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Ein klares NEIN zur Raster-Psychotherapie

Symbolbild: Zwei Hände halten eine Menschenkette aus Papier gegen einen blauen Himmel.

Menschen mit psychischen Leiden müssen schnell Zugang zu Hilfsangeboten bekommen. Die deshalb vom Bundesgesundheitsministerium ins Gespräch gebrachte Raster-Psychotherapie sieht unsere Referentin für Psychiatrie und Sucht allerdings sehr kritisch.

In letzter Sekunde hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) eine Änderung im Rahmen des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung vorgenommen, die im Falle der Umsetzung einen tiefgreifenden Einschnitt in die Therapieentscheidung der Psychotherapeut*innen markieren würde. Der vom BMG vorgebrachte Vorschlag zur sogenannten Raster-Psychotherapie verfolgt in erster Linie das Ziel, die Wartezeiten auf einen Therapieplatz zu verkürzen. Grundsätzlich ist das zu begrüßen, aber das gewählte Verfahren erscheint schlichtweg ungeeignet, da es den individuellen Bedarf der Patient*innen vollkommen außer Acht lässt.

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass mit Hilfe eines Rasters auf Grundlage der gestellten Diagnose schon vor Behandlungsbeginn ein festes Stundenbudget genehmigt werden soll. Dabei bleiben die individuellen Problemlagen der Patient*innen und die Bedeutung des Beziehungsaufbaues zwischen Therapeut*in und Patient*in vollkommen unberücksichtigt. Die geplante zeitliche Normierung setzt nicht nur die Beteiligten unter Druck, sondern gefährdet vor allem den Erfolg der gesamten Therapie. Infolge dessen würde der Leidensdruck der Patient*innen nicht gemindert und im schlimmsten Fall tritt eine Manifestierung oder Chronifizierung der psychischen Erkrankung ein. Ein Schaden für den Einzelnen und die Gesellschaft insgesamt.

Die Kritik an dem Vorschlag ist breit und mit dessen Bekanntwerden ging ein Aufschrei durch die Fachverbände. So kritisierte beispielsweise der Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer das BMG sehr deutlich. Eine derartige gesetzliche Regelung markiere seiner Auffassung nach „das Ende qualitativ hochwertiger und an den einzelnen Patient*innen orientierter Versorgung“.

Natürlich müssen Lösungen geschaffen werden, um eine schnellere psychotherapeutische Versorgung gewährleisten und damit die bestehenden Defizite abbauen zu können. Eine Raster-Psychotherapie ist es aber definitiv nicht. Das Ministerium sollte sein Augenmerk vielmehr auf eine Reform der Bedarfsplanung lenken. So könnte die Wartezeit auf die erste Therapie-Sitzung auf höchstens vier Wochen verringert werden und ein nahtloser Übergang in die psychotherapeutische Behandlung wäre möglich.

Gesundheit ist ein sensibles und wertvolles Gut. Insbesondere bei psychischen und seelischen Erkrankungen ist die individuellen Situation aller Patient*innen zu berücksichtigen, um mittels Therapie einen aussichtsreichen Weg beschreiten zu können. Starre Zeitvorgaben und Raster sind an dieser Stelle das denkbar ungünstigste Mittel für die Gesundung von Kopf und Geist. Den Mitarbeitenden des BMG sei an dieser Stelle empfohlen, die ökonomische Brille abzunehmen. Denn sie liefert nur ein Zerrbild dessen, was erkrankte Menschen für die Genesung benötigen.

Der Vorstoß des BMG fordert uns auf, wachsam zu bleiben und auf nachhaltige und zielführende Reformen der Psychotherapieleitlinien zu drängen. Es liegen gute Vorschläge auf dem Tisch. Kommen wir ins Gespräch und denken wir dabei immer an das Wichtigste: Jene Menschen, die ein Therapieangebot brauchen.


Kontakt:

Doreen Voigt, Referentin Sucht und Sozialpsychiatrie

Tel.: 0341 - 961 746 2
E-Mail: doreen.voigt(at)parisax.de