Im Sinne besserer Vergleichbarkeit lehnen sich viele freie Träger an einen Tarifvertrag, z.B. den TVöD an. Gleichzeitig kämpfen sie jedoch mit hohen Kosten und begrenzter Refinanzierung. Zwei gemeinsame Veranstaltungen des Paritätischen Sachsen und des Arbeitgeberverbandes PATT erläuterten Vorteile, Risiken und Alternativen.
Soziale Organisationen stehen zunehmend vor der Herausforderung, attraktive Arbeitsbedingungen zu bieten und gleichzeitig wirtschaftlich stabil zu bleiben. Die Orientierung an den Standards eines Tarifvertrages - häufig am Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) - erscheint oft als vielversprechender Weg. Dieser birgt jedoch auch Risiken. Um diese Aspekte näher zu beleuchten, veranstalteten die Regionalstellen des Paritätischen Sachsen in Kooperation mit dem Paritätischen Arbeitgeberverband PATT e.V. zwei Informationsveranstaltungen, auf denen rechtliche, organisatorische und finanzielle Fragen einer Tarifanlehnung im Fokus standen.
Chancen und Risiken der TVöD-Anlehnung für freie Träger
„Viele soziale Organisationen setzen die Arbeitsbedingungen des TVöD ganz oder teilweise um, ohne selbst tarifgebunden zu sein. Eine TVöD-Anlehnung bietet unter anderem Transparenz und eine Vergleichbarkeit mit anderen Organisationen sowie die Möglichkeit, nur die für ein Unternehmen wichtigen und tragbaren Elemente des Tarifwerks zu nutzen. Diese Flexibilität hilft dabei, spezifische Teile der Regelungen an eigene Bedürfnisse anzupassen, was im Vergleich zur vollständigen Tarifbindung Vorteile bieten kann“, fasste Anne Daburger, Geschäftsführerin des PATT, einleitend die Vorteile einer Anlehnung zusammen.
In der jüngeren Vergangenheit zeigt sich allerdings, dass beispielsweise bei Sonderzahlungen - wie zu Corona-Zeiten - oder bei rückwirkenden Tarifänderungen durchaus Risiken bestehen. Denn wird die Anlehnung dynamisch gestaltet, muss die Änderung des TVöD unmittelbar in die betriebliche Praxis übernommen werden. Das kann bei kurzfristigen Anpassungen hohe Personal- und Verwaltungsaufwände verursachen. Bei rückwirkenden Tarifänderungen sind plötzlich anfallende Anpassungskosten zudem kaum kalkulierbar. Kommt eine Globalverweisung hinzu, in der man sich an einen Tarifvertrag insgesamt anlehnt, sind alle dortigen Regelungen und Änderungen zu beachten.
Die Gestaltung der Bezugnahmeklausel in Arbeitsverträgen stellt daher eine zentrale Herausforderung dar. Unterschiedliche Regelungen – ob statisch oder dynamisch, ob global oder in Teilen verweisend – bedürfen einer juristischen Prüfung und präzisen Formulierung, um im Arbeitsrecht Bestand zu haben und Missverständnisse zu vermeiden. Diese juristische Begleitung bzw. Prüfung sollte im Hinblick auf personelle und finanzielle Ressourcen mit eingeplant werden.
Der zentrale Unterschied zwischen einer Anlehnung und einer Tarifbindung liegt darin, dass anlehnende Organisationen keinen Einfluss auf Tarifverhandlungen sowie die inhaltliche Gestaltung des Tarifvertrages haben. Anpassungen wie Tarifsteigerungen oder Arbeitszeitregelungen, Urlaubstage oder die Höhe der Jahressonderzahlung müssen gegebenenfalls übernommen werden, ohne dass sich anlehnende Organisationen diese Entwicklungen mitgestalten können.
Alternativen zur Anlehnung: PATT-Tarifwerk und Haustarifverträge
So wurden auch Alternativen zur Anlehnung diskutiert. Ein möglicher Weg ist die Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband, wie beispielsweise dem Paritätischen Arbeitgeberverband PATT e.V., der ein eigenes Tarifwerk für die Sozialwirtschaft anbietet. Dieses ermöglicht eine schlanke und flexible Tarifstruktur, die wesentliche arbeitsvertragliche Inhalte regelt, ohne dass detaillierte Anpassungen erforderlich sind.
Anne Daburger betonte: „Als Tarifpartner kennen wir die spezifischen Herausforderungen der Sozialwirtschaft und können zusammen mit unseren Mitgliedern den Rahmen für attraktive und zukunftssichere Arbeitsbedingungen weiterentwickeln. Damit wird die Soziale Arbeit auch im arbeitsrechtlichen Sinne als attraktives Betätigungsfeld präsentiert.“
Alternativ können mit entsprechender juristischer Unterstützung auch Haustarifverträge oder betriebliche Allgemeine Vertragsbedingungen (AVB) eingerichtet werden. Hierbei ist zu bedenken, dass AVB kein Haustarif und diesem auch nicht gleichgestellt sind, denn bei Haustarifen ist die Einbindung in eine Gewerkschaft erforderlich.
Arbeitszeitabsenkung als Signal für den Arbeitsmarkt
In der abschließenden Diskussion wurde u.a. die im PATT-Tarifvertrag ausverhandelte Arbeitszeitabsenkung einer Vollzeitstelle auf 38 Stunden pro Woche besprochen. Da diese Entwicklung weiter geht als der TVöD, sprachen Teilnehmende ihre Sorge vor einer ausbleibenden Refinanzierung durch Kostenträger an. Mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit wurde dieser Schritt von den Mitgliedsorganisationen mitgetragen, um den Wünschen der Arbeitnehmenden entgegenzukommen sowie eine Alternative zu begrenzt fortzuführenden Lohnsteigerungen anbieten zu können. Im Rahmen der Kostensatzverhandlungen 2025 wurden nur vereinzelt Irritationen hinsichtlich der Arbeitszeitabsenkung beobachtet. Letztlich sind die Gesamtbedingungen des Tarifwerks zu betrachten und hier liegt der PATT größtenteils auf Augenhöhe mit dem TVÖD.
Die abschließende Debatte verdeutlichte, dass die Bedeutung der Tarifbindung, durch neue sozialrechtliche Vorgaben und politische Entwicklungen künftig weiter zunehmen dürfte. Daniel Fuchs, Bereichsleiter der Regionalstellen des Paritätischen Sachsen, unterstützt diese Annahme und betont mit Blick auf die gesellschaftlichen Aspekte: „Eine Tarifbindung fördert nicht nur faire Löhne und sichert Arbeitsbedingungen, sondern stärkt auch die Arbeit freier Träger und die Qualität sozialer Dienstleistungen.“
Sie wollen mehr über den Paritätischen Arbeitgeberverband PATT e.V. erfahren? Alle Informationen und Kontakte finden sie auf: www.arbeitgeberverband-patt.de