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Ehrenamtliche Vorstände und Aufsichtsräte finden und halten (2/3)

Cartoon: Eine Frau überreicht in übertriebener Willkommensgestik einen Blumenstrauß an einen Herren. (Ehrenamtliche Vorstände und Aufsichtsräte gewinnen und halten Paritätischer Sachsen)

Ehrenamtliche Mitarbeit ist ein Kernstück gemeinnütziger Organisationen. Doch nicht nur in der Praxis sozialer Arbeit sind Ehrenamtliche unverzichtbar, sondern auch in Leitungsgremien. Unser Gastautor Prof. Martin Beck erklärt in drei Teilen, wie man Menschen für das Engagement in Vorständen und Aufsichtsräten gewinnt und hält.

Unterschiedliche Motivation für die Mitarbeit beachten

Am schwersten ist es, jüngere oder gar junge Leute zu finden. Sie bauen an ihrem Leben und ihrer beruflichen Entwicklung, sie sind vielseitig interessiert und engagiert und sie wollen sich – jedenfalls noch – nicht langfristig an eine Aufgabe binden. Zeit haben sie natürlich auch nicht, jedenfalls nicht Freitagabends von 19 – 22 Uhr, wenn der Aufsichtsrat tagt.

Es gibt durchaus Anreize, die man potenziellen Jung-Aufsichtsräten nennen kann: Der Aufsichtsrat ist ein Lernfeld, er bietet berufliche und persönliche Horizonterweiterung, er bietet Gelegenheit zum Ausbau des eigenen Netzwerks und er kann auch ein Versuchsfeld sein, in dem ich meine Potenziale als künftige Führungskraft ausprobieren und ausbauen kann.

Älteren Kandidaten kann man nicht mehr mit Karriereanreizen kommen. Sie haben aber die Chance, mit großer Befriedigung zu erleben, dass sie noch gebraucht werden; dass sie die lebenslang gesammelten Erfahrungen und Potenziale für eine gute Sache einzusetzen können. Auch die Gelegenheit, jüngeren Leuten den Weg zu bereiten und sie zurückhaltend zu begleiten, kann sehr reizvoll und herausfordernd sein.

Nachfolge aus dem Gremium heraus organisieren

Kurz gesagt: Die Suche von Aufsichtsratskandidaten liegt in der Verantwortung des Gremiums selber, insbesondere auch des oder der Vorsitzenden. Vorstand und Geschäftsführung sollten sich zurückhalten. Mehr als zarte Hinweise auf mögliche Personen an den Vorsitzenden sind nicht drin. Schließlich sieht es nicht gut aus, wenn der Vorstand seine eigenen Kumpels ins Aufsichtsgremium holt. Unabhängige Aufsicht ist da nicht mehr möglich.

Gremiengröße überschaubar halten

Die alte Apothekerregel „viel hilft viel“ wurde früher gerne auch beim Größenzuschnitt von Gremien angewendet. Zehn, fünfzehn, achtzehn Damen (selten) und Herren (meistens) um einen langen Tisch versammelt, das war nichts Besonderes. Ob man da war oder schwänzte, das war nicht so wichtig. Es fiel eigentlich gar nicht auf.

Heute ist das etwas anders, und zwar schon deshalb, weil man keine fünfzehn oder achtzehn Leute mehr findet, die bereit sind, viermal im Jahr für einige Stunden an einen Konferenztisch zu kommen und dort Menschen zu treffen, die sie schon fast wieder vergessen haben, weil sie häufig fehlen.

Meine persönliche Größenformel geht so: Anzahl Vorstände x 2 = Aufsichtsgremium (mindestens aber drei Personen). Zwei Vorstände werden also von vier Aufsichtsräten, drei Vorstände von sechs Aufsichtsräten überwacht und begleitet. Besonders ängstliche Menschen, zu denen auch die Autoren des aktuellen Aktienrechts gehören, glauben an eine Mitgliederzahl, die durch drei teilbar sein soll. Andere wollen unbedingt eine ungerade Zahl, um Pattsituationen bei Abstimmungen zu vermeiden.

Ich halte das alles für übertrieben. Hauptsache, das Gremium ist so überschaubar, dass es auffällt, wenn ich fehle. Dann wird ein solches Amt plötzlich relevant. Ein bisschen Sozialdruck („Wir anderen schaffen es doch auch, regelmäßig zu kommen!“) und ein bisschen Wichtigkeit („In einem kleinen Gremium hat meine Stimme Gewicht!“) helfen mit. Und erstaunlicherweise macht es auch mehr Spaß, in einem kleinen Kreis mitzuarbeiten, in dem man keine Wortmeldungen braucht und mehr ein Gespräch führt als eine Sitzung abhält.

Der dritte und letzte Teil unserer Reihe geht der Frage nach, wie man ehrenamtliche Vorstände und Aufsichtsräte hält.


Zum Autor: Prof. Martin Beck berät seit vielen Jahren Unternehmen der Sozialwirtschaft zu Personal- und Organisationsfragen. Einen Schwerpunkt bildet dabei die erfolgreiche Zusammenarbeit von Haupt- und Ehrenamt. Er ist Geschäftsführer der Beck Management Center GmbH Tübingen/ München.