Verantwortung von Arbeitgebern

Arbeitgeber tragen nicht nur eine rechtliche Verantwortung, sondern haben auch eine Fürsorgepflicht für ihre Mitarbeitenden. Das Arbeitsschutzgesetz (§ 3 ArbSchG) und die DGUV-Vorschrift 1 (§ 7) verpflichten Unternehmen, Gesundheitsgefährdungen durch den Konsum berauschender Substanzen zu minimieren. Dies gilt besonders in der Sozialwirtschaft, wo Mitarbeitende oft mit vulnerablen Personengruppen arbeiten, z. B. mit Kindern, Senior*innen oder suchtkranken Menschen.

Eine besondere Rolle spielen dabei klare betriebliche Regelungen. Betriebsvereinbarungen, Arbeitsverträge und Betriebsordnungen sollten explizit den Umgang mit Suchtmitteln regeln. Hierin empfiehlt sich ein absolutes Cannabis- und Alkoholverbot am Arbeitsplatz – nicht nur aus rechtlicher, sondern auch aus moralischer Sicht.

Prävention: Der Schlüssel zum Erfolg

Die beste Suchtstrategie beginnt jedoch präventiv. Eine Kultur der Offenheit kombiniert mit regelmäßigen Schulungen für Führungskräfte und Mitarbeitende schafft Bewusstsein und bietet Handlungsrahmen. Führungskräfte sind gefordert, Auffälligkeiten frühzeitig anzusprechen – nicht mit dem Ziel, zu kontrollieren, sondern um Fürsorge zu zeigen.

Frühe Ansprachen und Fürsorgegespräche sind dafür zentrale Instrumente. Ein wertschätzender und transparenter Dialog schafft Vertrauen und ermöglicht es Mitarbeitenden, ihre Herausforderungen zu teilen. Wichtige Gesprächsinhalte sind:

  • Auffälligkeiten am Arbeitsplatz sachlich und empathisch ansprechen.
  • Unterstützungsmöglichkeiten anbieten.
  • Klare Erwartungen und Rückmeldefristen formulieren.

Cannabis und die neue Rechtslage

Die aktuelle (Teil-)Legalisierung von Cannabis erfordert nun Anpassungen in den Unternehmen. Während privater Konsum grundsätzlich erlaubt ist, müssen Mitarbeitende dennoch nüchtern zur Arbeit erscheinen. Besonders in sicherheitskritischen Bereichen ist ein striktes Konsumverbot notwendig. Arbeitgeber sollten bestehende Betriebsvereinbarungen abändern, um Klarheit zu schaffen. Ein „Null-Konsum“-Ansatz am Arbeitsplatz kann sinnvoll sein, um Missverständnisse zu vermeiden und die Sicherheit aller Mitarbeitenden zu gewährleisten.

Bewährtes Präventionsmodell: 5-Stufen-Plan

Sollte der Verdacht auf Substanzmissbrauch bestehen, sind strukturierte Interventionsleitfäden hilfreich. Ein bewährtes Modell ist der 5-Stufen-Plan, der Maßnahmen von der ersten Ansprache bis zur Kündigung klar strukturiert:

  1. Sachliche Ansprache und Dokumentation von Auffälligkeiten
  2. Angebote zur Unterstützung und Rückmeldetermine
  3. Abmahnung bei anhaltendem Fehlverhalten
  4. Ultimative Auflagen und Kündigungsandrohung
  5. Kündigung als letzte Konsequenz

Drogentests können dabei nur mit Zustimmung der Betroffenen durchgeführt werden. Sie können im begründeten Verdachtsfall angeboten, aber nicht routinemäßig angeordnet werden.

Betriebliche Verantwortung und Chancen

Die Sozialwirtschaft trägt im Umgang mit Suchtmitteln eine besondere Verantwortung, da Mitarbeitende oft mit gefährdeten und sensiblen Zielgruppen arbeiten. Arbeitgeber können durch Prävention und strukturierte Interventionen nicht nur die Gesundheit und Sicherheit ihrer Mitarbeitenden schützen, sondern auch eine vorbildliche Unternehmenskultur schaffen. Investitionen in Aufklärung, Schulungen und klare Regelwerke zahlen sich langfristig aus – sowohl für das Unternehmen als auch für seine Beschäftigten.


Die Autorin: Christin Schnaible ist Referentin im Paritätischen Arbeitgeberverband PATT e.V. und verantwortet dort unter anderem die Umsetzung von Fachveranstaltungen für Mitgliedsorganisationen. Der Artikel fasst die zentralen Ergebnisse des Workshops „Prävention und Intervention: Umgang mit Drogensucht bei Beschäftigten - Handlungsmöglichkeiten für Arbeitgeber“ zusammen.

