(Berlin) Der Paritätische Wohlfahrtsverband reagiert auf die heute veröffentlichte Studie Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung zu „Haushaltseinkommen im regionalen Vergleich“ mit der Forderung nach einer armutspolitischen Offensive. Hinter den aufgezeigten regionalen Diskrepanzen bei den verfügbaren Haushaltseinkommen verbirgt sich laut Paritätischem ein massives Armutsproblem. Der Verband warnt vor regionalen Armutsspiralen. Er fordert die Beibehaltung des Solidaritätszuschlags und den gezielten Mitteleinsatz in strukturschwachen Regionen.
Der Paritätische Gesamtverband weist darauf hin, dass sich das Bild der regionalen Zerrissenheit noch einmal verschärft, betrachtet man statt der Durchschnittseinkommen die regionalen Armutsquoten. „Deutschland ist nicht nur was die Einkommen, sondern vor allem was die Armut angeht, ein nicht nur sozial, sondern auch regional zutiefst zerrissenes Land“, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes. Nach Berechnungen des Paritätischen beträgt die gemeinsame Armutsquote von Bayern und Baden-Württemberg 12,1 Prozent, während es in Mittel- und Norddeutschland 17,3 Prozent sind. „Der armutspolitische Graben verläuft zwischen Süddeutschland und dem Rest der Republik“, so Schneider. In Bayern und Baden-Württemberg leben dabei mit 29,1 Millionen Einwohner*innen rund ein Drittel der Bevölkerung. „Manche Regionen wie das Ruhrgebiet befinden sich seit Jahren in einer Armutsspirale, aus der sie aus eigener Kraft kaum noch herauskommen können“, so Schneider.
Der Paritätische fordert ein umfassendes Maßnahmenpaket zur offensiven Armutsbekämpfung und zur Unterstützung der von Armut besonders betroffenen Regionen. „Die regionale Betrachtung zeigt: Es geht bei Armut nicht nur um individuelle Schicksale und Problemlagen, sondern um echte Strukturprobleme. Es kann nicht angehen, dass bei seit Jahren steigendem Wohlstand regelmäßig Aufschwungsverlierer produziert werden, seien es Menschen, die aus ihren Wohnungen vertrieben werden oder Menschen, die für nicht auskömmliche Mindestlöhne arbeiten müssen“, so Schneider. Notwendig seien nicht nur armutsfeste Löhne und Sozialleistungen, sondern ebenso eine solidarisch finanzierte Infrastrukturpolitik, insbesondere in den „abgehängten“ Regionen. „Der Teufelskreis zwischen hohen Armutszahlen und wegbrechenden kommunalen Dienstleistungen von Jugendzentren, über Schwimmbäder und Bibliotheken bis zu Gesundheitszentren, kann nur durch gezielte Regionalhilfen des Bundes und der Länder durchbrochen werden“, so Schneider. Es gehe hier letztlich auch um den sozialen Zusammenhalt und die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse. Der Verband spricht sich daher für die Beibehaltung des Solidaritätszuschlags und den gezielten Mitteleinsatz in strukturschwachen Regionen aus.
Der Paritätische Gesamtverband ist einer der sechs Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in der Bundesrepublik. Als Dachverband von über 10.000 eigenständigen Organisationen, Einrichtungen und Gruppierungen im Sozial-, Bildungs- und Gesundheitsbereich, repräsentiert und fördert er seine Mitgliedsorganisationen in ihrer fachlichen Zielsetzung sowie ihren rechtlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Belangen.
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