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Aktueller Stand zur Diskussion um die Anerkennung der mittelbaren pädagogischen Arbeitszeit

Der Staatsminister für Kultus, Herr Piwarz, hat sich dafür entschieden, als nächsten Schritt der Qualitätsverbesserung in sächsischen Kitas die mittelbare pädagogische Arbeit anzuerkennen und gesetzlich zu verankern.

Einschätzung des Paritätischen Sachsen

Der Paritätische Sachsen begrüßt, dass durch die nach zwölfjähriger Einführung des Sächsischen Bildungsplanes dringend erforderliche mittelbaren pädagogischen Zeit nunmehr gesetzlich verankert wird. Wurde diese doch bislang häufig zu Lasten der Betreuungszeiten für die Kinder oder sogar als ehrenamtliche Tätigkeit erledigt.

Die Zielstellung der Liga (und auch des Paritätischen) liegt bei 4 Stunden pro Fachkraft, so dass dieser Schritt nur ein erster sein kann. Unserer Ansicht nach wird sich dieser Schritt nicht nur positiv auf die Qualität in den Kitas und Arbeitsbedingungen der Fachkräfte auswirken. Die Maßnahme kann auch dazu beitragen, die Wogen in der Diskussion um die Qualität in der frühkindlichen Bildung etwas zu glätten und förderlich auf Wahrnehmung der politische handelnden Akteure insgesamt wirken.

Kritisch sehen wir die vorgesehene Koppelung des Umfangs der mittelbaren pädagogischen Arbeitszeit an den 40 Stunden-Umfang. Laut Statistischem Landesamt sind lediglich 18 Prozent der pädagogischen Fachkräfte in Sachsens Kitas Vollzeitbeschäftigte, die den Anspruch auf zwei Stunden mittelbare pädagogische Arbeit pro Woche erhalten würden.

Somit würden 82 Prozent nur im geringeren Maße von der begrüßenswerten Ressourcenausstattung profitieren. Das bedeutet, die mittelbaren pädagogischen Tätigkeiten würden von der Mehrheit der Fachkräfte nur prozentual umgesetzt werden können. Im Effekt könnten auch innerhalb der Einrichtungen Schieflagen bei der praktischen Umsetzung entstehen; so beispielsweise bei Teamsitzungen oder Elterngespräche, an der die pädagogische Fachkraft dann nur anteilsmäßig teilnehmen.

Auch mit Blick auf die aktuelle Fachkraftsituation und insbesondere auf die Fachkraftbindung und die sogenannte Generation „Z“ sehen wir die vorliegende Regelung als wenig tragbar. Wissenschaftliche Studien (z.B. 2016 Stefan Lake, Country Manager Universum Deutschland) belegen, dass die kommende Generation ihren Fokus u.a. mehr auf einen attraktiven und sicheren Arbeitsplatz, eine ausgewogene Work-Life-Balance und ein gutes Arbeitsklima als auf eine Vollzeitstelle mit 40 Arbeitsstunden pro Woche legt.

Darüber hinaus weisen wir daraufhin, dass es für den Bereich der Kindertagespflege ebenso eine Regelung für die mittelbare pädagogische Arbeitszeit geben muss.

Im Rahmen des Anhörungsverfahrens zur Änderung des Sächsischen Gesetzes zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen haben wir uns ergänzend zur Liga-Stellungnahme mit einer schriftlichen Stellungnahme geäußert. Die Ergänzung unseres Verbandes ist als Anlage beigefügt.

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Nachfolgend wird Näheres zu den Befragungsergebnissen, dem konkreten Umsetzungsentwurf des SMK und dessen Auswirkungen, sowie den Einbringungsmöglichkeiten zum vorgelegten Entwurf zur Umsetzung der mittelbaren pädagogischen Arbeitszeit dargelegt.

Hintergrund

Vom 13. April bis 01. Mai 2018 führte das SMK eine Kita-(online) Umfrage zur frühkindlichen Bildung durch, an der Kita-Leitungen, pädagogischen Fachkräfte und Eltern der Kitakinder teilnehmen und ihre Prioritäten zu Maßnahmenvorschlägen mitteilen konnten, die im Doppelhaushalt 2019/2020 umgesetzt werden sollen.

Unter Leitung von Prof. Hagen / TU Dresden wurden die Ergebnisse der Umfrage ausgewertet. Das Resultat wurde wie folgt zusammengefasst:

Die Teilnehmer*innen sprechen sich deutlich für eine Qualitätsverbesserung der frühkindlichen Bildung aus, indem den Kitas mehr Personal zur Verfügung gestellt wird.

Mit Abstand lagen dabei folgende Vorschläge vorn:

  • mehr Vor- und Nachbereitungszeiten für Fachkräfte
  • Verbesserung des Personalschlüssels

Für mehr sogenannte Vor- und Nachbereitungszeit (mittelbare pädagogische Arbeitszeit) votierten die Kita-Leitungen mit 87 Prozent; die Erzieher*innen mit 83 und Eltern mit 62 Prozent.

In dem für die Umfrage einberufenen Beirat sprach sich dieser im Anschluss der Befragung dafür aus, die Anerkennung der mittelbare pädagogische Zeit als nächsten Schritt zur Verbesserung der Rahmenbedingungen zu verankern.

