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Gesund arbeiten: Gut kommunizieren – Belastung reduzieren

Symbolbild: Sprechblasen, Dialog, Frage, Antwort (fidaolga - stock.adobe.com)

Das Sprach-, Bildungs- und Beratungszentrum e.V. aus Zwickau setzt auf klare Kommunikationsstrukturen, Transparenz und ein starkes Leitungsteam, das die Beschäftigten gut begleitet und mehr führt als leitet. Die Erfahrung zeigt, dass Belastungen im Arbeitsalltag so schneller erkannt und reduziert werden können.

Die Arbeitsbelastung ist hoch und an manchen Tagen scheinen einem die Aufgaben über den Kopf zu wachsen. Den Beschäftigten des Sprach-, Bildungs- und Bildungszentrums e.V. (SBBZ) aus Zwickau geht es da nicht anders. Natürlich kann die Arbeit mit Kindern und Jugendlich fordernd sein - der Druck entsteht jedoch meist dann, wenn Personal ausfällt. Immer wieder war zu beobachten, dass Kolleg*innen in diesen Situationen in ein Spannungsfeld aus Zeitdruck und dem persönlichen Anspruch an die eigene Arbeit geraten. Ebenso fiel auf, dass Absprachen manchmal nicht so funktionierten, wie sie gedacht waren. Teilweise führte das dann zu Irritationen und Konflikten in der Belegschaft. In der Folge erhöhte sich der Stress für alle Beteiligten.

„Die fachlichen Anforderungen an die Arbeit in der Kinder- und Jugendhilfe sind hoch. Deshalb war es uns wichtig, jene Faktoren zu minimieren, die eine zusätzliche Belastung für unsere Mitarbeiter*innen darstellen. Hierbei setzen wir seit 2017 gezielt auf die mittlere Leitungsebene“, erklärt Doreen Gruhn, die seit 2013 Geschäftsführerin des SBBZ e.V. ist. Mit Hilfe des Programms Unternehmenswert Mensch bildete der Träger seine Leitungskräfte entsprechend fort.

Kommunikation als Schlüssel

Die zentrale Erkenntnis dieses Entwicklungsprozesses mutet auf den ersten Blick geradezu unspektakulär an: Es hängt alles an Kommunikation und Kommunikationsstrukturen. Dazu gehören beispielsweise eine transparente Vermittlung von Entscheidungen, das Einhalten klar definierter Kommunikationswege sowie die aktive Beteiligung der Beschäftigten. Was so einfach klingt, ist es in der Praxis oft nicht. Unklare Zuständigkeiten, missverständliche Absprachen, Unausgesprochenes oder Vorausgesetztes kann sich im beruflichen Alltag negativ auswirken. In der Folge sind Kommunikationswege und Strukturen meist ineffizient und kommen als unnötige Stressoren zusätzlich zur vorhandenen Arbeitsbelastung hinzu.

„Missverständnisse aufzulösen, sich in die Perspektive der Anderen hineinzuversetzen, deren Motivation zu erkennen und anzuerkennen, war im gesamten Prozess wichtig und gehört heute selbstverständlich zur Unternehmenskultur - ebenso wie das Erkennen und die Akzeptanz der Aufgabenfülle des Gegenübers. Das benötigt gerade am Anfang Zeit. Entwickelt sich dadurch ein gutes Verständnis füreinander und steht dies im Zusammenhang mit klaren Kommunikationsstrukturen, entsteht im Arbeitsalltag ein Gewinn, der Belastungsfaktoren für die Beschäftigten reduzieren kann“, schildert die Geschäftsführerin ihre Erfahrungen.

Zuhören und wirklich verstehen

Eine wichtige Funktion nimmt dabei das aktive Zuhören ein. Es fordert viel Konzentration und Selbstdisziplin, um zu hören, was gesagt wird, um Befindlichkeiten zu erspüren und auch zwischen den Zeilen Unausgesprochenes wahrzunehmen und anzusprechen. Ernsthaftigkeit, Neutralität und der respektvolle Umgang miteinander bilden dabei die Basis.

Nicht zuletzt geht es gerade bei Konflikten darum, deren wahren Ursprung zu ergründen, um konkrete Lösungen entwickeln zu können. Diesbezüglich unterstreicht Doreen Gruhn:  „Einen strukturell bedingten Konflikt muss man anders angehen als beispielsweise einen Sach- oder Interessenkonflikt. Auch die für eine Lösung zu beteiligenden Personen hängen stark von der Art des Konfliktes ab.“

Auf der anderen Seite steht das Vertrauen in die Kompetenzen und Zuständigkeiten der Beschäftigten. Die positiven Effekte dieses Vorgehens sind im SBBZ deutlich spürbar. Die Eigeninitiative der Leitungskräfte und ihrer Teams stieg merklich an. Viele Dinge, die früher einen hohen Abstimmungsbedarf hatten, können jetzt in der Regel durch die Teams selber geklärt werden. Für die Leitungskräfte und Teams ist der eigene Wirkungsrahmen besser erkennbar geworden. Sie handeln dabei immer im Wissen, dass die Geschäftsführung bei nicht zu klärenden Fragen hilft.

