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Gewaltschutz finanzieren

Eine junge Frau hält sich die Hände vor das Gesicht. (Foto: rawpixel.com/ fotolia.com)

Die Förderung freier Träger ist nicht nur eine Frage des Geldes. Oft stellen die Förderkriterien die viel größere Herausforderung dar. Nicht nur der Verein Frauen für Frauen kämpft seit Jahrzehnten mit der daraus resultierenden Unsicherheit für den eigenen Fortbestand.

Fast 700 Menschen unterstützte und beriet die Koordinierungs- und Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt und Stalking Leipzig des Leipziger Vereins Frauen für Frauen im Jahr 2018. Der Verein ist seit fast drei Jahrzehnten im Gewaltschutz und der Familienberatung aktiv. Mit zwei Frauenhäusern, einer Frauenberatungsstelle, der Koordinierungs- und Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt und Stalking, einer Gewaltopferambulanz, dem Frauennotruf und einem Projekt der Mobilen Mädchenarbeit verfügt der Träger neben einer einzigartigen Angebotsvielfalt auch über ein breites Erfahrungswissen. Relativ neu ist das Projekt „Shelter. Help. Empowerment.“ für geflüchtete Frauen.

Mehr Fördergeld = höherer Eigenanteil

Altbekannt ist jedoch eine Frage, die sich seit Anbeginn stellt: Wie ist eine Finanzierung der Arbeit möglich? Derzeit kommen die Fördermittel vom Land und der Kommune. Da die Tätigkeitsfelder von Frauen für Frauen nicht zu den Pflichtaufgaben der Stadt Leipzig gehören, haben die Mitarbeiterinnen schon viele Höhen und Tiefen hinsichtlich der städtischen Fördergelder erlebt. Insbesondere im Vergleich zu manchem Landkreis stehen die Frauen in Leipzig jedoch noch recht gut da. Trotz schwankender Förderhöhe und schleppender Anpassung der Gelder an steigende Kosten, werden die Gewaltschutzaktivitäten von der Stadt als notwendig angesehen – anders als beispielsweise im Erzgebirgskreis, der diesbezüglich keinen Handlungsbedarf sieht und kommunale Förderung verneint.

Der Freistaat Sachsen gibt Gelder und versucht auf diesem Weg, die Kommunen ebenfalls zum Handeln zu animieren. Die Förderung des Landes ist jüngst sogar erhöht worden. „Mehr Geld vom Freistaat klingt erstmal gut“, sagt Lynn Huber, Vorstandsmitglied bei Frauen für Frauen, und erklärt: „Mehr Geld zu beantragen bedeutet aber immer auch, mehr Eigenanteile zu erbringen. Wir können die Fördermittelerhöhung des Landes aufgrund fehlender Eigenmittel nicht vollständig ausschöpfen. Bei der Stadt Leipzig haben wir eine Anteilsfinanzierung – eine Festbetragsfinanzierung würde uns natürlich einiges erleichtern. Auf alle Fördermittel, die wir für unsere Arbeit verwenden, müssen wir durchschnittlich zehn Prozent Eigenanteil mitbringen. Mit den meisten unserer Angebote erzielen wir aber gar keine Einnahmen. Um diese Lücke erfolgreich schließen zu können, ist viel Aufwand notwendig, der Zeit kostet, die für unsere eigentliche Arbeit leider wegfällt.“

Spenden einwerben und Unterstützer*innen gewinnen.

Als relativ großer Träger, der auch über die Stadtgrenzen hinaus eine gewisse Reputation besitzt, lassen sich die verschiedenen Aufgaben auf das eingespielte Team verteilen. Doch Fundraising, organisatorische Aspekte und Verwaltung sind nicht oder nur unzureichend zuwendungsfähig. Eine eigene Stelle für Geschäftsführung, Fundraising und Öffentlichkeitsarbeit wäre bei den aktuellen Gegebenheiten dringend notwendig, bleibt perspektivisch allerdings nur ein Traum.

Über die Fundraisingaktivitäten des Vereins berichtet Lynn Huber: „Seit 10 Jahren organisieren wir einmal im Jahr einen Frauenlauf. Das generiert Aufmerksamkeit für unser Thema und unsere Angebote. Gleichzeitig werben wir damit Spenden ein. Wichtig sind auch Kontakte zu örtlichen Klubs, wie beispielsweise dem Zonta Club, dem Lions Club, dem International Women’s Club oder dem Ladies’ Circle. Nicht zu vergessen ist die Pflege der Spenderinnen und Spender. Durch Pressearbeit und Veranstaltungen können wir wiederum verdeutlichen, was wir leisten und warum sich eine Unterstützung lohnt. Zum Beispiel beteiligten wir uns mit einer Open-Air-Ausstellung am feministischen Streik zum 8. März in Leipzig. Anhand einer simulierten Wohnung machen wir häusliche Gewalt erfahrbar. Bei aller Aktivität bleibt aber immer die Unsicherheit bestehen, ob man genügend Geld einwirbt und den Eigenanteil aufbringen kann.“

Ein Blick in den ländlichen Raum lässt erkennen, dass dies nicht immer gelingt. Denn besonders die kleinen Träger in den Landkreisen sind oft nicht in der Lage, hohe Beträge aufzubringen. Folglich ist der Mittelabruf geringer, Fördermittel bleiben ungenutzt.

Kontinuierliche Kontaktpflege und Regelmäßigkeit sind nach den Erfahrungen des Vereins von grundlegender Wichtigkeit für die erfolgreiche Mitteleinwerbung. Mit einem jährlichen Frauenlauf hat der Träger ein wiederkehrendes Ereignis geschaffen, das sich im Bewusstsein der Leipziger*innen verankert hat. Mediale Aufmerksamkeit und Vertrauensgewinn sind dessen Effekte, die gleichzeitig die Spendenbereitschaft fördern.


Hartmut Mann, Referent für Gewaltschutz des Paritätischen Sachsen, stellt hinsichtlich der Finanzierung fest:

„Der Frauen für Frauen e.V. Leipzig betreibt zwei von insgesamt 14 Frauen- und Kinderschutzhäusern in Sachsen sowie eine von insgesamt sieben Interventions- und Koordinierungsstellen gegen häusliche Gewalt. Der Freistaat Sachsen hat die Zuwendungsbedingungen für Angebote gegen häusliche Gewalt im Jahr 2018 modernisiert. Die Förderung erfolgt nun als Festbetragsfinanzierung und der Eigenanteil des freien Trägers kann teilweise durch ehrenamtliche Arbeit an Stelle von Geld erbracht werden. Für die Arbeit mit den von Gewalt betroffenen Kindern wurde die Förderung erweitert.

Zwei Probleme sind allerdings noch zu lösen: Der geforderte Eigenanteil an den Personal- und Sachkosten übersteigt die möglichen Einnahmen aus diesen Tätigkeiten bei weitem. Und es gibt noch kein zwischen Land und Kommunen abgestimmtes Finanzierungskonzept für die Frauen- und Kinderschutzhäuser.“

Kontakt:
Hartmut Mann
Tel.: 0351/ 828 71 144
E-Mail: hartmut.mann(at)parisax.de


Der Beitrag erschien zuerst in der Ausgabe 1.2019 unseres Verbandsmagazins anspiel.