Seminare und Bildungstage sind fester Bestandteil eines Freiwilligendienstes. Doch 2020 war alles anders. Auch die Paritätischen Freiwilligendienste mussten sich hinsichtlich der Bildung den neuen Gegebenheiten anpassen, wie Bereichsleiterin Katrin Ventzke berichtet.
Insgesamt 25 Seminartage verbringen Freiwillige zusammen in meist größeren Gruppen von 20 bis 30 Personen. Neben dem jeweiligen Weiterbildungsthema ist es vor allem der Austausch über das Erlebte in den Einsatzstellen oder die Diskussion gesellschaftlicher Fragen, was diese Bildungstage ausmacht. Mitte März war jedoch klar, dass die lange im Voraus geplanten Seminare und Bildungstage nicht in der bisherigen Form stattfinden können. Sie abzusagen war besonders schmerzhaft, da die Vorbereitungsgruppen bereits viel Arbeit in die Gestaltung investiert hatten. Interessante Seminarprogramme fielen im März 2020 ebenso aus wie die ersehnten Begegnungen. Die Prioritäten hatten sich verschoben. An oberste Stelle traten nun der Gesundheitsschutz und das solidarische Verhalten, insbesondere gegenüber Risikogruppen.
Anstatt der Seminartage wurde der Kontakt zu allen Freiwilligen und Einsatzstellen über andere Kommunikationswege wie Telefon, E-Mail und Videokonferenzen intensiviert. Ging es anfangs noch um das Vermitteln von Sicherheit, die neuen Regelungen und die Kontaktpflege, so diskutierte das Team schon bald über digitale Bildungsangebote. Dafür wurden unterschiedliche Plattformen und Tools getestet und ab Mai starteten die ersten Online-Seminare. Die Versuche reichten von Tagesveranstaltungen bis hin zu ganzen Seminarwochen, in denen Freiwillige sich über Videokonferenzen an Workshops und Praxisreflexionsrunden beteiligten. Viele Freiwillige waren dankbar, wieder im Austausch sein zu können, neue Anregungen zu bekommen und insbesondere ihre Corona-Erfahrungen zu teilen. Seit Juni finden wieder Präsenzseminare statt. Die Gruppen sind kleiner, aber umso motivierter.
Für viele Freiwillige ist die Präsenzbildung unverzichtbar, wie das Ergebnis einer aktuellen Befragung unserer Freiwilligen zeigt. Sie erleben Bildungstage als produktiv, motivierend und erfahrungsintensiv. Besonders dem persönlichen Kontakt zu anderen Freiwilligen wird eine hohe Bedeutung beigemessen, um die eigene Sichtweise mit neuen Perspektiven zu ergänzen. Aber auch die digitalen Angebote wurden durchaus positiv bewertet, denn wegfallende Anreisen erlauben eine bessere Vereinbarkeit mit familiären Verpflichtungen und ermöglichen zum Beispiel die Teilhabe für Risikogruppen. Voraussetzung dabei ist die gute technische Ausstattung aller Beteiligten.
Corona hat uns gestresst. Jetzt wollen wir stressfrei prüfen, wie wir auch mit digitalen Angeboten Freiwillige erreichen können, die wir bisher weniger erreicht haben. Hier wollen wir Übungsräume für digitales Lernen schaffen. Genauso ist uns jedoch noch einmal deutlich geworden, wie kostbar miteinander verbrachte Zeit ist. Wenn Bildung ausfällt, dann fehlt uns die wertvolle Begegnung. Sie vermittelt Anerkennung und Stärkung, die für Freiwilligendienste unverzichtbar sind. Gleichzeitig gilt: Digitale Angebote können den persönlichen Kontakt nicht ersetzen, aber gut ergänzen.
Der Artikel erschien zuerst in der Septemberausgabe 2020 des Verbandsmagazins anspiel.
Das gesamte Heft "Corona - und was nun?" lesen Sie hier.