Mehr zu den Angeboten des PATT lesen Sie auf www.arbeitgeberverband-patt.de

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news-10852 Wed, 22 Jan 2025 10:04:15 +0100 Gemeinnützige Akteure bei der Transformation zur Klimaneutralität unterstützen https://parisax.de/aktuelles/aktuelles-artikelansicht/news/gemeinnuetzige-akteure-bei-der-transformation-zur-klimaneutralitaet-unterstuetzen/ Auch gemeinnützige Organisationen müssen sich der sozial-ökologischen Transformation stellen. Daher setzt sich der Paritätische auf Bundes- und auf Landesebene dafür ein, klare Rahmenbedingungen und eine gerechte Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen. Auch gemeinnützige Organisationen müssen sich der sozial-ökologischen Transformation stellen. Daher setzt sich der Paritätische auf Bundes- und auf Landesebene dafür ein, klare Rahmenbedingungen und eine gerechte Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen. Nur durch eine gezielte Unterstützung gemeinnütziger Akteure kann der Wandel sozialverträglich gestaltet und benachteiligte Gruppen aktiv einbezogen werden. Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit gehören untrennbar zusammen.

In Anbetracht der bevorstehenden Bundestagswahl veröffentlicht der Paritätische Gesamtverband fortlaufend kurze Faktenblätter (Fact Sheets) zu zentralen Anliegen des Verbandes. Darunter findet sich auch ein Fact Sheet, das die Ideen des Paritätischen zur Finanzierung des Klimaschutzes in sozialen Einrichtungen dargestellt: Fact Sheet "Klimaschutz Refinanzieren"
Im Papier finden sich Vorschläge zur Refinanzierung von Klimaschutzmaßnahmen in sozialen Einrichtungen vor, etwa durch steuerliche Anpassungen und gezielte Förderprogramme. Diese Ansätze decken sich mit den Forderungen des Paritätischen Sachsen nach mehr Ressourcen für gemeinnützige Organisationen, um ihre Aufgaben in der Transformation wahrnehmen zu können.

Auf Landesebene macht sich der Paritätische Sachsen bereits seit zwei Jahren für das Thema stark. So war eines der Top-Themen zur Landtagswahl 2024 die Unterstützung gemeinnütziger Organisationen bei den Herausforderungen des Klimawandels und der Klimaanpassung. Gemeinsam mit Mitgliedsorganisationen formulierte der Verband daher den Lösungsvorschlag: Gemeinnützige Akteure bei der Transformation fördern und begleiten.

Die beiden genannten Papiere des Paritätischen Gesamtverbands und des Paritätischen Sachsen betonen die Bedeutung gemeinnütziger Organisationen als zentrale Akteure für eine sozial gerechte und ökologisch nachhaltige Transformation. Beide Papiere stellen klar, dass Klimaschutz sozial verträglich gestaltet werden muss. Der Gesamtverband hebt hervor, dass die Kosten des Klimaschutzes gerecht verteilt werden sollten, während der Paritätische Sachsen betont, dass benachteiligte Gruppen bei der Transformation besonders berücksichtigt werden müssen.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) veröffentlichte kürzlich Impulse zur Bundestagswahl und greift unter dem Punkt Klimaschutz und Klimaanpassung im sozialen Sektor ebenfalls die Forderung nach einer gezielten Unterstützung für gemeinnützige Akteure bei der Transformation zur Klimaneutralität auf. 

Mitgliedsorganisationen sind eingeladen, die Forderungen in Gesprächen mit Kandidat*innen zur Bundestagswahl, aber auch bei politischen Akteuren der Landesebene anzusprechen. Über die besondere Situation gemeinnütziger Organisationen hinsichtlich der Aufgaben auf dem Weg zur Klimaneutralität ist noch zu wenig bekannt. Der Verband wird das Thema ebenfalls gegenüber Entscheidungsträger*innen nachdrücklich vertreten.

Gute Praxisbeispiele für Klimaanpassung in sozialen Einrichtungen gesucht

Sie sind bereits unterwegs und passen Ihre Einrichtung oder Ihren Dienst an den Klimawandel an? Der Paritätische Gesamtverband ruft alle Mitgliedsorganisationen auf, ihre innovativen und erfolgreichen Maßnahmen zur Klimaanpassung in sozialen Einrichtungen und Diensten zu teilen! Ziel ist es, konkrete, praxistaugliche Beispiele zu präsentieren, die anderen Trägern und ihren Einrichtungen als Inspiration und Orientierung dienen können.

Alle Informationen dazu lesen Sie auf der Webseite des Paritätischen Gesamtverbandes.

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news-10832 Tue, 21 Jan 2025 06:51:00 +0100 Neues Mitglied: Haus der sozialen Vielfalt gGmbH – für ein inklusives Miteinander https://parisax.de/aktuelles/aktuelles-artikelansicht/news/neues-mitglied-haus-der-sozialen-vielfalt-ggmbh-fuer-ein-inklusives-miteinander/ Interkulturelle Kompetenzen, den Abbau von Vorurteilen sowie das gelingende Miteinander von Menschen mit verschiedenen Herkünften und Prägungen hat sich unser neues Mitglied Haus der sozialen Vielfalt aus Leipzig auf die Fahnen geschrieben. Interkulturelle Kompetenzen, den Abbau von Vorurteilen sowie das gelingende Miteinander von Menschen mit verschiedenen Herkünften und Prägungen hat sich unser neues Mitglied Haus der sozialen Vielfalt aus Leipzig auf die Fahnen geschrieben.

