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Ganztagsbildung: Kooperation von Schule und Hort braucht einen neuen Rahmen

Ein Junge sitzt an einem Tisch und zeigt auf einen Wochenplan an der Wand. (Foto: Sergey Novikov/ Fotolia.com)

In den vergangenen Monaten brachte sich der Paritätische Sachsen in Expert*innen-Räten und bei regionalen Bildungsforen in den vom sächsischen Kultusministerium angestoßenen Prozess zum „Bildungsland 2030“ ein. Dabei setzte der Verband auf eines seiner TOP-Themen für das Wahljahr 2024: die Stärkung der Ganztagsbildung. Wir sprachen darüber mit Nicole Börner, Referentin für Bildung.

Frau Börner, wie sollte denn Ganztagsbildung in Sachsen in Zukunft aussehen und warum ist das Thema so wichtig?

Nicole Börner: Vor allem die Kinder profitieren von einem abwechslungsreichen Schulalltag mit vielfältigen Lernformen - von der ersten Stunde bis zum Heimgehen am Nachmittag. Aktuell erleben Grundschulkinder jedoch verschiedene Welten: Unterricht am Vormittag, Freizeitgestaltung im Hort am Nachmittag. Zwischendurch vielleicht noch ein Ganztagsangebot, zum Beispiel die Schach-AG. Bei Ganztagsbildung wird Lernen umfassender gedacht. Lehrer*innen und Hortpädagog*innen sollen ein gemeinsames Bildungsverständnis erlangen können, um die Kinder individueller zu fördern.

Kinder brauchen Orte der Geborgenheit, um sich gut zu entwickeln zu können. Das klingt vielleicht etwas pathetisch, ist aber ernst gemeint. Es ist ähnlich wie in einer Familie. Kinder wachsen glücklich auf, wenn Erwachsene Wertschätzung und Interesse zeigen und Mitsprache möglich ist. Der Ganztag soll ein Lernort sein, wo Lernen Freude macht. Hier sollen - wie in einer Familie - die Bedürfnisse des Kindes im Mittelpunkt stehen. Es geht also um mehr als die reine Wissensvermittlung oder die Aufsichtspflicht bis in die Nachmittagsstunden, sondern um einen gemeinsamen, abgestimmten und fachlich durchdachten Alltag.

Bisher muss sich der Hort meist in das System Schule einfügen und hat wenig verbindliche Mitsprache. Wir wollen das ändern und schlagen vor, mit Hilfe eines Rahmenvertrags Ganztagsbildung zukünftig aufeinander abzustimmen. Denn ein Vertrag schafft Klarheit hinsichtlich der jeweiligen Aufgaben. Die konkrete Ausgestaltung der Angebote erfolgt vor Ort. Das ist ein Prozess zwischen Schule, Hort und Eltern sowie Kindern, bei dem die Frage geklärt wird, wie Ganztag mit den jeweiligen regionalen Gegebenheiten konkret umgesetzt werden soll. So wird Bildung aus einem Guss möglich. Da wollen wir hin, das ist mein Ziel.

Warum war es Ihnen so wichtig, die Ganztagsbildung in den Prozess zum „Bildungsland Sachsen 2030“ einzubringen?

Nicole Börner: Ich kann ganz ohne Glaskugel sagen: Im Jahr 2030 wird es an allen Schulen in Sachsen Ganztagsbildung geben. Denn ab 2026 gibt es einen gesetzlichen Anspruch darauf, der dann Jahr für Jahr bis zur 4. Klasse ausgeweitet wird. Ich finde, das ist ein richtiger und auch wichtiger bildungspolitischer Schritt, der da 2021 auf Bundesebene gegangen wurde.

Für Sachsen bedeutet das, der Zusammenarbeit von Schule und Hort nun einen neuen Rahmen im Sächsischen Kita- und Schulgesetz zu geben. Und dafür haben wir nur noch zwei Jahre Zeit. Deshalb muss der Freistaat zügig die Voraussetzungen für eine gelingende Ganztagsbildung schaffen und Schulen wie Horte auf die neue Aufgabe vorbereiten. Der Verzahnung beider Bereiche kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Das war meine Botschaft in den jeweiligen Expert*innen-Runden.

Welchen Stellenwert hat die Ganztagsbildung aktuell in der sächsischen Politik und Verwaltung?

Nicole Börner: Ich höre ein klares ‚Ja!‘ der demokratischen Parteien zur Ganztagsbildung. Auch der Sächsische Kultusminister, Christian Piwarz, spricht sich dafür aus. Mit dem Projekt „Ganztagspiloten“ unterstützt der Freistaat schon heute Schulen, die sich auf den Weg machen.

Dennoch ist Ganztagsbildung kein Selbstläufer. Es braucht einen politischen Willen zu mehr Verbindlichkeit, damit 2026 wirklich alle Schulen in Sachsen startklar sind. Heute in einem Jahr werden die Verhandlungen für eine neue Landesregierung im vollen Gange sein. Die Ganztagsbildung und insbesondere die bessere Zusammenarbeit von Schule und Hort muss unbedingt im kommenden Regierungsprogramm stehen.    


So soll Ganztagsbildung bis 2030 gestaltet sein:

  • Die Schule der Zukunft verbindet Schule und Hort und fördert Ganztagsbildung aus einem Guss.
  • Im Sächsischen Kita- und Schulgesetz wird die Verantwortung für einen abgestimmten Ganztag gleichberechtigt geregelt – Schule und Hort entwickeln Konzepte auf Augenhöhe.
  • Schule und Hort leben ein gemeinsames Bildungsverständnis und fixieren dies verbindlich in einem Rahmenvertrag.

Lesen Sie hier das Positionspapier zur Ganztagsbildung in Hort und Schule.

Kontakt

Nicole Börner (Referat Bildung)
Tel.: 0351 – 828 71 152
E-Mail: nicole.boerner(at)parisax.de


Das Interview führte Tina Siebeneicher, Referentin für Verbandskommunikation.