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Änderungen der Abgabenordnung stellen freie Träger vor erhöhte Anforderungen

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Bereits zum Jahresbeginn 2016 trat ein neuer Anwendungserlass zur Abgabenordung (AO) in Kraft. Verschiedene Neuerungen betreffen die Einrichtungen der Wohlfahrtspflege in besonderer Weise und haben mitunter steuerliche Auswirkungen. Wir sprachen darüber mit Simone Zimmermann, Bereichsleiterin Finanzen und Verwaltung des Paritätischen Sachsen.

Frau Zimmermann, ein Verstoß gegen die AO kann für Träger weitreichende Folgen haben. Was muss befürchtet werden?

Zimmermann: Ausgehend von dem sogenannten Rettungsdiensturteil des BFH vom 27.11.2013 muss man im Wesentlichen von zwei grundlegenden Punkten ausgehen:

Steuerbegünstigte Zweckbetriebe dürfen keine Gewinne über den konkreten Finanzierungsbedarf hinaus anstreben, es sei denn, sie kalkulieren einen Inflationsausgleich oder Mittel für die Finanzierung von Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen mit ein. Diese Kalkulation ist schwierig, da das im Vorfeld anzunehmende Ist-Ergebnis bei gemeinnützigen Angeboten nicht punktgenau steuerbar ist. Die erzielten Gewinne im gemeinnützigen Bereich dienen nicht der Mehrung des Vereinsvermögens, sondern helfen, defizitäre Jahre auszugleichen oder andere soziale Angebote auszuweiten.

Erzielte Gewinne bei Angeboten nach § 66 AO dürfen nicht für defizitäre Dienstleistungen anderer Zweckbetriebe nach §§ 65, 67, 67a und 68 AO eingesetzt werden. Die Nichteinhaltung kann zum Verlust der Gemeinnützigkeit führen. Der Verwaltungsaufwand steigt exorbitant, da schlussendlich die Sphäre des Zweckbetriebes noch weiter unterteilt werden muss, um gegenüber den Finanzbehörden den entsprechenden Nachweis zu erbringen. Defizitäre soziale Angebote, die wichtig und notwendig sind, können nach dieser Regel nicht mehr angeboten werden.

Auf welche Organisationen haben die seit Januar 2016 geltenden Änderungen der AO besonderen Einfluss?

Zimmermann: Sie gelten für alle Körperschaften, die nach der Definition der AO ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke, also steuerbegünstigte Zwecke, verfolgen. Konkret sind das Einrichtungen der Wohlfahrtspflege, aber auch Krankenhäuser und einzelne Zweckbetriebe, wie beispielsweise Kindergärten, Altenheime, Pflegeheime, Behindertenwerkstätten – die gesamte Mitgliedschaft des Paritätischen.

Wegen einer fehlenden Übergangsfrist besteht ein erhebliches steuerliches Risiko. Worauf ist besonders zu achten?

Zimmermann: Leider wurde bei der Änderung der AO weder an eine Übergangsfrist noch an die Möglichkeit einer Bagatellgrenze gedacht. Die Änderungen treten mit Bekanntwerden in Kraft, d.h. ab 2016. Damit gibt es keine Möglichkeit mehr, Preise mit einem Inflationsausgleich oder für Modernisierungsmaßnahmen zu kalkulieren. Alle Einrichtungen haben die Wirtschaftspläne erstellt und somit die Finanzierungsmöglichkeiten ausgelotet. Evtl. wurde eine Querfinanzierung für defizitäre Bereiche vorgesehen.

Ich empfehle jeder Einrichtung, sich mit dem jeweiligen Steuerberater in Verbindung zu setzen und die Möglichkeiten der Umsetzung der AO zu besprechen. Wie schlussendlich jede der Finanzbehörden die Änderung der AO umsetzt, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht beurteilt werden. Ggf. kann man mit dem zuständigen Finanzamt eine Übergangsfrist vereinbaren.

 

Veranstaltungshinweis:

Der Paritätische Sachsen bietet seinen Mitgliedsorganisationen am 2. September 2016 die Veranstaltung „Der geänderte Anwendungserlass zur Abgabenordnung – Folgen für steuerbegünstigte Träger“ an. Der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Andreas Franke erläutert dort die wichtigsten Änderungen und steht für Fragen zur Verfügung.

Näheres zu den Inhalten und zur Anmeldung lesen Sie hier