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Finden und Binden von Fachkräften für die Sozialwirtschaft – Von der Industrie lernen, oder? (2/3)

Der Reiter eines dicken Ordners mit der Aufschrift "Personal" ist in der Mitte des Bildes. Die nebenliegenden Reiter sind nur angeschnitten.

Qualifizierte Fachkräfte sind für die Soziale Arbeit und Bildungsangebote unerlässlich. Doch wie gewinnt man motivierten Nachwuchs? Prof. Dr. Peter M. Wald, Experte für Personalmanagement von der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK), benennt in einer dreiteiligen Artikelreihe wichtige Erfolgsfaktoren.

Im Mittelpunkt des ersten Beitrags standen allgemeine Fragen vor allem zur Arbeitgeberattraktivität in der Sozialwirtschaft. In diesem Beitrag soll der Blick auf die künftigen Mitarbeiter(innen) gerichtet werden. Ohne die Berücksichtigung der Besonderheiten dieser Zielgruppen, dürften nachhaltige Erfolge bei der Gewinnung und Bindung künftig ausbleiben. Auch hierbei wird zum Teil an die Erkenntnisse aus der bereits erwähnten Befragung von Nachwuchskräften in Sachsen angeknüpft. Hinzu kommen Erkenntnisse, die bei der allgemeinen Betrachtung der jüngeren Zielgruppen gewonnen wurden.

Zukünftige Fachkräfte verstehen – Die Generationen Y und Z

Im Fokus der Überlegungen stehen hier die Vertreter der sogenannten Generation Y (die nach 1980 Geborenen) und der Generation Z (ab 2000 bis heute Geborene). Beide Generationen unterscheiden sich nach gegenwärtigen Erkenntnissen beträchtlich. Mit dem Begriff „Generation Y“ werden, junge Menschen beschrieben, die in den Jahren nach 1980 geboren wurden und in der Mehrzahl gut ausgebildet sind. Den Vertretern dieser Generation werden eine Reihe von Eigenschaften zugeschrieben. Zu diesen zählen eine besondere Einstellung zum Leben, zur Arbeit und zum Konsum sowie ein ausgeprägtes Bedürfnis nach Feedback und klarer Kommunikation (Y = Why = Warum?). Die Vertreter der Generation Y sind in der Regel Individualisten, die emotionsbasiert agieren und häufig auf der Suche nach dem Sinn in den Dingen des Lebens sind.

Die Angehörigen der Generation Z lieben demgegenüber klare Strukturen, feste Arbeitszeiten und treten in vielen Fällen für eine strikte Trennung von Arbeit und Freizeit ein. Sie schätzen konkrete Aussagen zum Aufgabengebiet und planbare Arbeitszeiten, um den nötigen persönlichen Aufwand abschätzen zu können. Bei den Befragten zeigten sich ausgewählte Merkmale beider Generationen, wie zum Beispiel einerseits in der Suche nach Sinn bei der Arbeit und dem Wunsch nach Feedback sowie andererseits im Streben nach Sicherheit und Stabilität. Die Existenz von zwei Zielgruppen dürfte es den Arbeitgebern der Sozialwirtschaft bei der Ausrichtung ihrer Aktivitäten nicht unbedingt einfach machen, doch macht es Sinn diese Besonderheiten bei der Optimierung laufender Maßnahmen zu berücksichtigen.

Fachkräfte mit klarer Kommunikation und eigener Arbeitgebermarke gewinnen

Dafür bieten sich in erster Linie kommunikative Maßnahmen an. Dabei geht es darum, den genannten Zielgruppen die Besonderheiten des jeweiligen Arbeitgebers zu verdeutlichen. Für diese Allleinstellungsmerkmale als Arbeit- bzw. Ausbildungsgeber findet derzeit zunehmend der Begriff Arbeitgebermarke Anwendung. Damit wird das fest verankerte, unverwechselbare Bild eines Unternehmens als Arbeitgeber bezeichnet.

