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Ehrenamtliche Vorstände und Aufsichtsräte finden und halten (3/3)

Cartoon: Eine Frau überreicht in übertriebener Willkommensgestik einen Blumenstrauß an einen Herren. (Ehrenamtliche Vorstände und Aufsichtsräte gewinnen und halten Paritätischer Sachsen)

Ehrenamtliche Mitarbeit ist ein Kernstück gemeinnütziger Organisationen. Doch nicht nur in der Praxis sozialer Arbeit sind Ehrenamtliche unverzichtbar, sondern auch in Leitungsgremien. Unser Gastautor Prof. Martin Beck erklärt in drei Teilen, wie man Menschen für das Engagement in Vorständen und Aufsichtsräten gewinnt und hält.

Aufsichtsräte zu gewinnen, ist schwer. Aufsichtsräte halten und binden kann auch schwer sein, muss aber nicht. Aufsichtsräte bleiben gerne im Gremium, wenn sie sich im Gremium wohl fühlen und das Gefühl haben, eine wichtige Aufgabe zu erfüllen. Langweilen sie sich in den Sitzungen, werden sie mit farbigen Ausdrucken überschüttet oder von Informationen ferngehalten und in den langen sitzungslosen Perioden nie kontaktiert, dann schleicht sich der Gedanke ein, dass das hier ja gar nicht so wichtig sein könne. Und wenn morgen ein anderes Angebot zu ehrenamtlichem Engagement auftaucht, sind sie weg. Zurück bleiben dann diejenigen, die sich nichts anderes mehr vorstellen oder nichts anderes mehr zutrauen. Keine gute Mischung für ein Aufsichtsgremium.

Gleichgewicht aus Einbinden und Informieren

Aufsichtsräte binden und interessiert halten ist eine gemeinschaftliche Aufgabe für den Gremienvorsitzenden und den Vorstand/die Geschäftsführung. Werden dem Gremium einfach fertige Lösungen vorgesetzt, über die sie nur noch mit Ja oder Nein befinden dürfen? Oder wird das Gremium von Zeit zu Zeit gefragt, welche Informationen es eigentlich will, und in welcher Zeitfolge, und in welcher Form? Es kann sein, dass dann auf den Vorstand und seine Verwaltung harte Zeiten zukommen, weil plötzlich ganz andere Dinge wichtig sind als die Presseschau mit den vielen Bildern, auf denen immer der Vorstand vorne drauf zu sehen ist. Vielleicht will das Gremium innovative Kennzahlen haben - und zwar zeitnah und ohne Gemecker der Buchhaltung? Oder will das Gremium einmal im Jahr ohne den Vorstand tagen, um sich intern klar zu werden, ob das eigentlich alles gut ist, wie es praktiziert wird?

Eins muss man sich heute abschminken: Lebenslängliche Aufsichtsräte und Vorstände gibt es nicht mehr auf dem Markt! Aber zwei Wahlperioden, das wäre schon wünschenswert.

Altersstruktur ausgewogen gestalten

Auf dem Großsegler, mit dem ich einige Kurztörns mitgefahren bin, gilt eine strenge Altersgrenze: Ab 14 und bis 75 darf jeder und jede mitsegeln. Das hat eine gewisse Logik, weil Kraft, Körperbeherrschung, Trittsicherheit und Besonnenheit unter 14 und über 75 nicht automatisch und gleichzeitig in dieser Zusammensetzung garantiert sind. Einmal über Bord gegangen oder von der Rah gefallen – das muss nicht sein. Es versteht sich fast von selbst, dass die ungefähr 60 Personen an Bord nicht alle 15 und auch nicht alle 75 Jahre alt sein sollten. Beim letzten Törn war übrigens der Kapitän Jahrgang 1938. Und die Hälfte der Besatzung war unter 25.

Warum es bei Aufsichtsgremien eine Altersgrenze nach oben gibt (und übrigens keine nach unten), erschließt sich dem aufmerksamen Beobachter nicht. Schließlich gelten hier andere Auswahlkriterien. Statt Kraft, Körperbeherrschung und Trittsicherheit geht es um soziale Kompetenz, berufliche Erfahrung, möglichst auch eigene Führungserfahrung, um innere und äußere Unabhängigkeit sowie um Besonnenheit und die Bereitschaft, Zeit einzusetzen. Auch hier wird man keine Fünfzehnjährigen auswählen. Warum aber ein 75-jähriger nicht mit klarem Kopf, mit abgeklärter Kompetenz und mit etwas Distanz zum Alltagsgetriebe aufmerksam und präsent ein Aufsichtsamt ausüben können soll, das wissen allein die Satzungsjuristen. Sie haben die großen Leistungen der Altersmedizin völlig ausgeblendet. Unausgesprochen steht dahinter natürlich die Erwartung, dass neben dem 75-jährigen auch 60er, 50er und vielleicht sogar 40er im Gremium mitarbeiten werden. Es ist wie bei einer guten Bowle oder einer homöopathischen Medizin: Die Mischung machts!

Es ist die Aufgabe des oder der Vorsitzenden, rechtzeitig für generationelle Auffrischung im Gremium zu sorgen. Das ist nicht immer ganz leicht, aber es muss sein.


Zum Autor: Prof. Martin Beck berät seit vielen Jahren Unternehmen der Sozialwirtschaft zu Personal- und Organisationsfragen. Einen Schwerpunkt bildet dabei die erfolgreiche Zusammenarbeit von Haupt- und Ehrenamt. Er ist Geschäftsführer der Beck Management Center GmbH Tübingen/ München.