Das Haus der Sozialen Vielfalt gGmbH (Haus SoVi) fördert den gesellschaftlichen Zusammenhalt und versteht sich als Vermittler zwischen der migrantischen Community, der Mehrheitsbevölkerung und staatlichen Strukturen. Die Geschäftsführer Yusuf Aydinbas und Halil Ünal betonen die enge Zusammenarbeit mit staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen, um Begegnungsräume zu schaffen, politische Bildung zu fördern und die Demokratie zu stärken. Zudem möchte die Organisation Wissen über die Bedürfnisse einer sozial vielfältigen Bevölkerung im demografischen Wandel vermitteln. Zu ihren Projekten zählen u.a. „Bündnis gegen antimuslimischen Rassismus in Sachsen“, „Kommune und muslimisches Leben“ sowie „Gemeinsam stark gemacht“.Das Haus SoVi profitiert von seinem interkulturellen Team, dessen Mitglieder durch ihre Biografien die Chancen und Herausforderungen der Multikulturalität kennen. Sie können die Perspektiven migrantischer Communities authentisch vermitteln und verfügen über fundiertes Wissen über relevante Regelstrukturen wie Bildungssysteme, soziale Sicherungssysteme, Arbeitsrecht, Aufenthalts- und Asylrecht sowie interkulturelle Konfliktlösungsansätze.

Soziale Vielfalt als Wert

„Für uns bedeutet soziale Vielfalt die Wertschätzung der Unterschiede zwischen Menschen – ob gesellschaftlicher oder kultureller Herkunft, Religion, Geschlecht oder Alter. Diese Unterschiede bereichern das gesellschaftliche Miteinander und eröffnen neue Betrachtungsweisen sowie Perspektivwechsel. Wir sehen Vielfalt als Grundlage für eine inklusive Gesellschaft, in der alle Menschen - unabhängig von ihrem Hintergrund - gleiche Chancen auf Teilhabe erfahren. Sie trägt zur Stärkung der Solidarität bei, fördert den Abbau von Vorurteilen und inspiriert zu kreativen und innovativen Lösungsansätzen im gesellschaftlichen Miteinander“, ist Halil Ünal überzeugt.

Förderung von Dialog, Vielfalt und politischer Bildung

Das Haus SoVi sieht die zunehmende Polarisierung durch Krisen wie Klimawandel, Migration und wirtschaftliche Unsicherheit als große Herausforderung, da diese den Rückzug in geschlossene Gruppen und die Förderung von Vorurteilen und Extremismus begünstigt. Um dem entgegenzuwirken, setzt die Organisation auf Dialog, Begegnung und die Öffnung institutioneller Strukturen für eine vielfältige Gesellschaft. 

Trotz begrenzter Ressourcen und dem häufigen Mangel an Verständnis für die Bedürfnisse migrantischer Gruppen fördert das Haus SoVi den Dialog zwischen der migrantisch-muslimischen Community und der Mehrheitsgesellschaft durch Workshops und Dialogforen. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf politischer Bildung und der Vermittlung von Medienkompetenz, um junge Menschen für demokratische Werte zu sensibilisieren.

Haus SoVi als Mitglied im Paritätischen Wohlfahrtsverband Sachsen 

„Nicht nur in Bezug auf unsere Aufgaben freuen wir uns sehr, seit September 2024 Mitglied im Paritätischen Wohlfahrtsverband Sachsen zu sein. Dadurch wollen wir uns noch stärker mit anderen sozialen Akteur*innen vernetzen und den Austausch suchen. Durch den Verband erhoffen wir uns den Zugang zu wertvollem Fachwissen, Weiterbildungen und Kooperationsmöglichkeiten, die unsere Arbeit bereichern und weiterentwickeln. Natürlich wollen wir auch die Plattform nutzen, die der Verband bietet, um unsere Themen und die Anliegen der migrantisch-muslimischen Community sichtbarer zu machen. Gemeinsam mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband und seinen weiteren Mitgliedern möchten wir aktiv an einer inklusiven Gesellschaft mitwirken, in der Vielfalt anerkannt und gefördert wird“, betont Yusuf Aydinbas.


Mehr Informationen zu unserem neuen Mitglied Haus SoVi aus Leipzig lesen Sie unter: www.haus-sovi.de

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news-10825 Wed, 15 Jan 2025 07:52:00 +0100 KI als Sparringspartner für soziale Organisationen https://parisax.de/aktuelles/aktuelles-artikelansicht/news/ki-als-sparringspartner-fuer-soziale-organisationen/ In sozialen Organisationen wird die To-do-Liste ständig länger statt kürzer. Entdecken Sie, wie ChatGPT & Co. Ihre Arbeit verbessern, Zeit sparen und Ihnen neue Möglichkeiten eröffnen. In sozialen Organisationen wird die To-do-Liste ständig länger statt kürzer. Entdecken Sie, wie ChatGPT & Co. Ihre Arbeit verbessern, Zeit sparen und Ihnen neue Möglichkeiten eröffnen. 

