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Freiwilligenprojekte erfolgreich anleiten

Eine Gruppe von sechs Cartoon-Figuren, die unterschiedliche Charaktere symbolisieren.

In den zwölf Monaten ihres Freiwilligen Sozialen Jahres sollen Jugendliche in den Einsatzstellen eigene Projekte umsetzen. Für Anleiter*innen ist das nicht immer eine leichte Aufgabe. Das Team des Horts der Dresdner Dinglingerschule verfolgt hierbei einen eigenen Ansatz.

Noch herrscht Ruhe auf den Gängen der Dresdner Dinglingerschule. Mit dem Pausensignal ändert sich das umgehend. Türen öffnen sich und die Schüler*innen strömen aus ihren Klassenräumen. Hier wird gelacht, an anderer Stelle über die neuesten Handyspiele diskutiert und dort sprechen zwei Mädchen über die zurückliegende Schulstunde. „Kein Tag ist wie der der andere, wenn man mit Kindern arbeitet“, sagt Steffi Richter lachend mit Blick auf das bunte Treiben. Sie arbeitet hier im Hort als Sozialarbeiterin. Die Aufgaben sind vielfältig und fordern alle Fachkräfte immer wieder aufs Neue.

Das gilt ebenso für den Schulhort. Das Team ist gut eingespielt und es herrscht eine offene Dialogkultur. Neben den neun Fachkräften gehört immer auch ein junger Mensch im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) zum Hort-Team. „Das ist uns wichtig“, betont Steffi Richter, die selber über ein FSJ den Zugang zum Berufsfeld der Sozial- und Bildungsarbeit fand. „Freiwillige sind Unterstützung und Impulsgebende. Eigene Projekte der Engagierten besitzen dabei einen besonderen Stellenwert.“

Freiwillige als Teil des Teams verstehen

Zwölf Monate verbringen Jugendliche im FSJ in ihrer Einsatzstelle. Während dieser Zeit ein eigenes Projekt umzusetzen, das sich in das Aufgabenfeld der Einrichtung integriert, ist gewünschter Bestandteil des Engagements. Dabei gilt es seitens der Einsatzstelle, den richtigen Mittelweg zwischen Anleitung und Vorgaben sowie der Befähigung zum selbstständigen Handeln zu finden.

Im Hort der Dinglingerschule ist klar: Der oder die Freiwillige ist fester Teil des Teams. Obwohl die Jugendlichen nur für ergänzende Tätigkeiten eingesetzt werden dürfen, sollen sie von Beginn an spüren, dass sie dazugehören. Die Anleiterin beschreibt es als „Umgang auf Augenhöhe“ und erklärt: „Für uns bedeutet das, schon beim Kennenlernen die Erwartungen und Wünsche beider Seiten offen anzusprechen. Die ersten Monate des Einsatzes nutzen wir, um die Interessen der FSJler kennenzulernen.“ Sich diese Zeit zu nehmen, Freiräume zu bieten sowie unterstützend einzugreifen, wenn es nötig ist, erachtet die Anleiterin als grundlegende Voraussetzung, damit ein Projekt der Freiwilligen gelingen kann.

Regelmäßige Reflexionsgespräche anzubieten, ist insbesondere in den ersten Monaten unumgänglich. Nicht zuletzt diese Gespräche helfen der Anleiterin, ein gutes Gespür für die FSJler zu bekommen. Wenn sie aus unterschiedlichen Gründen keine Zeit hat, organisiert sie entweder einen Ersatztermin oder ein anderes Teammitglied springt ein. Die Engagierten sollen wissen, dass es Raum für sie und ihre Belange gibt. „Im Beziehungsaufbau sehen wir einen Schlüssel zum Erfolg. Dafür braucht es Zeit. Das ist allen im Team bewusst, weshalb der Austausch mit den Freiwilligen selbst bei hohem Arbeitsaufkommen eine zentrale Rolle spielt“, unterstreicht Steffi Richter.

