Im halbjährlichen Sozialpolitischen Dialog zwischen der sächsischen Sozialministerin Barbara Klepsch (CDU) und den Spitzen der Freien Wohlfahrtspflege in Sachsen stand die Ausgestaltung des Bundesteilhabegesetzes auf Landesebene im Mittelpunkt. Trotz vieler Gemeinsamkeiten, gab es auch strittige Fragen.
Zwei Mal pro Jahr treffen Vertreter der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Sachsen zu einem Austausch mit der Sozialministerin Barbara Klepsch zusammen. Aktuelle sozialpolitische Fragen, gesetzliche Neuerungen sowie langfristige Perspektiven stehen dabei auf der Tagesordnung. Einen besonderen Stellenwert nahm diesmal die landesrechtliche Ausgestaltung des seit Januar 2017 in Kraft getretenen Bundesteilhabegesetzes ein.
Teilhabe als leitmotiv bei der künftigen Bedarfsbemessung
So ist die Frage nach der adäquaten Bedarfsbemessung ein entscheidender Aspekt, der künftig darüber bestimmen wird, welche Teilhabeleistungen für Menschen mit Behinderungen zur Verfügung stehen bzw. wer welchen Anspruch darauf besitzt. „Die Diskussion über ein geeignetes Instrument wird bereits seit Jahren geführt. In Fachkreisen gilt bisher der ICF (‚International Classification of Functioning, Disability and Health‘) der Weltgesundheitsorganisation als anerkannter Maßstab. Das sollte auch in Sachsen der Fall sein. Die nun durch das Sozialministerium beauftragte Untersuchung durch die TU-Dresden erachten wir daher als wenig zielführend. Das haben wir im Gespräch deutlich gemacht und uns als Partner für die Entwicklung eines Bedarfsbemessungsverfahrens angeboten“, berichtet Michael Richter, Landesgeschäftsführer des Paritätischen Sachsen, aus dem Gespräch mit der Ministerin. Das künftige Instrumentarium müsse zudem die Teilhabe der Menschen als Maßstab haben und dürfe nicht schon in der Entwicklungsphase unter einem Kostenvorbehalt entwickelt werden.
Keine neuen Strukturen für den Träger der Eingliederungshilfe
Weitgehende Einigkeit herrschte hingegen bei der Frage nach dem zukünftigen Träger der Eingliederungshilfe. Alle Gesprächsteilnehmer(innen) sprachen sich gegen die Neugründung einer entsprechenden Landesbehörde aus. Michael Richter sagt dazu: „Die Zuständigkeit soll auch in Zukunft beim Kommunalen Sozialverband (KSV) liegen. Allerdings müssen die Kommunen stärker mit einbezogen werden, um den örtlichen Gegebenheiten besser als bisher Rechnung zu tragen.“
Menschen mit Behinderungen mehr beteiligen
Die Wohlfahrtsverbände forderten zudem, dass die Menschen mit Behinderungen mehr in die Entwicklung der Landesregelungen eingebunden werden. Sozialministerin Barbara Klepsch stimmte dem zu, verwies jedoch gleichzeitig auf die schon erfolgte Beteiligung der Interessenvertreter(innen) in den seit Januar tätigen Arbeitsgruppen. „Die Sozialministerin signalisierte große Offenheit für unseren Vorschlag einer gemeinsamen Veranstaltung, bei der Menschen mit Behinderungen beispielsweise hinsichtlich der Ausgestaltung einer unabhängigen Teilhabeberatung einbezogen werden. Auch bei der Frage nach der sinnvollen Aufgabenteilung zwischen KSV und Kommunen sollten Betroffene mitreden können“, so der Landesgeschäftsführer.
Weitere Themen des Sozialpolitischen Dialogs waren unter anderem die Umsetzung des Sächsischen Landesaktionsplanes durch alle Landesministerien, die Integration von Flüchtlingen, Unklarheiten bei der verzögerten Umsetzung der Richtlinie Psychiatrie und Sucht sowie die trotz Vorhaben im Koalitionsvertrag bisher noch nicht erfolgten Aktivitäten zur Prävention von Kinderarmut.
Michael Richter bewertet den Sozialpolitischen Dialog als wichtiges Instrument des Austauschs zwischen Ministerin und den Wohlfahrtsverbänden. „Das Gespräch mit Barbara Klepsch sorgt immer in vielen Punkten für Klarheit und Transparenz und gleichzeitig werden die gegenseitigen Erwartungshaltungen kommuniziert. Auch wenn es teilweise unterschiedliche Ansichten gibt, ist auf beiden Seiten ein deutlicher Wille zum gemeinsamen Handeln spürbar. Diese konstruktive Atmosphäre kann für Sachsen nur von Vorteil sein.“