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Freiwilligendienst: Freiwilliges Bummeljahr?

Fünf Jugendliche sitzen nebeneinander.

Ein Freiwilliges Soziales Jahr ist doch nur etwas für Leute, die noch keine Lust haben zu arbeiten. Ist das so? Aliya Fischer hat sich in ihrem Kommentar ein paar Gedanken dazu gemacht.

„Ein freiwilliges Jahr ist ein Jahr zum Bummeln für die, die noch nicht ernsthaft arbeiten wollen.“

Dieses Statement hätte ich vor einer gewissen Zeit noch so abgegeben. Ich dachte, der Freiwilligendienst wäre etwas, um sich die Zeit nach dem Abschluss zu vertreiben, ohne entscheiden zu müssen, ob man studieren will, eine Ausbildung machen möchte oder gar nichts von beidem. Mit Sicherheit teilt der ein oder andere diesen Gedanken. Doch diese Aussage beschreibt keinesfalls meine heutige Meinung.

Wieso entscheidet man sich denn aber tatsächlich für den Freiwilligendienst? Das ist eine Frage, die ich mir erst gestellt habe, als ich an einem der Seminare für die Freiwilligen teilgenommen habe. Jetzt weiß ich: Im Freiwilligendienst geht es nicht darum, ein Jahr zu vertrödeln. Im Endeffekt entscheidet natürlich jeder selbst, was er aus diesem Jahr macht und es hängt genauso von der Anleitung der jeweiligen Einrichtung ab. Aber eigentlich geht es darum, sich für die Gemeinschaft zu engagieren ohne eine Entschädigung zu verlangen. Es ist eine Chance herauszufinden, was man vom Leben erwartet und ob man für den Umgang mit Menschen im Alltag wirklich geeignet ist. Man sammelt wichtige Erfahrungen.

In Wahrheit sind freiwillige Jahre perfekt, um herauszufinden: „Was will ich tun? Was liegt mir? Was macht mir Spaß?“ Oder: „Was will ich auf keinen Fall tun?“. Man erhält beispielsweise Einblicke in die Arbeit mit Kindern, alten Menschen oder Menschen mit Behinderungen. Denn nicht jeder weiß, was er nach der Schule machen möchte. Außerdem ist ein freiwilliges Jahr für beide Seiten eine Chance. Schließlich erhalten die Einrichtungen wie Kitas oder Altenpflegeheime dadurch zusätzliches Personal, was in den Zeiten des Fachkräftemangels ein Gewinn ist. Natürlich sind Freiwillige kein ausgebildetes Personal mit zwanzig Jahren Berufserfahrung, aber sie haben Zeit für Dinge, wie zum Beispiel mit den Menschen zu singen oder ihnen etwas vorzulesen. Dafür finden die Fachkräfte heute bei all ihren anderen Aufgaben einfach kaum noch die Zeit.

Wichtig ist auch: Die Freiwilligendienste bilden eine Gemeinschaft. Anfangs betritt man einen Raum voller Leute, die sich vorher noch nie gesehen haben. Man verlässt ihn aber als Teil einer Gruppe. Und in der heutigen Zeit mit all den Problemen und Krisen sind die Gemeinschaft und deren Zusammenhalt von höchster Priorität.

Ich denke also nicht, dass die Bezeichnung als „Bummeljahr“ passend ist. Allerdings sollte jeder dazu angehalten sein, sich selbst ein Bild zu machen. Gespräche mit Freiwilligen oder sogar das Absolvieren eines Freiwilligendienstes helfen beim Bilden oder dem Überdenken einer Meinung. Es sollte aber deutlich zu erkennen sein, dass die freiwilligen Jahre wichtig sind, egal wie man nun zu ihnen steht. Zukünftig können sie uns helfen, Werte wie Nächstenliebe, Menschlichkeit und Zusammenhalt nicht aus den Augen zu verlieren. Deshalb sage ich: Ein Hoch auf die „Bummeljahre“!

Und was denken Sie?


Zur Autorin: Aliya Fischer ist 16 Jahre alt und besucht derzeit das Gymnasium Dresden-Cotta. Sie absolvierte im Mai 2019 ihr zweiwöchiges Schulpraktikum in der Verbandskommunikation des Paritätischen Sachsen und bei den Paritätischen Freiwilligendiensten.


Mehr über Freiwilligendienste erfahren Sie auf: www.freiwillig-jetzt.de

Der Artikel erschien zuerst in der September Ausgabe 2019 unseres Magazins anspiel.