In sozialen Organisationen müssen wir Multitalente sein. Ob Sie eine Kita leiten, in einer Beratungsstelle arbeiten oder einen Verein koordinieren: Die Aufgaben sind vielfältig. Sie schreiben Elternbriefe, planen Veranstaltungen, erstellen Newsletter, arbeiten neue Kolleg*innen oder Ehrenamtliche ein und entwickeln „nebenbei“ Strategien für die Zukunft.

Generative KI kann bei vielen Aufgaben unterstützen. Diese drei Fragen helfen, Einsatzmöglichkeiten für KI in der eigenen Organisation zu finden.

  • Wo kann KI die Qualität meiner Arbeit verbessern?
  • Wo kann ich Zeit sparen bzw. die Quantität meines Outputs erhöhen? 
  • Was kann ich mit KI, was ich vorher nicht konnte?

Zur Inspiration hier ein paar Beispiele und Ideen:

KI für bessere Qualität: Feedback und Verbesserungen

Wir können nicht in allem Expert*innen sein oder uns fehlt schlicht die Zeit, Texte oder Konzepte mehrfach zu überarbeiten und an Zielgruppen anzupassen. Hier unterstützen Texttools wie ChatGPT, Copilot, Claude oder Mistral als Sparringspartner. 

Ein paar erste Ideen für gute KI-Jobs:

  • Prüfen Sie Texte auf Verständlichkeit, Rechtschreibung, aktive Sprache etc..
  • Passen Sie Texte an Zielgruppen an. Ein Beispiel: Sie haben einen Projektbericht für Geldgeber geschrieben und wollen daraus eine Version für Eltern machen. Oder Sie übersetzen den Brief für nicht-muttersprachliche Adressat*innen.
  • Entwickeln Sie bessere Aufbauten. Die KI kann helfen, Ihre Botschaften spannend aufzubauen und Storytelling-Elemente einzubauen.
  • Verbessern Sie Ihre Workshop-Konzepte, Projektanträge etc. Teilen Sie den ersten Entwurf und fragen Sie nach Schwächen, Verbesserungen oder ergänzenden Beispielen.

Wichtig ist: Die KI ersetzt nicht Ihr Fachwissen und Ihre Erfahrung. Sie ist eine Unterstützung, die Ihnen hilft, Ihre Botschaften wirkungsvoller zu vermitteln und blinde Flecken in Konzepten zu füllen.

KI für Quantität

Viele denken, KI könne auf Knopfdruck tolle neue Texte generieren. Doch leider entsteht so 0815-Marketing-Sprech. Viele sind genau von diesen, im Netz zunehmenden, Texten genervt. Für hochwertige Texte braucht es dagegen „Prompting“-Kenntnisse, also Wissen und Erfahrung, wie man der KI gut sagt, was sie tun soll.

Dagegen ist es auch für KI-Anfänger*innen leicht, mit generativer KI bestehende Inhalte umzuwandeln. Die Mitarbeitenden eines Familienzentrums haben z.B. einen ausführlichen Bericht über ihr Sommerfest geschrieben. Daraus erstellen sie mit KI:

  • Eine ausführliche Version für die Website
  • Einen kurzen Teaser für den Newsletter
  • Drei Social-Media-Posts
  • Eine Zusammenfassung für Fördernde

Ein wichtiger Trick: Geben Sie der KI gute Beispiele für das gewünschte Ergebnis. Und erwarten Sie nicht 100%perfekte Texte, sondern geben Sie den Feinschliff weiter von Hand.

KI für neue Möglichkeiten: Mehr können als gedacht

Vielen kleinen Vereinen fehlen die Mittel für technische, grafische oder multimediale Projekte bzw. Fachkräfte. Mit KI können Sie nun einiges umsetzen, das zuvor unerreichbar war.

Hier drei Möglichkeiten für Ihre Organisation:

  • Erstellen Sie einen Chatbot für häufige Fragen: Tools wie Botpress machen das auch ohne Programmierkenntnisse in wenigen Minuten möglich. Füttern Sie die KI mit Ihren Dokumenten – schon kann sie Interessierten die wichtigsten Informationen liefern, rund um die Uhr in mind. 70 Sprachen.
  • Erleichtern Sie gutes Onboarding für Haupt- und Ehrenamtliche: Nutzen Sie ein KI-Wissensmanagement-Tool, füttern Sie es mit Ihren (nicht-sensiblen) Dokumenten. Mit Tools wie NotebookLM können Sie sogar aus der Datenschutzerklärung einen lebendigen Podcast generieren.
  • Werden Sie zur Künstler*in: KI-Tools wie Dall-E und Midjourney erstellen Illustrationen, die Sie für Website, Präsentationen, Newsletter oder Social Media nutzen können. Es gibt auch Tools, die ganze Präsentationen, Websites oder kurze Animationen/Videos entwerfen.

