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Gastbeitrag: Männerberater – wozu das denn jetzt?

Symbolbild: Verschiedene Männer stehen nebeneinander (Foto: curto - stock.adobe.com)

Die Landesfachstelle Männerarbeit bietet seit kurzem eine Fortbildung zum Männerberater an. Thomas Hönel von der Landesarbeitsgemeinschaft Jungen- und Männerarbeit Sachsen e.V. erklärt, warum das Thema wichtig ist.

Nico ist ein sympathischer Mann Anfang vierzig. Er ist selbständig, hat zwei Töchter und lebt in einer festen Beziehung. In einer Mail formuliert er seine Situation:
 „… Ich komme an manchen Punkten nicht mehr weiter … Dann gibt es Differenzen und unsere Auseinandersetzungen nehmen immer mehr zu … Ich bin ratlos und weiß nicht mehr weiter.“

Steffen ist Mitte fünfzig, leitender Angestellter, hat vier Kinder aus zwei Ehen und lebt in einer Beziehung. Im Gespräch öffnet er sich und spricht davon, wie er täglich über zwei Stunden in sozialen Medien verbringt. Das macht ihn unausgeglichen, zerrissen und beunruhigt ihn sehr. Er hat versucht, die Zeit zu reduzieren - alle Versuche schlugen fehl. „Was kann ich nur machen? Was ist los mit mir?“, fragt er.

Das sind nur zwei Beispiele von Männern mitten aus der Gesellschaft. Sie sind in Deutschland geboren und aufgewachsen, sie sind materiell abgesichert und stehen mitten im Leben. Sind ihre Probleme nun ein Fall für eine Psychotherapie, für den Urologen (eines der Argumente, wenn es um Beratung für Männer geht) oder für ein Gespräch mit Kumpels beim Bier?

Durch den gesellschaftlichen Wandel nimmt die Komplexität der Herausforderungen auch für Männer zu. Althergebrachte Sprüche wie „Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss“ oder „Männer haben keine Probleme, sie lösen sie“ verlieren in kritischen Situationen ihre Wirksamkeit und funktionieren nicht mehr. Was tritt jedoch dann ein? Studien belegen, dass Männer den Spagat zwischen den erlernten äußeren und inneren Anforderungen sowie ihren körperlichen und emotionalen Zuständen oft schlicht nicht stemmen können. Es fällt ihnen zudem schwer, sich zu öffnen, zu vertrauen und Hilfe zu suchen.

Die Angst vor Verletzungen, vor Bloßstellung und davor, ausgeschlossen zu werden, trägt dazu bei, dass Männer über sechzig Prozent mehr Zeit benötigen als Frauen, bis sie sich Hilfe holen. Aufgrund früher Gewalterfahrungen, von denen zwei Drittel aller Männer betroffen sind, legen sie sich stattdessen einen Schutzpanzer zu. Diesen abzunehmen und Vertrauen aufzubauen, ist für Männer ein Schritt der Wagnis und fühlt sich meist an wie das Betreten eines neuen inneren Kontinents.

Gehen sie dann doch zu einer Beratung, sehen sich Männer oft Fachkräften gegenüber, zu denen sie nur schwer ein Vertrauensverhältnis aufbauen können. Denn in kritischen Phasen ihres inneren Konflikts möchten sie sich lieber mit einem Gegenüber austauschen, das ihre Nöte aus eigenem Erleben kennt oder diesen empathisch folgen kann. Die Erfahrung zeigt, dass sich Männer in der Beratung an ihrem Gegenüber orientieren. Das funktioniert bei Männern jedoch auch nicht zwangsläufig bei jedem Mann. Gerade in der Phase des Überdenkens und Reflektierens der eigenen Position, ist es hilfreich, wenn der gegenübersitzende Mann selbst gut in seiner eigenen Persönlichkeit verankert und reflektiert ist.

Die Reflektion des eigenen männlichen Lebens und die kritische Auseinandersetzung mit den aktuellen Anforderungen an Männer in der Gesellschaft sind zentrale Themen der Männerberaterfortbildung der Landesfachstelle Männerarbeit in Dresden. Der Therapeut und Männerberater Enrico Bischof empfiehlt die Fortbildung mit den Worten: „Es ist notwendig, sich spezifische Expertise anzueignen, welche dem lebensweltlichen und männertheoretischen Hintergrund gerecht wird.“

Weitere Informationen zur Jungen- und Männerarbeit finden Sie auf der Website unseres Mitglieds Landesarbeitsgemeinschaft Jungen- und Männerarbeit Sachsen e.V.: www.juma-sachsen.de


Der Autor: Thomas Hönel ist bei der Landesarbeitsgemeinschaft Jungen- und Männerarbeit Sachsen e.V. für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich.