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Beschäftigungsangebote für psychisch- und suchterkrankte Menschen gefährdet

Eine Flaschenpost mit einem Zettel auf dem Hilfe steht, liegt in der Brandung eines Strandes.

Der Freistaat Sachsen fördert seit vielen Jahren sogenannte Zuverdienstangebote über die Richtlinie Psychiatrie Sucht. Die Pläne für den sächsischen Doppelhaushalt 2025/26 sehen nun massive Kürzungen der Förderung vor.

Zuverdienstangebote bieten Menschen mit psychischen Erkrankungen und Suchterkrankungen niedrigschwellige und unternehmerisch orientierte Beschäftigungsangebote. Gemeinsam mit der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Sachsen und der Landesarbeitsgemeinschaft Inklusionsbetriebe für Zuverdienstangebote in Sachsen macht sich der Paritätische Sachsen für dieses wichtige Angebot stark. Während die benannten Akteure einen flächendeckenden Ausbau als nötig erachten, scheint der Trend allerdings gegenläufig zu sein. Die nun bekanntgewordenen Pläne für den sächsischen Doppelhaushalt 2025/26 sehen massive Kürzungen vor. Die Zuverdienstangebote sind gefährdet.

Wegfall von Angeboten trotz hohen Bedarfs

Dies alles passiert, obwohl psychische Belastungen und die gesellschaftliche Relevanz psychischer Gesundheit zunehmen. Noch im Januar 2024 stellte das Staatsministerium für Soziales fest: „Etwa 60.000 Menschen in Sachsen sind schwer psychisch krank. Auch deren Familien sind betroffen. Circa 150.000 Angehörige tragen eine enorme Last, 50 Prozent der Kinder von psychisch kranken Eltern entwickeln später selbst eine psychische Erkrankung. Psychische Erkrankungen stellen nicht nur eine hohe Belastung für die betroffene Person dar, sondern haben Auswirkungen auf das soziale und berufliche Umfeld und meist Folgen für die Teilhabe an Bildung, Arbeit und Gesellschaft.“ 

Hinzu kommt, dass Arbeitslosigkeit bei Menschen mit psychischen Erkrankungen und/oder chronisch mehrfach abhängigkeitserkrankten Menschen überdurchschnittlich hoch ist.

Zuverdienstangebote als Motor für Integration in den Arbeitsmarkt 

Zuverdienstangebote stabilisieren und unterstützen Menschen mit psychischen Erkrankungen außerhalb der Klinik. Sie bieten den Nutzenden eine gesundheitsförderliche Wirkung, sinnstiftende Beschäftigung und soziale Kontakte. Zudem können Krankenhausaufenthalte und Kriseninterventionen reduziert und sogar vermieden werden. In der Praxis lassen sich positive Effekte wie die Stabilisierung und Verbesserung der Leistungsfähigkeit nachweisen. Die Vermittlung einer Tagesstruktur sowie die Erprobung im arbeitsnahen Umfeld tragen maßgeblich dazu bei. So können die Voraussetzungen für eine mögliche (Re-)Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt geschaffen werden. Diese Ansätze sind ganz im Sinn der Strategie der Sächsischen Staatsregierung zur Verbesserung gesellschaftlicher Teilhabe und zur Prävention von Armut.

Durchblick e.V. aus Leipzig ist Mitglied im Paritätischen Sachsen und war einer der ersten Träger, die Zuverdienstmöglichkeiten in den ostdeutschen Bundesländern etablierten. Zudem setzt sich der Verein seit mehr als 30 Jahren für die Hilfe zur Selbsthilfe und für die Partizipation von Psychiatriebetroffenen ein. Die Vereinsgeschäftsführerin Christina Stoppa berichtet zur Wirkung der Zuverdienstangeboten: „Regelmäßig schaffen es Mitarbeitende im Zuverdienst, die aufgrund ihrer Krisenerfahrungen und der Rückfallgefahr als nicht vermittelbar galten, sich durch diese Beschäftigung zu stärken, um wieder einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachgehen zu können.“ 

Zuverdienst wirkt positiv auf die Familien erkrankter Menschen

Wenn Eltern an einer psychischen Erkrankung und/oder einer Suchterkrankung leiden, sind auch deren Kinder vielfältigen Belastungen ausgesetzt. Zuverdienst kann zur Herstellung einer stabilen Alltagsstruktur in Familien beitragen und die Eltern in ihrer elterlichen Kompetenz stärken. Gerade der sinnstiftende Aspekt der Zuverdienstangebote kann die Vorbildfunktion der Eltern unterstützen und zur Selbstwirksamkeit des Familiensystems beitragen. Christina Stoppa berichtet dazu aus der Praxis: „Wir machen die Erfahrung, dass die Beschäftigung von Eltern im Zuverdienst eine Vorbildwirkung hat und Stabilität vermittelt, was einen positiven Einfluss auf die Kinder der erkrankten Eltern hat.“

Angebote müssen bestehen bleiben

Die Bedarfe sind da und der Zuverdienst hat sich über Jahre als erfolgreiches Angebot erwiesen. Der Paritätische Sachsen macht darauf aufmerksam, dass das Zerschlagen der wirksamen Strukturen mit dem Verlust der Arbeit und damit der Teilhabemöglichkeit für die Menschen einhergeht, die aktuell in den Zuverdienstangeboten beschäftigt sind. Wenn aufgrund der begrenzten Haushaltsmittel ein Ausbau der Angebote schon in weite Ferne gerückt ist, müssen jedoch zumindest die vorhandenen Strukturen unbedingt erhalten bleiben. 

Nach Einschätzung des Verbandes wären Einschnitte in der bestehenden Angebotslandschaft zudem auch deshalb kritisch, da derzeit keine passenden und bedarfsgerechten Angebote beispielsweise in den Regelinstrumenten für langzeitarbeitslose Menschen im SGB II-Bezug vorhanden sind. Insbesondere für diesen Personenkreis ist das eine verheerende Entscheidung, da Menschen mit Beeinträchtigungen durch psychische Erkrankungen oder Suchterkrankungen unter den Langzeitarbeitslosen eine große Gruppe darstellen.

Auch Beratungsstellen sind von massiven Kürzungen betroffen

Nicht nur bei den Angeboten zur Teilhabe an Arbeit wird gekürzt. Die Suchtberatung und die psychosoziale Beratung sind ebenfalls betroffen. Die sozialpsychiatrische Versorgungsstruktur wird durch die im vorliegenden Entwurf zum sächsischen Doppelhaushalt 2025/26 geplanten finanziellen Einschnitte in großem Umfang bedroht. Aus Sicht des Paritätischen Sachsen ist dieser Ansatz ein Irrweg, denn je mehr präventive und beratende Angebote wegfallen, desto mehr verschiebt sich das System hin zur teuren Notfallversorgung. In den Debatten um den Doppelhaushalt müssen dringend Nachbesserungen erwirkt werden, um die Angebotslandschaft nicht nachhaltig zu schwächen.

Kontakt:

Kristin Höfler, Referat Arbeit und Beschäftigung
Tel.: 0351 - 828 71 150
E-Mail: kristin.hoefler(at)parisax.de