Herausforderungen meistern, Potenziale nutzen – Werden Sie zur KI-Flüster*in

KI bietet großartige Möglichkeiten. Aber der Weg dorthin hat seine Tücken:

  • Nur gute Prompts bringen zuverlässig gute Ergebnisse.
  • Datenschutz ist bei KI-Tools kompliziert und herausfordernd.
  • KI-Halluzinationen – also erfundene Fakten – können gefährlich sein. Verzerrungen, sogenannte Bias, in den Daten führen zu Diskriminierung.
  • Die Einführung von KI verunsichert. Ohne Expertise und Begleitung bleiben die Potenziale ungenutzt.

Damit Sie diesen Herausforderungen begegnen, bieten wir erstmalig in 2025 einen Online-Kurs zur KI-Flüster*in.

Werden Sie zur KI-Expert*in für Ihre Organisation! In 8 lebendigen Online-Einheiten in kleiner Lerngruppe begleiten wir Sie von April bis Juni 2025 auf diesem Weg. Sie erhalten:

  • Fundiertes KI-Wissen und konkrete Prompting-Techniken bis zur Einrichtung persönlicher Assistenzen, mit klarem Fokus auf Anwendungen für soziale Organisationen.
  • Workshop-Konzepte für die Weitervermittlung von KI-Know-how in Ihr Team.
  • Leitlinien für ethischen und datenschutzkonformen KI-Einsatz.

In vier intensiven Workshops und vier begleitenden Praxis-Checks entwickeln Sie konkrete Einführungsprojekte für Ihre Organisation. Sie vernetzen sich mit anderen Vereinen und lernen voneinander.

Der Kurs startet am 3. April 2025. Sichern Sie sich jetzt Ihren Platz und gestalten Sie die digitale Transformation Ihrer Organisation aktiv mit!


Sie haben Fragen zum Kurs? Kontaktieren Sie das Team Weiterbildung unter Tel.: 0351 - 828 71 431 oder schreiben Sie an weiterbildung(at)parisax.de.

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news-10826 Tue, 14 Jan 2025 07:59:00 +0100 Inklusion: Das Bundesteilhabegesetz darf in Sachsen nicht scheitern https://parisax.de/aktuelles/aktuelles-artikelansicht/news/inklusion-das-bundesteilhabegesetz-darf-in-sachsen-nicht-scheitern/ Die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) – einst als Meilenstein für mehr Teilhabe und Inklusion gefeiert – droht in Sachsen zu scheitern. Die Verhandlung eines Rahmenvertrages tritt auf der Stelle. Die Fortschritte der vergangenen Jahre werden in Frage gestellt, befürchtet Anne Cellar, Referentin für Teilhabe.

Die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) – einst als Meilenstein für mehr Teilhabe und Inklusion gefeiert – droht in Sachsen zu scheitern. Die Verhandlung eines Rahmenvertrages tritt auf der Stelle. Die Fortschritte der vergangenen Jahre werden in Frage gestellt, befürchtet Anne Cellar, Referentin für Teilhabe.

Kostenträger stehen auf der Bremse

Motor für die Entwicklung der selbstbestimmten Teilhabe in Sachsen sollte die Kommission nach SGB IX sein, die sich aus Vertreter*innen von Leistungsträgern und Leistungserbringern zusammensetzt. Allerdings hat sich die gemeinsame Arbeitsgruppe ‚Konzeptentwicklung und modellhafte Erprobung‘ in eine Sackgasse manövriert. Nicht zuletzt, weil die Seite der Leistungsträger ein in der Praxis erfolgreich erprobtes System ablehnt. Bereits hier ist abzusehen, dass sich die sächsische Umsetzung des BTHG (von 2018) bis mindestens 2027 verschiebt - im Bereich Teilhabe an Arbeit wird es noch länger dauern. 

Weitere Vorschläge der Leistungserbringer wurden von der Leistungsträgerseite blockiert oder in Frage gestellt. Selbst gemeinsam gefundene Kompromisse wurden erneut aufgemacht oder der Kostenträger griff im Nachgang in vereinbarte Punkte ein. Die Arbeitsgruppe dreht sich somit im Kreis. Auch ein im Herbst 2024 durchgeführtes Spitzengespräch mit Vertreter*innen der Kommission brachte keine nennenswerten Fortschritte.

Diese Entwicklungen sind mehr als nur ein administratives Problem. Sie stellen einen politischen Rückschritt dar und verhindern, dass Menschen mit Behinderungen in Sachsen ihre Rechte nach dem BTHG in vollem Umfang wahrnehmen können. 

