An einer Selbsthilfegruppe teilzunehmen, hilft im Umgang mit Krankheiten und Problemen. Durch den Austausch mit Menschen in der gleichen Lebenslage merkt man: Ich bin nicht allein. Die 3. Mitteldeutsche Selbsthilfekonferenz 17. Mai 2025 in Leipzig möchte diese Strukturen stärken.
Bekommt man eine Krankheitsdiagnose, überfordert das oft erst einmal – sowohl Betroffene als auch Angehörige. Tausend Fragen schwirren einem durch den Kopf und es gibt niemanden, der diese direkt beantworten kann. Jeder Gedanke dreht sich um die Krankheit und was diese für das eigene Leben oder das der Angehörigen nun bedeutet. Gespräche mit vertrauten Menschen können zwar helfen, aber wirklich nachempfinden können sie die Situation der betroffenen Person oft nicht.
Anders ist das in einer Selbsthilfegruppe: Hier kommen Menschen mit dem gleichen Thema zusammen und tauschen sich über die damit verbundenen Sorgen, Ängste und Hürden im Alltag aus. Doch wieso genau wirkt der Besuch einer Selbsthilfegruppe so unterstützend?
Gemeinsam weniger allein
Den Austausch mit anderen Betroffenen oder Angehörigen erleben die meisten als hilfreich – ganz egal, um welche Erkrankung oder Herausforderung es geht. Mit Menschen zu sprechen, die die eigenen Sorgen kennen und verstehen, lässt uns spüren, dass wir mit unseren Gedanken nicht allein sind. Das tut gut und entlastet. Zu erfahren, wie andere mit der Erkrankung umgehen und wie sie Rückschläge oder Krankheitsschübe bewältigen, kann Mut machen und Kraft schenken.
Eine weitere Bereicherung ist das Erfahrungswissen der Gruppe. Auch wenn bei jeder Person unterschiedliches hilft - oder auch nicht, bieten die Erfahrungen der Teilnehmenden Inspiration und können vielfältige Strategien aufzeigen. Alle können dann individuell schauen, was sie für sich mitnehmen und selbst einmal ausprobieren möchten. Oftmals ist man auch eher bereit, etwas Neues zu versuchen, wenn eine andere betroffene Person eben dies bereits als hilfreich erlebt hat, als wenn es sich lediglich um eine ärztliche Empfehlung handelt.
Zusammen im geschützten Raum
Eine Selbsthilfegruppe bietet außerdem einen geschützten Raum, in dem die Teilnehmenden über alles sprechen können, was sie belastet und beschäftigt. Denn hier ist klar: Alles, was gesagt wird, bleibt in diesem Raum. Das gibt Sicherheit und macht es einfacher, auch über schwierige Themen zu sprechen. Für manche Betroffenen ist das bewusste Zeitnehmen und Auseinandersetzen mit der Erkrankung während der Gruppentreffen auch eine Möglichkeit, dieser im Alltag dafür weniger Raum zu geben.
Das Gruppentreffen als solches kann ebenso eine Stütze im Alltag sein. Wenn man durch die Erkrankung aus dem gewohnten Ablauf gerissen wird, hilft ein regelmäßig stattfindender Termin dabei, wieder eine gewisse Struktur aufzubauen. Gleichzeitig kann das Treffen in der Gruppe auch ein Akt der Selbstfürsorge sein, indem man die Sorgen von Familie und Freund*innen beiseiteschiebt und sich während der Selbsthilfezeit bewusst mit sich selbst befasst.
Selbsthilfe ist vielfältig
Laut der Nationalen Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfe (NAKOS) nimmt jeder zehnte Erwachsene im Laufe seines Lebens an einer Selbsthilfegruppe teil. Trotzdem gibt es über Selbsthilfegruppen noch immer viele Vorurteile. „Die sitzen doch alle nur im Stuhlkreis und jammern sich die Ohren voll“, hört man immer wieder von Menschen, die bisher noch keinen Bezug dazu hatten. Dabei ist der Austausch im Stuhlkreis gar nichts Schlechtes. Man kann sich besser zuhören und es entsteht ein Gefühl von Verbundenheit.
Gleichzeitig ist Selbsthilfe viel mehr als das klassische Treffen im Stuhlkreis: Es gibt bundesweit tätige Vereinigungen, bei denen Selbsthilfe-Aktive für ein Wochenende im Jahr zusammenkommen, sich in verschiedenen Formaten austauschen und zusammen etwas erleben. Manche Städte haben Freizeittreffs mit gemeinsamen Unternehmungen oder Spieleabende der Jungen Selbsthilfe. Und auch online existieren in Foren und Chatgruppen digitale Möglichkeiten der gemeinschaftlichen Selbsthilfe.
Themenübergreifender Austausch
Immer öfter gibt es gerade im Bereich der Jungen Selbsthilfe auch themenübergreifende Austauschmöglichkeiten. Vielerorts treffen sich sogenannte „Stammtische“. Hier ist das Alter das verbindende Element und nicht die Erkrankung. Menschen mit den verschiedensten Erkrankungen stellen dabei immer wieder fest, wie ähnlich die Themen sind, die alle beschäftigen – ganz unabhängig von der Symptomatik. Der Austausch mit Selbsthilfe-Aktiven außerhalb der eigenen Gruppe bietet deshalb neue Impulse und Anregungen.
Austausch und Impulse auf der 3. Mitteldeutsche Selbsthilfekonferenz in Leipzig
Genau um diesen Austausch über die eigene Gruppe hinaus geht es auch bei der 3. Mitteldeutschen Selbsthilfekonferenz am 17. Mai 2025 in Leipzig. Unter dem Motto „WiR hilft – Selbsthilfe stärkt unser Leben“ gibt es spannende Impulse und anregende Diskussionsrunden, bei denen die Teilnehmenden über ihre Erfahrungen und Blickwinkel sprechen können. Verschiedene Lebensbereiche finden hier ihren Raum: Familie und Partnerschaft, Barrierefreiheit, Ernährung, Beruf und Arbeitswelt sowie Empowerment zur Selbstvertretung. Den humorvollen Ausklang des Tages gestaltet der Schauspieler und Comedian Tan Caglar, der einem breiten Fernsehpublikum aus der Serie „In aller Freundschaft“ oder dem „Tatort“ aus Berlin bekannt ist.
Schon am 29. und 30. April 2025 wird es vier vorangestellte Online-Impulsvorträge zu ausgewählten Selbsthilfekonferenz-Themen geben. So können sich nach Leipzig reisende Interessierte thematisch schon einmal einstimmen. Außerdem sollen die Vorträge ein Angebot für diejenigen sein, die beispielsweise aus gesundheitlichen nicht vor Ort teilnehmen können.
Die 3. Mitteldeutsche Selbsthilfekonferenz findet im Rahmen der bundesweiten Selbsthilfe-Aktionswoche „WiR hilft“ des Paritätischen Gesamtverbandes statt und steht unter der Schirmherrschaft des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer. Sie ist eine gemeinsame Veranstaltung der Paritätischen Landesverbände Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Unterstützt wird die Konferenz von der AOK PLUS.
Alle Informationen zur Selbsthilfekonferenz sowie die Online-Anmeldung finden Sie unter: www.selbsthilfeakademie-sachsen.de/selbsthilfekonferenz
Der Artikel erschien zuerst in der Ausgabe März 2025 des Verbandsmagazins anspiel.
