Unternehmen der Sozialwirtschaft befinden sich stärker denn je in Spannungsfeldern der Ungewissheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit. Veränderungsbedingungen nehmen rasant zu und werden zugleich in hoher Beschleunigungsdichte erlebt. Agiles Führen könne ein Schlüssel sein, diese Situationen gut zu meistern, meint die Organisationsberaterin Dr. Beate Hilbert.
Pflegestärkungsgesetze, Kinder- und Jugendschutz und Beteiligung der Klient*innen stehen ebenso wie die Datenschutzgrundverordnung oder das neue Teilhabeverfahren in der Eingliederungshilfe exemplarisch für erlebte Dilemmata oder geäußerte Überforderung von Führungskräften und Beschäftigten.
Agilität ist nicht alles, scheint jedoch eine Antwort auf diese anstehende Aufgabenflut zu sein. Dabei handelt es sich um eine Haltung, die sich – wenn sie ernst genommen wird – durch das gesamte Unternehmen zieht. Grundsätzlich steht Agilität für die Fähigkeit, sich rasch an neue Gegebenheiten anzupassen, aufkeimende Chancen zu erkennen und darauf flexibel zu reagieren.
Mut haben, loszulassen.
Dafür braucht es Mut zu neuen Erfahrungen, Mut zum Versuch und den Mut, anzufangen. Deshalb muss agiles Führen bereits auf der obersten Führungsebene gelebt werden und mit kurzen Entscheidungswegen sowie schlanken Strukturen einhergehen. Will man Wendigkeit und Vitalität tatsächlich langfristig als Merkmale seines Unternehmens etablieren, braucht es größere Freiräume für die Entscheidungen der Einzelnen. Dafür bedarf es an anderer Stelle den Mut, loszulassen. Grundsätzlich geht es um eine Kultur des Vertrauens, in der die offene Kommunikation und Zusammenarbeit über Teams und Funktionssysteme hinweg Alltag wird. Auch in Ihrer Belegschaft funktioniert das.
Wenn Sie sich für agiles Führungshandeln entscheiden, klären Sie vorher, was sie wirklich wollen und wozu sie tatsächlich bereit sind. Können und sollen Sachzwänge für Veränderungen gegenüber der Belegschaft transparent gemacht werden? Sind Führungskräfte neugierig und lassen Fehler zu? Wollen sie die Mitarbeiter*innen mitnehmen und sich Zeit nehmen, aktiv zuzuhören?
Eine Stellschraube für Mitarbeiter*innenbindung
Der Blick über den Tellerrand in branchenfremde Unternehmen zeigt, dass mit einem neuen Führungsstil die Begeisterung aller neu entfacht und Teams zum Erfolg geführt werden können. Ich bin inzwischen davon überzeugt, dass es eine der wesentlichsten Stellschrauben für Mitarbeiter*innengewinnung und -bindung ist.
Wenn Menschen eigenständig und ganzheitlich agieren können, kommen sie aus dem Silodenken heraus und es entstehen gemeinsame Handlungsansätze. Agiles Handeln befähigt, schnell zu reagieren, kundenorientiert zu agieren und die Prozesse an aktuelle Herausforderungen nachhaltig anzupassen.
Die Autorin: Dr. Beate Hilbert ist systemische Organisationsberaterin und Expertin für Teamentwicklung. Zudem gibt sie ihre langjährige Führungserfahrung in der Alten-, Jugend- und Eingliederungshilfe in Weiterbildungen weiter: www.parisax.de/weiterbildung
Der Artikel erschien zuerst in der Ausgabe 1.2019 unseres Verbandsmagazins anspiel.