Der Paradigmenwechsel des BTHG soll zurückgenommen werden

In Gesprächen mit Vertreter*innen der kommunalen Spitzenverbände, des Landtags und weiteren politischen Akteur*innen zeichnet sich ein beunruhigendes Bild für die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in unserem Land. Die Idee der Inklusion und das BTHG werden - teils hinter vorgehaltener Hand, teils auch offen - als nicht mehr umsetzbares Projekt bezeichnet. Manche Stimmen gehen so weit, das BTHG als ein "bundespolitisches Missverständnis" zu bezeichnen, das nach den Bundestagswahlen 2025 auf den Prüfstand gehöre. Klares Ziel dabei: das BTHG rückabwickeln und auf die Standards von vor der Gesetzesreform zurückführen. Selbst die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), die als Grundlage des BTHG zu sehen ist, wird von diesen Akteuren als „überinterpretiert“ bewertet.

Offene Diskussionen und informelle Äußerungen deuten also darauf hin, dass einige Akteure das BTHG grundsätzlich in Frage stellen. Dabei sind dies nicht die Vertreter*innen aus Kommission und Arbeitsgruppen - wohl aber Akteure, die in den Gremien sitzen, und am Ende dem Rahmenvertrag zustimmen oder ihn ablehnen. Argumentiert wird mit finanziell überlasteten öffentlichen Haushalten, da die Flüchtlingskrise, die Pandemie, der Klimawandel und die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs zu stemmen waren und sind.

Während diese Diskussionen im Hintergrund laufen, stehen die Menschen mit Behinderungen vor realen Herausforderungen: Eingliederungshilfen werden nicht konsequent umgesetzt und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben bleibt für viele weiterhin ein unerreichbares Ziel. Für die Leistungserbringer bedeutet der Stillstand, dass ihre Bemühungen und Kompromisse immer wieder ins Leere laufen.

Die Frustration wächst damit auf allen Seiten. Während die Leistungsträgerseite auf finanzielle Zwänge verweist, fühlen sich die Leistungserbringer in ihren Anliegen nicht ernst genommen. In der Praxis droht das BTHG, zum Symbol für politische Blockade und fehlenden Konsens zu werden.

Neuer Anlauf: Inklusion nicht aufgeben

Um aus der Sackgasse herauszukommen, braucht es mehr als nur technische Abstimmungen in der eingangs benannten AG. Es bedarf einer grundlegenden Verständigung auf eine gemeinsame Zielstellung und eine klare Strategie.

Um die bestehenden Blockaden aufzulösen, unterschiedliche Ansätze abzuwägen und eine tragfähige Lösung zu finden, soll nun ein weiteres Spitzengespräch im Januar 2025 für Klärung sorgen. Die Leistungserbringer – darunter auch die Mitglieder des Paritätischen Sachsen - werben erneut dafür, eine praktikable und kalkulierbare Systematik zu einen, die sowohl den finanziellen Rahmenbedingungen als auch den Anforderungen des BTHG gerecht wird. Sie wollen damit ihrer Verantwortung für eine funktionierende Eingliederungshilfe nachkommen.

Das BTHG ist kein Luxus, den man sich in Zeiten knapper Kassen leisten kann oder nicht. Menschen mit Behinderungen haben das Recht auf Teilhabe und Selbstbestimmung. Die Wohlfahrtsverbände und Leistungserbringer werden deshalb weiterhin mit Nachdruck für die Umsetzung des BTHG kämpfen. Nur wenn alle Beteiligten – Leistungserbringer, Leistungsträger und Politik – an einem Strang ziehen, kann das BTHG in Sachsen wieder auf Kurs gebracht werden.


Kontakt:

Anne Cellar (Referat Teilhabe)
Tel.: 0351 – 828 71 150
E-Mail: anne.cellar(at)parisax.de

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news-10764 Mon, 13 Jan 2025 06:36:00 +0100 Anlehnung an den TVöD – Was heißt das eigentlich? https://parisax.de/aktuelles/aktuelles-artikelansicht/news/anlehnung-an-den-tvoed-was-heisst-das-eigentlich/ Im Sinne besserer Vergleichbarkeit lehnen sich viele freie Träger an einen Tarifvertrag, z.B. den TVöD an. Gleichzeitig kämpfen sie jedoch mit hohen Kosten und begrenzter Refinanzierung. Zwei gemeinsame Veranstaltungen des Paritätischen Sachsen und des Arbeitgeberverbandes PATT erläuterten Vorteile, Risiken und Alternativen.

Im Sinne besserer Vergleichbarkeit lehnen sich viele freie Träger an einen Tarifvertrag, z.B. den TVöD an. Gleichzeitig kämpfen sie jedoch mit hohen Kosten und begrenzter Refinanzierung. Zwei gemeinsame Veranstaltungen des Paritätischen Sachsen und des Arbeitgeberverbandes PATT erläuterten Vorteile, Risiken und Alternativen.

