Eine Betriebsrente anzubieten, kann ein gutes Argument sein, wenn es um die Bindung oder Gewinnung von Fachkräften geht. Die Optionen sind vielfältig und die Versicherer versuchen, ihre Produkte vorteilhaft anzupreisen. Der unabhängige Versicherungsberater Leander Nico Palitzsch-Grawert erklärt, worauf Arbeitgeber achten sollten.
Berater*innen mit Verkaufsabsichten sind bei einem komplexen Thema wie Betriebsrenten mit Vorsicht zu genießen. Zumal die abzuschließenden Optionen mitunter weit in die Zukunft reichen und schon allein deshalb Verlässlichkeit oberstes Gebot sein sollte. Wenden Sie sich am besten an jemanden, der direkt von Ihnen vergütet wird und nicht am Abschluss von Verträgen verdient. Das können spezialisierte Rechtsanwält*innen und zu eingeschränkten Fragestellungen auch Steuerberater*innen sein.
Zudem gibt es Versicherungs- und Rentenberater*innen. Im Bereich der betrieblichen Altersversorgung (bAV) sind Versicherungsberater*innen meist auf Direktversicherungen, Pensionskassen oder rückgedeckte Unterstützungskassen spezialisiert. Rentenberater*innen warten mit ihrer Expertise vor allem zu Pensionszusagen und Zeitwertkonten auf.
Für Arbeitgeber (AG) ist festzuhalten, dass sie nicht nur die erste Anlaufstation ihrer Beschäftigten beim Thema Betriebsrente sind. Vielmehr sind sie der Mitarbeiterschaft gegenüber in vielerlei Hinsicht zur Information und Fürsorge verpflichtet. Bei Missachtung droht Schadenersatz.
Was möchte das Unternehmen?
Eine Direktversicherung kann dort hilfreich sein, wo AG lediglich die Pflichterfüllung im Blick haben. Geht es jedoch auch um Aspekte wie die Bindung ans Unternehmen und eine auskömmliche Versorgung der Beschäftigten im Alter, dann könnte eine Pensionszusage mit ausgewogener Rückdeckung eine gute Wahl sein. Die Einführung von Arbeitszeitkonten ist dagegen für jene Unternehmen interessant, denen ihre körperlich schwer arbeitende Belegschaft am Herzen liegt und die deren verdienten frühzeitigen Renteneintritt erleichtern wollen. Das gilt ebenfalls beim Stichwort Sabbatjahr. Manchmal aber ist die perfekte Lösung eine Kombination mehrerer Komponenten. Und vergessen Sie bitte nicht, dass die Ausgestaltung der betrieblichen Altersversorgung in aller Regel die Zustimmung des Betriebsrats erfordert.
Individuell oder ein Paket für alle?
Natürlich können sich AG auch komplett heraushalten und den individuellen Wünschen der Arbeitnehmenden entsprechend die Verträge abschließen. Da es sich meist um Direktversicherungen handelt, werden die Unternehmen somit zum Versicherungsnehmer. Das heißt, dass ihnen mindestens die Pflicht einer Plausibilitätsprüfung jedes einzelnen Vertrages auferlegt ist - ein immenser Aufwand! Zudem haften AG mit ihrer Unterschrift auch für die Richtigkeit der Gesundheitsfragen. Bei falschen Angaben können Versicherer die Leistungen verweigern und das Unternehmen ist selbst in der Pflicht, die Versorgungszusagen zu erfüllen.
Kurzum – es dürfte für eine Vielzahl von Betrieben günstiger sein, sich rechtzeitig für einen bestimmten Durchführungsweg (oder die Kombination verschiedener Wege) zu entscheiden. Hierbei obliegt den AG aber eine weitergehende und tiefere Pflicht zur Prüfung als nur auf Plausibilität. Deshalb:
- Nehmen Sie sich Zeit und prüfen Sie die Angebote kritisch.
- Behalten Sie die Vertragskosten im Blick. Für Lohnsteuervorteile bei Geringverdienenden dürfen keine einmaligen Abschlusskosten anfallen.
- Rechnen Sie anhand der Beiträge und der ausgewiesenen Zinsen selbst einmal nach.
- Prüfen Sie den Versicherer anhand seiner Kennzahlen auf Leistungsfähigkeit.
- Vermeiden Sie Leistungsbausteine, die eine Gesundheitsprüfung erfordern.
- Nutzen Sie die Hilfe neutraler Beratung.
Zum Autor: Leander Nico Palitzsch-Grawert ist Sachverständiger für Versicherungen und Unternehmensberater. Seit fast 20 Jahren berät er kleine und mittelständische Unternehmen. Als Dozent bietet er im Weiterbildungsprogramm des Paritätischen Sachsen regelmäßig Seminare zu verschiedenen Versicherungsthemen an.
Aktuelle Weiterbildungsangebote mit dem Autor finden Sie in unserem Veranstaltungskalender.
Der Artikel erschien zuerst in der Ausgabe 2.2019 unseres Verbandsmagazins anspiel.