Erst einbinden, dann das Projekt

Ein eigenes Projekt starten die Jugendlichen dann ab der zweiten Hälfte ihres FSJ. Ausschlaggebend dafür, ob es ein Projekt geben wird und wie es aussehen soll, sind deren Interessen. Die Anleiterin versteht sich hierbei als Begleiterin der Idee. „Wir weisen die Freiwilligen im ersten Halbjahr auf die Möglichkeit eines eigenen Projektes hin und ermutigen dazu. Natürlich wollen wir als Einrichtung aus den Projekten der Freiwilligen auch etwas mitnehmen. Viel entscheidender ist jedoch, dass die Jugendlichen für sich selbst etwas lernen und die eigene Selbstwirksamkeit erfahren. Das war schon damals ein wichtiges Ansinnen des Teams, als wir uns entschieden haben, als FSJ-Einsatzstelle an den Start zu gehen. Aus dem Erfahrungsschatz der Projektarbeit können die FSJler in späteren Lebensphasen immer wieder schöpfen“, ist die Sozialarbeiterin überzeugt.

Die gute Einarbeitung im ersten Halbjahr gibt den Jugendlichen die Sicherheit, etwas Eigenes zu entwickeln. Oft sprudeln gerade jene Freiwilligen vor Ideen über, die frisch aus der Schule ins FSJ kommen. Die Anleitung agiert hier zwischen der Schaffung von Freiräumen und dem Geben von Impulsen. Die Option, eigenen Erfahrungen zu sammeln steht im Vordergrund. Das bedeutet vor allem, auch Fehler zuzulassen und diese dann konstruktiv aufzuarbeiten. Gemeinsam werden beispielsweise Fragen geklärt: Passt die Idee zur Zielgruppe? Welche Ressourcen stehen zur Verfügung? Wer muss miteingebunden werden?

Freiwilligen eigene Erfahrungen ermöglichen

Zur Begleitung an diesem Punkt der Projektarbeit meint die Anleiterin: „Es ist schön mitanzusehen, wie die Freiwilligen den Blick für einen realistischen Rahmen entwickeln. Die Reflexionsgespräche helfen, die eigenen Ziele zu überprüfen. Das lassen wir bewusst durch die FSJler selbst geschehen. Der Fokus unserer Begleitung liegt eher darauf, dass die Erkenntnis, etwas nicht erreichen zu können, absolut in Ordnung und nicht mit Versagen gleichzusetzen ist. Die eigenen Fähigkeiten sowie bestehende Rahmenbedingungen zu erkennen und vor diesem Hintergrund das Machbare abzuschätzen, ist unserer Ansicht nach eine hilfreiche Fertigkeit für den weiteren Lebensweg.“

Der Aufwand einer derart intensiven Begleitung während des laufenden Tagesgeschäftes erscheint hoch. Doch der Gewinn für das Team und die Einrichtung ist ebenfalls nicht zu unterschätzen. Im Hort der Dinglingerschule sind sich alle einig, dass insbesondere die biografische Nähe der jungen Freiwilligen zu den Schüler*innen im Hort für die Fachkräfte anregende Brücken schlägt. In Teamsitzungen kommen dadurch interessante Perspektiven zur Sprache oder Angebote werden neu überdacht, um sie für die Hortbesucher*innen attraktiver zu gestalten.

Ruhe kehrt ein als die Klingel wieder zum Unterricht ruft. Die letzte Stunde ist angebrochen, danach werden die Kinder in den Hort gehen. Steffi Richter macht sich auf den Weg, um letzte Vorbereitungen zu treffen. Zudem ist sie freudig gespannt, denn der aktuelle Freiwillige möchte heute Nachmittag etwas ganz Neues mit den Kindern ausprobieren.


Gute Anleitung von Freiwilligen ist sowohl für die Einsatzstelle als auch die Engagierten der Schlüssel für einen erfolgreichen Freiwilligendienst. Nutzen Sie unsere jährliche Konferenz für Anleiter*innen oder sprechen Sie mit unseren Referent*innen.

Die Kontaktdaten finden Sie auf: www.freiwillig-jetzt.de


Der Artikel erschien zuerst in der März-Ausgabe 2020 unseres Magazins anspiel.