Soziale Organisationen stehen zunehmend vor der Herausforderung, attraktive Arbeitsbedingungen zu bieten und gleichzeitig wirtschaftlich stabil zu bleiben. Die Orientierung an den Standards eines Tarifvertrages - häufig am Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) - erscheint oft als vielversprechender Weg. Dieser birgt jedoch auch Risiken. Um diese Aspekte näher zu beleuchten, veranstalteten die Regionalstellen des Paritätischen Sachsen in Kooperation mit dem Paritätischen Arbeitgeberverband PATT e.V. zwei Informationsveranstaltungen, auf denen rechtliche, organisatorische und finanzielle Fragen einer Tarifanlehnung im Fokus standen.

Chancen und Risiken der TVöD-Anlehnung für freie Träger

„Viele soziale Organisationen setzen die Arbeitsbedingungen des TVöD ganz oder teilweise um, ohne selbst tarifgebunden zu sein. Eine TVöD-Anlehnung bietet unter anderem Transparenz und eine Vergleichbarkeit mit anderen Organisationen sowie die Möglichkeit, nur die für ein Unternehmen wichtigen und tragbaren Elemente des Tarifwerks zu nutzen. Diese Flexibilität hilft dabei, spezifische Teile der Regelungen an eigene Bedürfnisse anzupassen, was im Vergleich zur vollständigen Tarifbindung Vorteile bieten kann“, fasste Anne Daburger, Geschäftsführerin des PATT, einleitend die Vorteile einer Anlehnung zusammen. 

In der jüngeren Vergangenheit zeigt sich allerdings, dass beispielsweise bei Sonderzahlungen - wie zu Corona-Zeiten - oder bei rückwirkenden Tarifänderungen durchaus Risiken bestehen. Denn wird die Anlehnung dynamisch gestaltet, muss die Änderung des TVöD unmittelbar in die betriebliche Praxis übernommen werden. Das kann bei kurzfristigen Anpassungen hohe Personal- und Verwaltungsaufwände verursachen. Bei rückwirkenden Tarifänderungen sind plötzlich anfallende Anpassungskosten zudem kaum kalkulierbar. Kommt eine Globalverweisung hinzu, in der man sich an einen Tarifvertrag insgesamt anlehnt, sind alle dortigen Regelungen und Änderungen zu beachten.

Die Gestaltung der Bezugnahmeklausel in Arbeitsverträgen stellt daher eine zentrale Herausforderung dar. Unterschiedliche Regelungen – ob statisch oder dynamisch, ob global oder in Teilen verweisend – bedürfen einer juristischen Prüfung und präzisen Formulierung, um im Arbeitsrecht Bestand zu haben und Missverständnisse zu vermeiden. Diese juristische Begleitung bzw. Prüfung sollte im Hinblick auf personelle und finanzielle Ressourcen mit eingeplant werden.

Der zentrale Unterschied zwischen einer Anlehnung und einer Tarifbindung liegt darin, dass anlehnende Organisationen keinen Einfluss auf Tarifverhandlungen sowie die inhaltliche Gestaltung des Tarifvertrages haben. Anpassungen wie Tarifsteigerungen oder Arbeitszeitregelungen, Urlaubstage oder die Höhe der Jahressonderzahlung müssen gegebenenfalls übernommen werden, ohne dass sich anlehnende Organisationen diese Entwicklungen mitgestalten können.

Alternativen zur Anlehnung: PATT-Tarifwerk und Haustarifverträge

So wurden auch Alternativen zur Anlehnung diskutiert. Ein möglicher Weg ist die Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband, wie beispielsweise dem Paritätischen Arbeitgeberverband PATT e.V., der ein eigenes Tarifwerk für die Sozialwirtschaft anbietet. Dieses ermöglicht eine schlanke und flexible Tarifstruktur, die wesentliche arbeitsvertragliche Inhalte regelt, ohne dass detaillierte Anpassungen erforderlich sind. 

Anne Daburger betonte: „Als Tarifpartner kennen wir die spezifischen Herausforderungen der Sozialwirtschaft und können zusammen mit unseren Mitgliedern den Rahmen für attraktive und zukunftssichere Arbeitsbedingungen weiterentwickeln. Damit wird die Soziale Arbeit auch im arbeitsrechtlichen Sinne als attraktives Betätigungsfeld präsentiert.“ 

Alternativ können mit entsprechender juristischer Unterstützung auch Haustarifverträge oder betriebliche Allgemeine Vertragsbedingungen (AVB) eingerichtet werden. Hierbei ist zu bedenken, dass AVB kein Haustarif und diesem auch nicht gleichgestellt sind, denn bei Haustarifen ist die Einbindung in eine Gewerkschaft erforderlich.

