(Berlin) Scharfe Kritik an den Vorschlägen der EU-Kommission zur Reform der europäischen Asylpolitik formuliert ein breites Bündnis von deutschen Flüchtlingsorganisationen und Verbänden anlässlich der bevorstehenden Beratungen im EU-Rat in einem gemeinsamen Positionspapier. Mit der sogenannten „Dublin-IV-Verordnung“ werde der Flüchtlingsschutz vorrangig in Staaten außerhalb der Europäischen Union ausgelagert und der Zugang für Schutzsuchende zu fairen Verfahren und menschenwürdigen Aufnahmebedingungen massiv erschwert, warnt das Bündnis. Die Organisationen appellieren daher an die Regierungsvertreterinnen und -vertreter der 28 EU-Mitgliedstaaten, den Reformvorschlägen der EU-Kommission nicht zuzustimmen.
„Dublin IV ist schlicht unsolidarisch und inhuman. Es kann nicht sein, dass sich das reiche Europa seiner Verantwortung entledigt, Menschen in Not Zuflucht und Schutz zu gewähren. Es wäre ein Skandal, wenn die EU künftig vorrangig Asylsuchende in sogenannte sichere Drittstaaten abschiebt und somit das individuelle Recht auf Asyl in Europa aushebelt“, so Prof. Dr. Rolf Rosenbrock, Vorsitzender des Paritätischen Gesamtverbandes. Schon heute halten sich 86 Prozent der weltweiten Flüchtlinge in sogenannten Entwicklungsländern auf, die Zahl der Asylsuchenden in der EU hat im Jahr 2015 gerade einmal 0,2 Prozent der EU-Bevölkerung ausgemacht.
Mit der geplanten Verordnung drohe zudem auch eine Verfestigung der unsolidarischen Aufgaben-und Verantwortungsteilung innerhalb der EU, warnt der Paritätische. Wenn eine Abschiebung Schutzsuchender in sogenannte sichere Drittstaaten nicht möglich ist, bleibe die Zuständigkeit für das Asylverfahren künftig in der Regel dauerhaft bei den Ersteinreisestaaten an den EU-Außengrenzen, während beispielsweise Deutschland nur noch in wenigen Einzelfällen für Asylverfahren zuständig wäre. „Wir brauchen eine gesamteuropäische, solidarische und humanitäre Lösung, die auch die Interessen der Asylsuchenden in den Blick nimmt. Hier appellieren wir auch und besonders an die deutsche Bundesregierung, Verantwortung zu übernehmen und sich für einen wirksamen Flüchtlingsschutz in Europa und der Welt einzusetzen“, so Rosenbrock.
Besonders besorgt zeigt sich das Bündnis über die drohenden Einschränkungen des Rechtsschutzes, den erschwerten Zugang zu fairen Asylverfahren sowie den drohenden Ausschluss von materiellen Leistungen, sofern sich Asylsuchende nicht im Staat der Zuweisung aufhalten. „Einem Menschen das Existenzminimum vorzuenthalten verstößt gegen das Gebot der Humanität und im Übrigen auch gegen unser Grundgesetz“, mahnt Rosenbrock.
Unterzeichner des Positionspapiers „Flüchtlingspolitik in Europa: Nein zu dieser Dublin IV Verordnung“ sind PRO ASYL, Amnesty International, Diakonie Deutschland, Der Paritätische Gesamtverband, Arbeiterwohlfahrt, Neue Richtervereinigung, die Arbeitsgemeinschaft Migrationsrecht des Deutschen Anwaltsvereins, der Jesuiten-Flüchtlingsdienst und der Republikanische Anwaltsverein.
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