Die Kommunikation dieser Arbeitgebermarke erfolgt heute vor allem durch die Übermittlung relevanter Informationen über modernen Medien wie das Internet und die sozialen Netzwerke. Dies betrifft konkrete und nachvollziehbare Informationen zum Arbeitgeber und den dort zu bewältigenden Aufgaben. Weniger jedoch allgemeine Informationen zum Beruf. Mit glaubwürdigen (= authentischen) Informationen kann die erwähnte Arbeitgebermarke bzw. das Bild des Arbeitgebers geprägt und erlebbar „aufgeladen“ werden.

Dies ist in der Sozialwirtschaft besonders wichtig, weil bei der erwähnten Befragung festgestellt werden konnte, dass eine hohe Bindung an den gewählten Beruf bei vielen Befragten bereits gegeben, die Bindung an einen konkreten Arbeitgeber jedoch weithin offen war. Erfolgversprechend ist es auch, die regionale Verwurzelung der Unternehmen der Sozialwirtschaft hervorzuheben. Diese kann durchaus ein wichtiges Element der Entscheidung für einen Arbeitgeber sein. Nicht zu unterschätzen sind auch zeitliche Aspekte der Arbeitgeberwahl. Dieser dürfte sich bei jüngeren Zielgruppen über einen längeren Zeitraum erstrecken, so dass hier eine kontinuierliche Kommunikation eine wichtige Rolle spielt, um der Zielgruppe konkrete Aufgaben, Inhalte und Bedingungen einer möglichen Tätigkeit bei einem bestimmten Arbeitgeber zu verdeutlichen.

Fachkraftgewinnung als kontinuierlicher Kommunikationsprozess

Für Arbeitgeber in der Sozialwirtschaft bedeutet dies, die bisherigen Vorgehensweisen bei der Rekrutierung und Bindung junger Fachkräfte zu überprüfen. Die konkrete Kommunikation der Vorteile als Arbeitgeber ist dabei als laufender Prozess zu verstehen und auch entsprechend umzusetzen. Hier gilt es, rechtzeitig mit der Kommunikation zu beginnen und dabei langfristig und dauerhaft sowie authentisch mit den Zielgruppen zu kommunizieren.

Dabei können jüngere Mitarbeiter der Sozialwirtschaft durchaus als „Botschafter des Arbeitgebers“ eingesetzt werden, indem sie über ihre konkreten Erfahrungen berichten. Auch Besuche vor Ort oder die systematische Nutzung von Praktika sind gute Möglichkeiten ins Gespräch mit den Zielgruppen zu kommen. Wichtig ist es in jedem Fall, die Besonderheiten der Aufgaben und die Karrieremöglichkeiten in der Sozialwirtschaft herauszuarbeiten. Dies sollte immer auch das Betriebsklima und die Unternehmenskultur einbeziehen sowie aktuelle Fu?hrungsprozesse hinterfragen.

Geht es bei der Generation Y vor allem darum, den Sinn einer Mitarbeit in der Sozialwirtschaft zu verdeutlichen, steht für die Vertreter der Generation Z eine möglichst genaue und nachvollziehbare Beschreibung der Aufgaben und Arbeitsbedingungen im Vordergrund. Interessant wäre es in diesem Zusammenhang zu erfahren, inwieweit die Anforderungen, die sich aus dem zunehmenden Einsatz der neuen Generationen ergeben bereits in der Praxis berücksichtigt werden.

Zum Autor: Prof. Dr. Peter M. Wald ist Dozent für Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Personalmanagement an der HTWK Leipzig. Er forscht insbesondere zu Digitalisierung und Führung, Organisationsfragen des modernen Personalmanagements sowie Innovationen im Personalmanagement.

Prof. Dr. Wald wird auf der diesjährigen Mitgliederversammlung des Paritätischen Sachsen am 12.11. 2016 einen Vortrag mit dem Titel „Finden und Binden von Fachkräften für die Sozialwirtschaft – Von der Industrie lernen, oder?“ halten. Dabei geht er auf aktuelle Erkenntnisse zur Gewinnung von Fachkräften ein. Zudem beleuchtet er Ansätze der Personalgewinnung in der Industrie hinsichtlich deren Anwendbarkeit für die Sozialwirtschaft.