Arbeitszeitabsenkung als Signal für den Arbeitsmarkt

In der abschließenden Diskussion wurde u.a. die im PATT-Tarifvertrag ausverhandelte Arbeitszeitabsenkung einer Vollzeitstelle auf 38 Stunden pro Woche besprochen. Da diese Entwicklung weiter geht als der TVöD, sprachen Teilnehmende ihre Sorge vor einer ausbleibenden Refinanzierung durch Kostenträger an. Mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit wurde dieser Schritt von den Mitgliedsorganisationen mitgetragen, um den Wünschen der Arbeitnehmenden entgegenzukommen sowie eine Alternative zu begrenzt fortzuführenden Lohnsteigerungen anbieten zu können. Im Rahmen der Kostensatzverhandlungen 2025 wurden nur vereinzelt Irritationen hinsichtlich der Arbeitszeitabsenkung beobachtet. Letztlich sind die Gesamtbedingungen des Tarifwerks zu betrachten und hier liegt der PATT größtenteils auf Augenhöhe mit dem TVÖD. 

Die abschließende Debatte verdeutlichte, dass die Bedeutung der Tarifbindung, durch neue sozialrechtliche Vorgaben und politische Entwicklungen künftig weiter zunehmen dürfte. Daniel Fuchs, Bereichsleiter der Regionalstellen des Paritätischen Sachsen, unterstützt diese Annahme und betont mit Blick auf die gesellschaftlichen Aspekte: „Eine Tarifbindung fördert nicht nur faire Löhne und sichert Arbeitsbedingungen, sondern stärkt auch die Arbeit freier Träger und die Qualität sozialer Dienstleistungen.“


Sie wollen mehr über den Paritätischen Arbeitgeberverband PATT e.V. erfahren? Alle Informationen und Kontakte finden sie auf: www.arbeitgeberverband-patt.de

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news-10814 Thu, 09 Jan 2025 09:21:59 +0100 2.400 in 2024: Ein Jahr voller Wissen und Wachstum https://parisax.de/aktuelles/aktuelles-artikelansicht/news/2400-in-2024-ein-jahr-voller-wissen-und-wachstum/ Die Paritätische Weiterbildung und ihre Projekte, die Selbsthilfeakademie Sachsen und die Ehrenamtsakademie Südwestsachsen, blicken auf ein erfolgreiches Jahr zurück. Ein Überblick in Zahlen und Fakten. Die Paritätische Weiterbildung und ihre Projekte, die Selbsthilfeakademie Sachsen und die Ehrenamtsakademie Südwestsachsen, blicken auf ein erfolgreiches Jahr zurück. Ein Überblick in Zahlen und Fakten:

Insgesamt 2.400 Teilnehmende nutzten 2024 die vielfältigen Weiterbildungsangebote: Die berufliche Weiterbildung zählte dabei 1.430 Teilnehmende, die Selbsthilfeakademie Sachsen 574 und die Ehrenamtsakademie Südwestsachsen 396 Teilnehmende. Rund 2.860 Anmeldevorgänge hat das Team Weiterbildung im letzten Jahr bearbeitet.

Online- und Präsenzveranstaltungen sind gleichauf

Im Laufe des Jahres 2024 führte das Team Weiterbildung 201 Veranstaltungen durch, davon 98 online. Das am häufigsten durchgeführte Angebot war der Kurs „Ein Team gut und erfolgreich führen – Grundlagen der Teamleitung“, der gleich sechs Mal stattfand und insgesamt 81 Teilnehmende auf sich vereinte. 

„Nachdem Online-Seminare in der Pandemie eine dankbare Alternative waren, gehören Sie nun ganz selbstverständlich zu unserem Angebot. Sie werden sehr gut angenommen, weil sie in ihrer Kompaktheit den Anforderungen einer modernen Arbeitswelt gerecht werden“, bilanziert Karolin Amlung, Teamleiterin Weiterbildung beim Paritätischen Sachsen. „Gleichwohl spiegeln uns Teilnehmende den Wunsch nach persönlichem Austausch und stärkerer Vernetzung, dem wir auch weiterhin mit mehrstündigen und intensiven Präsenzseminaren entsprechen.“

Dozent*innen waren sachsen- und bundesweit im Einsatz

Hinter dem Erfolg der Veranstaltungen stehen auch 80 engagierte Dozent*innen, die ihr Wissen in den unterschiedlichen Formaten weitergaben. Dazu zählten auch 32 Inhouseschulungen mit insgesamt 449 Teilnehmenden. Offene Seminare und Inhouseschulungen der Paritätischen Weiterbildung sowie der Projekte Selbsthilfeakademie Sachsen und Ehrenamtsakademie Südwestsachsen fanden an 18 verschiedenen Orten in Sachsen sowie an drei Orten bundesweit statt.

„Unser Dank für dieses erfolgreiche Jahr gilt allen Teilnehmenden, Dozent*innen und Kooperationspartner*innen! Wir freuen uns darauf, gemeinsam mit Ihnen auch 2025 persönlicher und fachlicher Weiterentwicklung den Raum zu bieten, den sie verdient“, betont Karolin Amlung.


Im Weiterbildungsprogramm des Paritätischen Sachsen finden Sie die aktuellen Seminarangebote der beruflichen Weiterbildung, der Ehrenamtsakademie Südwestsachsen und der Selbsthilfeakademie Sachsen für 2025. Das Programm wird laufend ergänzt. 

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