X

Wir verwenden Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige sind notwendig, während andere uns helfen, diese Website und Ihre Erfahrung zu verbessern.

Kontaktaufnahme

Anlehnung an den TVöD – Was bedeutet das eigentlich?

Symbolbild: Zusammenarbeit im Team

Im Sinne besserer Vergleichbarkeit lehnen sich viele freie Träger an den TVöD an. Gleichzeitig kämpfen sie jedoch mit hohen Kosten und begrenzter Refinanzierung. Eine gemeinsame Veranstaltung des Paritätischen Sachsen und des Arbeitgeberverbandes PATT erläuterte Vorteile, Risiken und Alternativen.

Soziale Organisationen stehen zunehmend vor der Herausforderung, attraktive Arbeitsbedingungen zu bieten und gleichzeitig wirtschaftlich stabil zu bleiben. Die Orientierung an den Standards des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) erscheint oft als vielversprechender Weg. Dieser birgt jedoch auch Risiken. Um diese Aspekte näher zu beleuchten, veranstalteten die Regionalstellen des Paritätischen Sachsen in Kooperation mit dem Paritätischen Arbeitgeberverband PATT e.V. zwei Informationsveranstaltungen, auf denen rechtliche, organisatorische und finanzielle Fragen einer Tarifanlehnung im Fokus standen.

Chancen und Risiken der TVöD-Anlehnung für freie Träger

„Viele soziale Organisationen setzen die Arbeitsbedingungen des TVöD um, ohne allerdings selbst tarifgebunden zu sein. Eine TVöD-Anlehnung bietet unter anderem Transparenz und eine Vergleichbarkeit mit anderen Organisationen sowie die Möglichkeit, nur die wesentlichen Elemente des Tarifwerks zu nutzen. Diese Flexibilität hilft dabei, spezifische Teile der Regelungen an eigene Bedürfnisse anzupassen, was im Vergleich zur vollständigen Tarifbindung Einsparpotenziale bietet“, fasste Anne Daburger, Geschäftsführerin des PATT, einleitend die Vorteile einer Anlehnung zusammen.

In der jüngeren Vergangenheit zeigt sich allerdings, dass beispielsweise bei Sonderzahlungen - wie zu Corona-Zeiten - oder bei rückwirkenden Tarifänderungen durchaus Risiken bestehen. Denn wird die Anlehnung dynamisch gestaltet, muss jede Änderung des TVöD sofort in die betrieblichen Regelungen übernommen werden. Das kann bei kurzfristigen Anpassungen hohe Personal- und Verwaltungsaufwände verursachen. Bei rückwirkenden Tarifänderungen sind plötzlich anfallende Anpassungskosten zudem kaum kalkulierbar. 

Darüber hinaus stoßen gerade Träger in der Kinder- und Jugendhilfe oder der Pflege bei der Refinanzierung an Grenzen, da sozialrechtliche Regelungen und das Besserstellungsverbot ihre Möglichkeiten oft einschränken und zu Unsicherheiten führen.

Auch die Gestaltung der Bezugnahmeklausel in Arbeitsverträgen stellt eine zentrale Herausforderung dar. Unterschiedliche Regelungen – ob statisch oder dynamisch – bedürfen einer juristischen Prüfung und präzisen Formulierung, um im Arbeitsrecht Bestand zu haben und Missverständnisse zu vermeiden. Diese juristische Begleitung bzw. Prüfung ist den meisten freien Trägern nicht möglich.

Der zentrale Unterschied zwischen einer Anlehnung und einer Tarifbindung liegt des Weiteren darin, dass anlehnende Organisationen keinen Einfluss auf Tarifverhandlungen sowie die inhaltliche Gestaltung des Tarifvertrages haben. Anpassungen wie Lohnerhöhungen oder Arbeitszeitregelungen müssen gegebenenfalls übernommen werden, ohne dass sich anlehnende Organisationen diese Entwicklungen mitgestalten können.

Alternativen zur Anlehnung: PATT-Tarifwerk und Haustarifverträge

In der Folge wurden auch Alternativen zur Anlehnung diskutiert. Ein möglicher Weg ist die Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband wie beispielsweise dem PATT e.V., der ein eigenes Tarifwerk für die Sozialwirtschaft anbietet. Dieses ermöglicht eine schlanke und flexible Tarifstruktur, die wesentliche arbeitsvertragliche Inhalte regelt, ohne dass detaillierte Anpassungen erforderlich sind. 

Anne Daburger betonte: „Als Tarifpartner kennen wir die spezifischen Herausforderungen der Sozialwirtschaft und können zusammen mit unseren Mitgliedern den Rahmen für attraktive und zukunftssichere Arbeitsbedingungen weiterentwickeln. Damit wird die Soziale Arbeit auch im arbeitsrechtlichen Sinne als attraktives Betätigungsfeld präsentiert.“ 

Alternativ können mit entsprechender juristischer Unterstützung auch Haustarifverträge oder betriebliche Allgemeine Vertragsbedingungen (AVB) eingerichtet werden. Hierbei ist zu bedenken, dass AVB kein Haustarif und diesem auch nicht gleichgestellt sind, denn bei Haustarifen ist die Einbindung in eine Gewerkschaft erforderlich.

Arbeitszeitabsenkung als Signal für den Arbeitsmarkt

In der abschließenden Diskussion wurde u.a. die im PATT-Tarifvertrag ausverhandelte Arbeitszeitabsenkung einer Vollzeitstelle auf 38 Stunden pro Woche besprochen. Da diese Entwicklung weiter geht als der TVöD, sprachen Teilnehmende ihre Sorge vor einer ausbleibenden Refinanzierung durch Kostenträger an. Die PATT-Geschäftsführerin verwies jedoch darauf, dass der öffentliche Dienst in naher Zukunft sehr wahrscheinlich auf 37 Stunden pro Woche für eine Vollzeitstelle gehen werde. Mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit sei dieser frühzeitige Schritt daher wichtig, um den Wünschen der Arbeitnehmenden entgegenzukommen sowie eine Alternative zu begrenzt fortzuführenden Lohnsteigerungen anbieten zu können. 

Die abschließende Debatte verdeutlichte, dass die Bedeutung der Tarifbindung, durch neue sozialrechtliche Vorgaben und politische Entwicklungen künftig weiter zunehmen dürfte. Daniel Fuchs, Bereichsleiter der Regionalstellen des Paritätischen Sachsen, unterstützt diese Annahme und betont mit Blick auf die gesellschaftlichen Aspekte: „Eine Tarifbindung fördert nicht nur faire Löhne und sichert Arbeitsbedingungen, sondern stärkt auch die Arbeit freier Träger und die Qualität sozialer Dienstleistungen.“


Sie haben Fragen zum Tarif des Arbeitgeberverbandes PATT e.V.? Informationen dazu sowie zu weiteren Themen rund um Tarif, Vergütung und Personalfragen lesen Sie auf: www.arbeitgeberverband-patt.de