Eine wesentliche Aussage in der Befragung ist die Abstimmung der Eltern hinsichtlich der Elternbeitragsfreiheit. Sie bewerten die Verbesserung der Qualität in Kitas höher als die Möglichkeit der Elternbeitragsfreiheit.

Regierungsentwurf für den Doppelhaushalt 2019/2020

Am 22.06.2018 stellte die Staatsregierung den Regierungsentwurf für den Doppelhaushalt 2019/2020 vor. Mit einem Haushaltsvolumen von 20,1 Mrd. EUR in 2019 und 20,6 Mrd. EUR in 2020 würde erstmals die Marke von 20 Mrd. EUR pro Jahr überschritten.

Die Staatsregierung betont darin, dass Bildungsqualität bei der frühkindlichen Bildung beginnt und Erzieher*innen künftig mehr Vor- und Nachbereitungszeit erhalten sollen. Dafür will der Freistaat insgesamt 100 Mio. EUR in den nächsten beiden Jahren zur Verfügung stellen.

Umsetzung

Die Änderung des Sächsischen Gesetzes zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen (SächsKitaG) wird im Rahmen der begleitende Regelung zum Doppelhaushalt 2019/20 (Haushaltsbegleitgesetz 2019/2020) vorgenommen und setzt das o.g. beschlossene Vorhaben lt. Regierungsentwurf für den Doppelhaushalt 2019/2020 um.

Für die Umsetzung im SächsKitaG liegt folgender Entwurf vor:

Artikel 21

Änderung des Sächsischen Gesetzes zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen

Das Gesetz über Kindertageseinrichtungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 15.

Mai 2009 (SächGVBl. S. 225), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 29. April 2015

(SächsGVBl. S. 349, 352) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

§ 12 Absatz 2 wird wie folgt geändert:

b)  Folgende Nummer 5 wird angefügt:

5. „  0,0525 vollbeschäftigte pädagogische Fachkraft für die mittelbare pädagogische Tätigkeit für je eine einzusetzende vollbeschäftigte pädagogische Fachkraft nach Nummer 1 bis 3. Der sich für die Kindertageseinrichtung ergebende Gesamtumfang für mittelbare pädagogische Tätigkeiten wird den pädagogischen Fachkräften anteilig entsprechend ihres Beschäftigungsumfangs zugeordnet.“

Die finanziellen Auswirkungen dieser Änderungen für die Landeszuschüsse wird in den nachfolgenden Punkten 2 – 4 beschrieben.

Im Artikel 22 „Inkrafttreten“ heißt es weiter:

„(2) Artikel 21 tritt am 1. Juni 2019 in Kraft.

Was würde diese Regelung bedeuten?

Einerseits verbessert sich der Personalschlüssel für alle Einrichtungsarten und die

zusätzlichen VzÄ für mittelbare pädagogische Tätigkeiten sind bereitzustellen.

Andererseits würden mit der Umsetzung nur der pädagogischen Fachkraft mit einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden zwei zusätzliche Stunden für mittelbare pädagogische Tätigkeiten zur Verfügung stehen. Pädagogische Fachkräfte mit weniger als 40 Wochenstunden würden anteilmäßig auch weniger Zeit für mittelbare pädagogische Tätigkeiten zur Verfügung stehen.

In der Begründung zur Gesetzesänderung werden insbesondere folgenden Tätigkeiten für die mittelbare pädagogische Zeit benannt:

  • Teamberatung, kollegiale Fallberatung, Supervision 
  • Dokumentation der Bildungsprozesse und Entwicklungsverläufe der Kinder
  • Qualitätssicherung und -entwicklung 
  • Planung, Vor- und Nachbereitung von Bildungsaktivitäten und –projekten
  • Planung der individuellen Förderung von Kindern
  • Vorbereitung und Durchführung von Entwicklungsgesprächen
  • Teilnahme an Fachberatungen
  • Zusammenarbeit mit Personensorgeberechtigten 
  • Organisation und Durchführung von Elternzusammenkünften 
  • Kooperation mit verschiedenen Institutionen 
  • Teilnahme an einrichtungs- und trägerübergreifenden Arbeitskreisen und Fachgruppen.

Parlamentarisches Vorgehen

Der Regierungsentwurf zum Doppelhaushalt 2019/2020 wird am 16. August in den Landtag eingebracht und anschließend in den Ausschüssen beraten.

Einbringung

Diese Zeitfenster gibt allen Bürger*innen (und Trägern von Kindertageseinrichtungen) die Möglichkeit, ihre Meinung zum Haushaltsentwurf mit den Landtagsabgeordneten zu diskutieren und Änderungsvorschläge einzubringen. Eine Einladung zum Elternstammtisch oder ein Besuch im Büro des Landtagsabgeordneten im jeweiligen Wahlkreis wären eine Möglichkeit.

Eine Übersicht der Abgeordneten des Sächsischen Landtages der 6. Wahlperiode 2014 – 2019 finden Sie unter:

https://www.landtag.sachsen.de/de/abgeordnete-fraktionen/abgeordnete/index.cshtml

Die Wahlkreisaufteilung und eine Tabelle der Anschriften der Abgeordneten liegen diesem Schreiben ebenfalls bei.

Anlage

Ergänzende Stellungnahme des Paritätischen Sachsen
Übersicht der Wahlkreise
Anschriften der Md

 

Maria Groß / Referentin Bildung
Paritätischer Sachsen