Die arbeitsweltbezogene Jugendsozialarbeit unterstützt Jugendliche am Übergang von der Schule zum Beruf. Über die Chancen für Betroffene und das Potential für den Arbeitsmarkt sprachen wir mit Kristin Höfler, Referentin für Arbeit und Beschäftigung.
Frau Höfler, zum „Tag der Bildung“ stand dieses Jahr der Übergang von der Schule zur Ausbildung und ins Erwerbsleben im Mittelpunkt. Ein Thema auch für Sachsen?
Kristin Höfler: Ja, denn dieser Übergang gelingt nicht allen ohne Weiteres. Besonders schwer haben es junge Menschen, die keinen Schulabschluss schaffen. Sachsen hat im bundesweiten Vergleich eine der höchsten Schulabbrecherquoten. Allein 2021 blieben sachsenweit 2.800 Schüler*innen ohne Hauptschulabschluss. Das ist fast jeder Zehnte eines Jahrgangs! Es geht aber nicht nur um die Unterstützung bei fehlendem Schulabschluss, sondern auch um andere Lebenssituationen. Das können Schulverweigerung aufgrund von Leistungsdruck oder Mobbing sein, eine psychische Erkrankung, Fluchterfahrung, Probleme in der Familie, Armut oder gar Wohnungslosigkeit.
Unser Ziel muss es sein, niemanden zurückzulassen, neue Bildungsangebote zu schaffen und durch Soziale Arbeit das Potential eines jeden Menschen zu fördern. Andernfalls droht vielen Betroffenen Perspektivlosigkeit und ohne Arbeit auch Armut. Es kann nicht in unserem Interesse sein, dass junge Leute dauerhaft auf Sozialleistungen angewiesen sind. Vielmehr gilt es, sie dabei zu unterstützen, ihren Lebensunterhalt selbstbestimmt zu verdienen und beispielsweise eine Ausbildung aufzunehmen, die sie motiviert. Das stärkt in Zeiten von Personalmangel auch den sächsischen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt.
Was kann die arbeitsweltbezogene Jugendsozialarbeit hierbei bewirken?
Kristin Höfler: Sie unterstützt junge Menschen in ihrer Entwicklung und bei ihrem Weg in eine Ausbildung oder in Arbeit. Mit den Betroffenen werden Perspektiven entwickelt. Es geht darum, Selbstvertrauen zu stärken, nach persönlichen Rückschlägen wieder eigene Erfolge zu erleben und Klarheit zu bekommen, was man will und wo die eigenen Stärken liegen. Im Mittelpunkt stehen dabei die individuelle Unterstützung durch Beratung und Begleitung sowie praxisorientiertes Lernen, zum Beispiel in Jugendwerkstätten oder Produktionsschulen. Diese sozialpädagogisch begleiteten Angebote am Übergang von Schule zum Beruf zeigen nachweislich Wirkung.
Wie kann Sachsen die arbeitsweltbezogene Jugendsozialarbeit bis 2030 stärken?
Kristin Höfler: Vor allem müssen Angebote, die aktuell über den Europäischen Sozialfonds gefördert werden, langfristig bestehen bleiben. Die laufende Förderperiode endet 2027 und noch ist unklar, wie es in Zukunft weitergeht. Vielen Angeboten kann das Aus drohen, wenn wir nicht frühzeitig über Perspektiven außerhalb der ESF-Förderung nachdenken - beispielsweise über ein entsprechendes Landesprogramm. In Zeiten klammer Kassen in den Kommunen muss der Freistaat sozialpädagogische Hilfen für Jugendliche am Übergang ins Arbeitsleben mitfinanzieren, denn die Städte und Gemeinden können diese wichtige Aufgabe nicht allein stemmen. Wir werden dranbleiben, damit im Jahr 2030 benachteiligte Jugendliche in Sachsen bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben als heute. Und ich bin überzeugt, davon profitieren nicht nur die Betroffenen, sondern wir alle.
So soll die arbeitsweltbezogene Jugendsozialarbeit bis 2030 gestaltet sein:
- Die Sächsischen Ministerien für Kultus, Wirtschaft und Soziales verfolgen über ein Landesförderprogramm eine gemeinsame Strategie bei der Integration benachteiligter Jugendlicher in den Arbeitsmarkt.
- Das Programm orientiert sich an der Fachempfehlung des Landesjugendhilfeausschusses zur arbeitsweltbezogenen Jugendsozialarbeit im Freistaat Sachsen.
- Es gibt ausreichend Angebote für junge Menschen, die Unterstützung beim Übergang von der Schule in die Ausbildung oder ins Erwerbsleben benötigen.
Lesen Sie hier das Positionspapier zur arbeitsweltbezogenen Jugendsozialarbeit.
Kontakt
Kristin Höfler (Referat Arbeit und Beschäftigung)
Tel.: 0351 - 828 71 141
E-Mail: kristin.hoefler(at)parisax.de
Das Interview führte Tina Siebeneicher, Referentin für Verbandskommunikation.