An Kitas werden viele Aufgaben gestellt. Sie sollen Kinder individuell fördern und gut betreuen. Der gesetzliche Auftrag, benachteiligte Kinder besonders zu unterstützen, ist weniger im Fokus. Kita-Sozialarbeit leistet dabei einen wichtigen Beitrag. Hartmut Mann, Referent für Jugendhilfe, spricht über eines der verbandlichen TOP-Themen im Wahljahr 2024 und zeigt auf, warum es zukünftig mehr Unterstützung von der Landespolitik braucht.
Hartmut Mann, was kann Kita-Sozialarbeit leisten und warum ist sie wichtig?
Hartmut Mann: Politik konzentriert sich in Kitas und Schulen oft darauf, möglichst eine gute Bildung und Betreuung zu gewährleisten. Dabei wird mitunter übersehen, dass laut Bundesgesetz in der Kita und Jugendhilfe auch Benachteiligungen abgebaut werden sollen. Und in dem Bereich ist viel zu tun, denn es gibt viele Ursachen für Benachteiligungen: die Armut der Eltern, schwierige familiäre Verhältnisse, Behinderungen, psychische Gesundheitsprobleme, Migrationshintergrund oder das Aufwachsen ohne Eltern, sind einige davon. Das führt oft zu sozialer Ausgrenzung, schlechteren Lebensverhältnissen und geringeren Bildungschancen. Fachkräfte in Kitas und Grundschulen zeigen uns an, dass sie angesichts der Vielfalt an Aufgaben, zusätzliches Personal brauchen, um diesen Kindern mehr Aufmerksamkeit geben zu können. Ich teile das, denn die Lebensphase zwischen 3 und 10 Jahren ist ganz entscheidend und prägend für den weiteren Lebensweg. Wenn es gelingt, Kinder mit ungleichen Startchancen zu fördern, wirkt sich das auch positiv auf deren schulischen Weg aus.
Wird Kita-Sozialarbeit aktuell gefördert in Sachsen und wenn ja, ist das ausreichend?
Hartmut Mann: Ja und Nein. Sachsenweit werden 280 Kitas über das Programm „KINDER STÄRKEN 2.0“ gefördert. In diesen Einrichtungen gibt es eine zusätzliche Fachkraft, die sich mit 30 Wochenstunden den Kindern mit besonderen Lern- und Lebenserschwernissen widmen kann. Dieses über den Europäischen Sozialfonds finanzierte Programm wird sehr gut angenommen und zeigt nachweislich Wirkung. Einige Kommunen verstärken die Kita-Sozialarbeit durch eigene Fördertöpfe, zum Beispiel Dresden.
Doch die Förderung ist nicht ausreichend, denn der angezeigte Bedarf ist deutlich höher! Es lohnt, in diesem Bereich mehr zu investieren. Denn frühzeitige Hilfen können helfen, höhere Folgekosten zu vermeiden, wie zum Beispiel Hilfen zur Erziehung. Die Kitas und Grundschulen sind der richtige Ort für Sozialarbeit, denn hier gibt es einen regelmäßigen Kontakt mit den Familien und auch die Zeit, auf die Kinder ganz individuell einzugehen.
Wie kann der Freistaat hier unterstützen und welche Aufmerksamkeit hat das Thema aktuell in der Landespolitik?
Hartmut Mann: Niemand wird abstreiten, dass in Kita und Hort alle Kinder individuell gefördert werden sollen. Doch Inklusion, Integration und Teilhabe brauchen mehr Zeit und Personal. Die Kita-Sozialarbeit braucht in der kommenden Wahlperiode mehr Aufmerksamkeit. Zumal die EU-Förderung für das Programm „Kinder stärken 2.0“ im Jahr 2027 ausläuft. Sachsen muss frühzeitig nach neuen Finanzierungsmodellen im Landehaushalt suchen. Deshalb setzen wir uns dafür ein, ab 2028 ein Landesprogramm Kita-Sozialarbeit ins Leben zu rufen.
So soll die Kita-Sozialarbeit in Sachsen 2030 gestaltet sein:
- Sozialarbeit hat einen verbindlichen Platz in der frühkindlichen Bildung. Das ergänzende sozialpädagogische Angebot konzentriert sich auf die im Sozialgesetzbuch VIII formulierten Aufgabe, Benachteiligungen bei Kindern abzubauen.
- Diese sozialpädagogischen Fachkräfte entlasten das Kita-Team, indem sie Kinder in besonderen Lebenslagen individuell unterstützen und so auch deren Familien stärken.
- Das ESF-Förderprogramm „KINDER STÄRKEN 2.0“ wird (ab 2028) als Landesprogramm Kita-Sozialarbeit fortgeführt und weiterentwickelt. Die Zusammenarbeit zwischen Sozialarbeit in Kita, Schule und Hort wird gefördert.
Lesen Sie hier das Positionspapier "Familien und Kinder mit Kita-Sozialarbeit unterstützen".
Kontakt:
Hartmut Mann (Referat Jugendhilfe)
Tel.: 0351 - 828 71 144
E-Mail: hartmut.mann(at)parisax.de
Das Interview führte Tina Siebeneicher, Referentin für Verbandskommunikation.