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Eingliederungshilfe gemeinsam für die Zukunft aufstellen

Fachbereichskonferenz „Gemeinsam Kurs in der Eingliederungshilfe setzen“ 2025

Zukunftstrends wie angespannte öffentliche Haushalte, demografischer Wandel oder veränderte individuelle Lebenslagen wirken sich auch auf die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen aus. Wie diesen Herausforderungen zu begegnen ist, diskutierte die Fachbereichskonferenz Teilhabe im September 2025.

Die Eingliederungshilfe steht zunehmend unter Druck, waren sich die Teilnehmenden der Fachbereichskonferenz Teilhabe des Paritätischen Sachsen im September 2025 einig. Ausschlaggebend dafür sind allgegenwärtige Entwicklungen wie knappe öffentliche Finanzen, der demografische Wandel oder auch veränderte individuelle Lebenslagen. Sie fordern alle Akteure der Eingliederungshilfe gleichermaßen heraus. Der Umgang mit diesen Entwicklungen entscheidet darüber, wie gut die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen auch künftig gelingen wird.

Für den Paritätischen Sachsen ist klar, dass sich die anstehenden Aufgaben nur im Schulterschluss von Leistungserbringern und Kostenträgern meistern lassen. Daher lud der Verband zur Fachbereichskonferenz „Gemeinsam Kurs in der Eingliederungshilfe setzen“ nicht nur Mitgliedsorganisationen ein. So folgten der Einladung auch Vertreter*innen aus dem Sozialministerium (SMS), dem Sächsischen Städte- und Gemeindetag (SSG), dem Kommunalen Sozialverband (KSV) sowie der Landesbeauftragte für Inklusion, um sich über gemeinsame Eckpunkte zu verständigen.

Investitionen: Infrastruktur absichern

Ein Blick auf die Infrastruktur, wie Wohn- und Tagesangebote, lässt einen hohen Investitionsstau erkennen. Anforderungen an Brandschutz, Barrierefreiheit oder Energieeffizienz hängen aktuellen Standards hinterher. Gleichzeitig sind die Förderwege aufwendig und Landkreise können ihren Anteil oft nicht leisten. Im Ergebnis bleiben dringend erforderliche Maßnahmen auf der Strecke oder verzögern sich. Im schlimmsten Fall erfüllen die Immobilien nicht mehr die Anforderungen und die Betriebserlaubnis erlischt. Dies schränkt auch die freie Wohnortwahl der Nutzenden ein.

Daher müssen betriebsnotwendige Ausgaben ein fester Bestandteil der Regelfinanzierung sein. Der bürokratische Aufwand für die Förderung kleinerer Maßnahmen muss reduziert werden. Die Landkreise sollten hier jedoch nicht erneut verpflichtend zur Kasse gebeten werden.

Kooperation: Versorgungslücken vermeiden – Personal stärken

Menschen mit Behinderungen, die beispielsweise psychische Krisen erleben oder suchtkrank sind, können in Versorgungslücken fallen, wenn ihre Unterstützungsbedarfe komplex und die Leistungen sehr intensiv sind. Begründet ist dies in unklaren Zuständigkeiten, fehlerhaften Übergängen oder Personalmangel begründet. Oft wird die Zuständigkeiten zwischen verschiedenen Akteuren hin- und hergeschoben. Für die Betroffenen heißt das: Warten und Unsicherheit. Rückschritte und erneute Krisen sind erwartbar.

Die flexible Kooperation von Trägern ohne hohen bürokratischen Aufwand kann hier ein Schlüssel sein, um personalintensive Leistungen zuverlässig erbringen zu können. Rückkehrplätze, Clearing-Phasen sowie ein verbindliches Entlassungsmanagement sind dafür notwendig. Gleichzeitig müssen Träger die Möglichkeit haben, ihre Mitarbeitenden beispielsweise durch Supervision und Fortbildungen in herausfordernden Situationen zu unterstützen bzw. deren Resilienz zu stärken.

Alter und Behinderung: Pflege- und Teilhabeleistungen aufeinander abstimmen

Wenn Menschen mit Behinderung derzeit in Pflegeeinrichtungen wohnen, gibt es keine oder nur selten Leistungen der Teilhabe. Andersherum bekommen Menschen mit Behinderung in besonderen Wohnformen nur einen sehr kleinen Anteil an Pflegeleistungen bezahlt. In der Praxis stoßen beide Systeme bereits jetzt an ihre Grenzen. Bei einer weiter alternden Bevölkerung werden sich die Probleme verschärfen.

Die Systeme Pflege und Teilhabe müssen daher enger verzahnt werden, damit eine adäquate Versorgung gelingt. Denn auch bei Pflegebedürftigkeit muss das Wunsch- und Wahlrecht der Bewohnenden geachtet werden. Wenn Menschen in eine Pflegeeinrichtung wechseln, brauchen sie daher weiterhin Assistenz für soziale Teilhabe. In der Eingliederungshilfe ist die angemessene Unterstützung der Pflegekassen nötig.

Teilhabe ist ein eigener Rechtsanspruch und muss unabhängig von der Wohnform geachtet werden. Im Gesamtplanverfahren müssen Eingliederungshilfe und Pflegekassen die Zuständigkeiten klären, damit sich Pflege- und Teilhabeleistungen sinnvoll im Sinne der Nutzenden ergänzen.

Ambulantisierung: Infrastruktur entwickeln und Regelungslücken schließen

Mehr eigenes Wohnen, kleinere Einheiten, Leben im Quartier – das ist der richtige Weg. Dafür sind jedoch ausreichend passender Wohnraum und klare sowie angemessene Regeln erforderlich. Aufgabe ist daher, die Bestandslandschaft zu transformieren und mehr barrierefreien Wohnraum zu schaffen. Derzeit wirken die rechtlichen Anforderungen teilhabeeinschränkend, da sie oft viel strengere und teurere Vorgaben stellen, als es tatsächlich bedarf. Das führt dazu, dass zu wenig alternative Wohnangebote entstehen. Ausnahmeregelungen müssen ermöglichen, dass Menschen selbstbestimmt wohnen und begleitet werden können.

Offener Dialog und gemeinsames Handeln

Im Austausch zu den aktuellen Spannungsfeldern in der Eingliederungshilfe waren sich auf der Fachbereichskonferenz alle einig, dass Lösungen nur gemeinsam entwickelt werden können. Entsprechend offen war der Austausch zwischen Mitgliedsorganisationen und den Vertreter*innen des SMS, des KSV und des SSG sowie dem Landesinklusionsbeauftragten.

Alle Beteiligten nahmen sich wichtige Impulse für die eigene Arbeit und ihre jeweilige Zuständigkeit mit. Das vielfältige Netzwerk, der gemeinsame Wille und die Arbeit auf Augenhöhe wurden als Stärken herausgearbeitet. Ins Tun zu kommen, wurde als der wichtigste nächste Schritt – auch in herausfordernden Zeiten – markiert.

Hinsichtlich der Finanzierung wurde deutlich, dass der Bund aufgefordert ist, sein Engagement auszuweiten, damit das Bundesteilhabegesetz in allen Lebensbereichen seine Wirkung entfalten kann. Fest stand auch, dass die Teilhabe und das Selbstbestimmungsrecht der Menschen mit Behinderungen weiterhin Richtschnur aller Bemühungen für eine zukunftsfeste Eingliederungshilfe bleiben müssen.


Kontakt:

Anne Cellar (Referat Teilhabe)

Tel.: 0351 - 828 71 150
E-Mail: anne.cellar(at)parisax.de