Kontaktaufnahme

Geborgen sterben - Fachtag diskutiert Sterbekultur in Pflege und Eingliederungshilfe

Zwei Personen sitzen in einem Kajak und paddeln gemeinsam über eine ruhige Wasserfläche.

Menschen im letzten Lebensabschnitt würdevoll und geborgen zu begleiten, ist nicht allein Aufgabe von Hospizdiensten. Welche Aufgaben hinsichtlich der Sterbekultur auf die Pflege und zunehmend auch die Eingliederungshilfe zukommen, diskutierten fast 300 Fachkräfte auf einem Fachtag in Dresden.

Mit dem im Dezember 2015 beschlossenen Hospiz- und Palliativgesetz (HPG) kam der Bund den Anforderungen an ein würdevolles Sterben an allen Orten des Lebens nach. Allein die Umsetzung in der Praxis erweist sich als große Herausforderung. Krankenhäuser sowie ambulante und stationäre Pflege befassen sich seit jeher mit der Sterbebegleitung von Patient(inn)en und Bewohner(inne)n. Für die Einrichtungen und Dienste der Behindertenhilfe jedoch ist das Thema erst in den vergangenen Jahren präsenter geworden, da auch die dort betreuten Menschen mittlerweile auch ein hohes Lebensalter erreichen.

"Für mehr als 75 Prozent hochbetagter, mehrfach kranker und schwerstpflegebedürftiger Menschen werden stationäre Pflegeeinrichtungen zu ihrem letzten Zuhause", sagte der derzeitige Liga-Vorsitzende und Diakonie-Vorstandschef Christian Schönfeld. Sterbebegleitung werde deshalb immer häufiger zu einer pflegerischen Aufgabe. Das neue Hospiz- und Palliativgesetz sei vor allem deshalb wichtig, weil es neben mehr Geld, Zeit und Personal auch das Ende des Lebens auf die öffentliche Agenda gesetzt hat. Sterbekultur sei längst nicht mehr nur eine Sache von Krankenhäusern oder Altenpflegeheimen. Betroffen sei letztlich die ganze Gesellschaft, "weil wir nun mal alle sterben müssen", so Christian Schönfeld. "Neben der Qualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Bereichen Palliative Care heißt das vor allem, die ambulanten Hospizdienste, die Pfarrerinnen und Pfarrer der Kirchengemeinden, die Haus- und Fachärzte kooperativ mit in den Dienst einzubeziehen."

Netzwerke als Schlüssel erfolgreicher Hospiz- und Palliativversorgung

Um Menschen geborgenes Sterben zu ermöglichen, müssen sich Akteure eng miteinander vernetzen. Diese Erkenntnis zog sich wie ein roter Faden durch alle Vorträge und Diskussionen der Veranstaltung. „So sollten unter anderem Pflegeeinrichtungen, Hospizdienste, Hausärzte, Ehrenamtliche, Angehörige und die Sterbenden selbst eingebunden werden, damit die letzte Lebensphase im Sinne des sterbenden Menschen gestaltet werden kann. Ein jeder kann dies unterstützen, indem man rechtzeitig eine Patientenverfügung erstellt. Auch im Familien- oder Freundeskreis sollte darüber gesprochen werden, wie man sich das eigene Lebensende wünscht“, sagt Claudia Österreicher, Referentin für Ambulante Pflege des Paritätischen Sachsen und Mitorganisatorin der Fachtagung.

Dafür müssen allerdings auch die Rahmenbedingungen stimmen, ergänzt Gerda Graf, Ehrenvorsitzende des Deutschen Hospiz- und Palliativverbandes (DHPV). Das neue Hospiz- und Palliativgesetz (HPG) sei ein wichtiger Schritt. Träger und Organisationen der Sterbebegleitung müssten sich aber ebenso selbstkritisch fragen, ob die bisherigen Konzepte zukunftsfähig sind. Dies betrifft unter anderem die Möglichkeit der Qualitätskontrolle, die Wissensvermittlung oder die Einbeziehung von Angehörigen und Ehrenamtlichen.

Ein wesentlicher Bestandteil kann die gesundheitliche Versorgungsplanung in der letzten Lebensphase sein, wie sie im seit 2015 geltenden HPG vorgesehen ist. „Der Rahmen stimmt, nur die Umsetzung kann derzeit nicht erfolgen, da Details wie die notwendigen Qualifikationen oder die Refinanzierung der erforderlichen Maßnahmen noch ungeklärt sind“, berichtete Katrin Weimann, Referentin des Deutschen Hospiz- und Palliativverbandes. Die Verhandlungen zu einem entsprechenden Rahmenvertrag seien unlängst ins Stocken geraten. Eine Einigung sei aber überfällig, da die guten Chancen des HPG sonst nicht umgesetzt werden könnten.

Mensch im Mittelpunkt der Hospiz- und Palliativversorgung

Der Fachtag bot bewusst Freiräume, um die Teilnehmenden aus den verschiedenen Tätigkeitsfeldern wie der ambulanten und stationären Pflege, der Eingliederungshilfe sowie den stationären und ambulanten Hospizdiensten ins Gespräch kommen zu lassen. Ein Angebot, dass alle gerne aufgriffen. Die hohe Teilnehmer(innen)zahl und die intensiven Diskussionen in den Pausen und den Fachgesprächen am Nachmittag verdeutlichten einmal mehr, wie wichtig das Thema ist und welche Unsicherheit zum Teil noch herrscht.

„Insbesondere in Pflegeeinrichtungen oder ambulanten Diensten gehört das Sterben der zu pflegenden Menschen zum Arbeitsalltag. Fachkräfte wünschen sich jedoch mehr Zeit und auch Unterstützung, damit sie Sterbende gut und den Wünschen entsprechend begleiten können. Ich denke, der Fachtag konnte einige Anstöße geben. Gleichzeitig stehen wir bei dem Thema noch am Anfang, wenn wir eine Sterbekultur leben wollen, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt“, meint Claudia Österreicher abschließend. Gemeinsam mit den Liga-Verbänden werde man sicher weitere Veranstaltungen planen. Auch mit dem Weiterbildungsbereich des Paritätischen Sachsen hat sich die Referentin bereits abgesprochen, um den Trägern passende Angebote unterbreiten zu können.