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Asyl: Es gibt wirkungsvollere Ansätze als die Idee von AnKER-Zentren

Spielfiguren verschiedener Farben stehen bunt vermischt auf einem weißen Untergrund. Sie symbolisieren Vielfalt, Miteinander und Integration.

Die geplanten AnKER-Zentren werden die Qualitätsentwicklung der Asylverfahren nicht positiv beeinflussen. Vielmehr sollte an der Qualität bestehender Verfahren gearbeitet werden, um mehr Rechtssicherheit zu erlangen und langwierige Widerspruchsverfahren zu vermeiden. Eine örtliche Zusammenlegung bringt diesbezüglich keine Effekte. Zudem sollte eine unabhängige Beratung den Menschen alternative Perspektiven aufzeigen.

Laut Koalitionsvertrag sollen die AnKER-Zentren einen Beitrag zu höherer Qualität von Asylverfahren leisten. Es gehe darum, dass Asylverfahren „schnell, umfassend und rechtssicher bearbeitet werden.“ Inwieweit AnKER-Zentren dies zu leisten vermögen, ist jedoch zweifelhaft, zumal bereits 2017 die durchschnittliche Verfahrensdauer bei Neuanträgen laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) auf unter drei Monate gesenkt werden konnte. Eine schnellere Bearbeitung ist unter Berücksichtigung der individuellen Lebenssituationen Asylsuchender kaum leistbar.

Ziele mit verbesserter Qualität des Asylverfahrens selbst erreichen

Vielmehr scheint die Qualität der erstellten Asylbescheide durch die kürzere Bearbeitungszeit im BAMF zu sinken. Das zeigt sich unter anderem daran, dass nach Angaben des BAMF im Jahr 2017 nur etwa ein Drittel der Bescheide im Widerspruchsverfahren von Verwaltungsgerichten bestätigt wurden.

Bereits 2016 wiesen der Paritätische Gesamtverband und andere Verbände auf die mangelnde Qualität der Asylverfahren hin. Hauptkritikpunkte waren beispielsweise: Anhörungen unter Zeitdruck, mangelnde Sorgfalt bei der Ermittlung von Sachverhalten, oft unzureichende Protokolle als Entscheidungsgrundlage im Gerichtsverfahren, Trennung von anhörender und entscheidender Person beim Bundesamt sowie fehlende individuelle Begründungen in den Bescheiden und die Verwendung abstrakt vorformulierter Textbausteine. Hierin liegt genug Verbesserungspotential, das in der Folge allen am Verfahren beteiligten Akteuren hilft.

Jede amtliche Entscheidung beinhaltet einen Rechtsbehelf. Ein eventuell angestoßenes Widerspruchverfahren benötigt somit wiederum Zeit. Dieser Umstand ändert sich auch dadurch nicht, dass sich das BAMF mit einer Außenstelle vor Ort befindet. Zumal es unter Umstanden nicht mehr zuständig ist. Aktuell werden Anhörungstermine an den Verwaltungsgerichten mit einer Wartezeit von bis zu 24 Monaten vergeben. Nicht nur im Erstverfahren beim BAMF, sondern ebenfalls für die gerichtliche Klärung gilt: Rechtssicherheit braucht Zeit.

Die eingangs aus dem Koalitionsvertrag zitierten Ziele können die AnKER-Einrichtungen nicht erfüllen und sind daher völlig ungeeignet. Es ist sogar ein gegenteiliger Effekt zu erwarten, da sich der Entscheidungsdruck nochmals erhöht und die Qualität der Asylbescheide somit weiter leidet.

Bestehende Praxis verbessern und ausbauen

Die bisherige Praxis der Erstunterbringung sowie der dezentralen bzw. zentralen Unterbringung sollte beibehalten bzw. ausgebaut werden. Frühzeitige Integration - unabhängig von der tatsächlichen Aufenthaltsdauer - ist ein Gewinn und stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Dazu hat der Freistaat in der Vergangenheit eine Reihe von guten Bemühungen gezeigt und entsprechende Angebote und Strukturen geschaffen. Das Landessprachenangebot oder die psychosozialen Zentren zur Versorgung traumatisierter Geflüchteter sind nur zwei Beispiele für dieses Vorgehen.

Die rasche Verteilung der Menschen führt dazu, dass deren räumliche Bewegung kaum eingeschränkt ist, sie nicht in erster Linie verwaltet und überwacht werden. Asylsuchende und ihre Kinder können Bildungsangebote nutzen, Teil von Nachbarschaften werden und ihren Alltag weitgehend selbstbestimmt regeln.

Ergebnisoffene Perspektivenberatung ermöglichen

Zusätzlich kann Zugang zu einer niedrigschwelligen, neutralen und ergebnisoffenen Perspektivberatung für alle im Verfahren befindlichen Asylsuchenden für Information, Transparenz und mehr Sensibilität für die eigene aufenthaltsrechtliche Situation sorgen. Dies umfasst auch die realistische Einschätzung der Aufenthaltssituation und ggf. Informationen zur und Vorbereitung der Ausreise. Eine solche Form der Beratung kann individuell und umfassend ansetzen sowie bei allen Beteiligten zu mehr Rechtssicherheit beitragen. Der Aufbau einer persönlichen Beziehung in der Beratung kann auch eine gute Grundlage dafür sein, dass die Ausreise menschenwürdig und freiwillig stattfinden kann.