Zuständigkeiten und Kommunikation strukturieren

Für Fragen und Absprachen hat sich das SBBZ einen klaren Rahmen gegeben. So gibt es feste Sprechzeiten, zu denen sich die verschiedenen Teams und Leitungskolleg*innen austauschen und Fragen beantwortet werden. Bei diesen Treffen wird strikt darauf geachtet, dass Fragen konkret formuliert und adressiert werden. Zudem überlegen sich alle Beteiligten vorab, was in diesem Termin besondere Priorität besitzt und welche Themen eher zu einem späteren Zeitpunkt besprochen werden können. Werden Probleme sichtbar oder Unzufriedenheiten angesprochen, sind die Beschäftigten aufgefordert, dies mit mindestens drei Lösungsvorschlägen zu begleiten.

„Kritik kann und soll bei uns jederzeit geäußert werden. Das ist für mich als Geschäftsführerin essenziell, damit gute und vor allem tragfähige Entscheidungen getroffen werden können. Wo in einer Einrichtung der Schuh drückt, das wissen die Kolleg*innen vor Ort besser als ich. Ebenso wissen sie besser, wie eine mögliche Lösung aussehen könnte. Deshalb gehört es nun schon seit Jahren zu unserer Organisationskultur, dass Problemanzeigen immer mit Lösungsansätzen verbunden werden müssen, wenn sie vorgebracht werden. Einige Kolleg*innen haben sich damit zu Anfang etwas schwergetan. Mittlerweile können wir feststellen, dass alle sehr lösungsorientiert auf ihre beruflichen Herausforderungen blicken“, so Doreen Gruhns Fazit dazu.

Lösungsorientierten Blick einnehmen

Dank dieses Ansatzes haben alle außerdem ein besseres Gefühl dafür entwickelt, welche Fragen tatsächlich dringend sind und welche noch warten können. Damit sind auch die vielen kleinen Anfragen weggefallen, die sonst Arbeitsabläufe unterbrochen haben. Sie treten tatsächlich beinahe nur dann noch auf, wenn etwas wirklich nicht bis zu den regelmäßigen Sprechzeiten warten kann.

Insbesondere hinsichtlich der eingangs geschilderten Diskrepanz zwischen Zeitdruck und Selbstanspruch sorgt das bereits für Entlastung. Denn auch in diesem Punkt ist die Kommunikation unmissverständlich: Fragen müssen nicht sofort beantwortet werden. Es sei denn, es besteht Gefahr für Leib und Leben oder eine existenzielle Schädigung des Vereins ist zu befürchten. Das ist in der Praxis zum Glück kaum der Fall, was wiederum den Druck auf die Beschäftigten verringert.

Rahmen schaffen und Spielräume bieten

Doreen Gruhn denkt, dass die getroffenen Maßnahmen das Wohlbefinden und die Motivation der rund 50 Mitarbeiter*innen des SBBZ e.V. positiv beeinflussen. Die Rückmeldungen aus den Teams bestätigen dies: „Ein klarer Handlungsrahmen, die lösungsorientierte Sichtweise, die transparente und strukturierte Kommunikation sowie eine gute Fehlerkultur haben sich bei uns bewährt. Die Last verringert sich so. Wir haben natürlich Personalabgänge wie andere Arbeitgeber auch. Aber mehr als einmal erlebten wir dagegen, dass Leute wieder zu uns zurückkamen, weil wir eben diese Rahmenbedingungen bieten.“

Ein unvoreingenommener Blick auf die eigenen Strukturen kann Spielräume eröffnen, die vorher nicht wahrgenommen wurden. Vermeintlich eingespielte Abläufe sollten immer wieder auf den Prüfstand. Das SBBZ hat so vorhandene Stressoren reduziert.

Lernen Sie unser Mitglied Sprach-, Bildungs- und Beratungszentrum e.V. kennen: www.sbbz.de


Der Artikel erschien zuerst in der Ausgabe September 2022 des Verbandsmagazins anspiel. mit dem Schwerpunktthema "Gesund arbeiten". Das Heft können Sie hier herunterladen.