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HIV und AIDS: Fachkräfte sind oft nicht auf dem aktuellsten Wissenstand

Rote Schleife des Welt-AIDS-Tages

Was wissen Sie über HIV? Fachkräfte der Sozial- und Bildungsarbeit sind oft nicht auf dem aktuellsten Stand, wenn es um die Immunschwächeerkrankung geht. Im Interview warnt Uwe Tüffers von der AIDS-Hilfe Dresden vor Diskriminierung und plädiert für mehr Weiterbildungen.

Herr Tüffers, Menschen für die aktuelle Situation rund um HIV zu sensibilisieren und Multiplikator*innen zu stärken, ist eine der Kernaufgaben der AIDS-Hilfen. Ist das heute noch notwendig?

Uwe Tüffers: Ja, denn die meisten Menschen haben immer noch Angst, sich anzustecken. Dazu gehören auch Profis wie Mediziner*innen, Pädagog*innen oder Sozialarbeiter*innen. Dabei ist HIV unter Therapie in der Regel gar nicht mehr ansteckend. Das wissen die wenigsten, die Kontakt mit Erkrankten haben bzw. sie glauben es ihnen nicht. Das führt immer wieder zur Diskriminierungen von Menschen mit HIV.

Es ist nicht selten, dass diese in Arztpraxen abgewiesen werden, z.B. aus Gründen des vermeintlichen Mitarbeiter*innenschutzes. Das ist einerseits vollkommen unlogisch, weil der Schutz vor HIV und anderen übertragbaren Krankheiten immer mitgedacht werden muss. Andererseits handeln die Patient*innen mit HIV ja gerade verantwortungsbewusst, indem sie ihr Gegenüber darüber informieren. Leider mit der Konsequenz abgelehnt zu werden.

Ähnliche Verunsicherungen finden wir auch in anderen körpernahen Bereichen, wie etwa in der Altenpflege. Hier sehen wir großen Fortbildungsbedarf. Die Anzahl Pflegebedürftiger mit HIV wird voraussichtlich zunehmen, da diese dank moderner Therapien nun älter werden können. Daher freut es uns als AIDS-Hilfe besonders, dass es uns gemeinsam mit anderen Akteur*innen gelungen ist, die Themen Vielfalt sexueller Orientierungen und sexuell übertragbare Krankheiten in die neue Pflegeausbildung einzubringen.

Aber auch bei Pädagog*innen fehlt es an aktuellem Wissen über die Immunschwäche. Zum direkten Umgang mit Erkrankten kommt hier noch verstärkter die Rolle als Multiplikator*innen hinzu. Erst wenn Informationen richtig an Kinder und Jugendliche weitergeben werden, besteht die Chance eines bewussten und vorurteilsfreien Umgangs mit HIV in unserer Gesellschaft.

Welchen Beitrag könnten Sozial- und Bildungseinrichtungen kurzfristig leisten, um Diskriminierung abzubauen?

Uwe Tüffers: Ganz wichtig beim Thema HIV nicht in Panik ausbrechen und daran denken, dass es einen selbst ebenso treffen könnte. Welches Verhalten würde man sich dann von seinem Gegenüber wünschen? Ablehnung doch sicher nicht. Fach- und Führungskräfte sollten ihr Wissen deshalb reflektieren und ggf. entsprechende Weiterbildungen besuchen. Als AIDS-Hilfe stehen wir gerne beratend zur Seite.

In jeder Einrichtung sollten aktuelle Grundkenntnisse zum Thema HIV bekannt sein. Das reicht vom Wissen um Übertragungswege bis hin zum Leben mit der Erkrankung. Bei allem muss klar sein: Schuldzuweisungen oder der Glaube, dass nur bestimmte Personenkreise betroffen seien, sind völlig fehl am Platz bzw. überholt.

Wie sehen die Unterstützungsangebote der AIDS-Hilfe für Sozial- und Bildungseinrichtungen aus?

Uwe Tüffers: Wir halten keine Standardvorträge und verschwinden dann wieder. Ich denke, der direkte Bezug zum persönlichen Alltag ist entscheidend, damit das Wissen auch nachhaltig ist. Deshalb klären wir im Vorfeld ab, was für die jeweilige Einrichtung besonders von Interesse ist. Geht es um allgemeines Wissen oder konkrete Fragestellungen? Geht es z.B. um den eigenen Infektionsschutz oder eher um die Arbeit als Multiplikator*innen? Haben die Mitarbeitenden überhaupt Interesse am Thema? Gibt es Vorwissen? Gibt es konkrete Fälle bei der Arbeit und vielleicht sogar unterschiedliche Haltungen dazu?

Wir kommen dann gern vor Ort. Für einen Workshop sollte man etwa zwei Stunden einplanen. Im ersten Schritt geht es um allgemeine Informationen, aber auch Spezifisches zur Situation in Sachsen. Danach gehen wir auf die im Vorfeld abgestimmten Aspekte ein. Dabei setzen wir auf den Dialog mit allen Beteiligten. Auf jeden Fall diskutieren wir die Frage: Wie kann Diskriminierung vermieden werden?

Vielen Dank für das Interview.


Das Interview führte Nicole Börner, Referentin im Projekt PariFID - Paritätische Fach- und Informationsstelle für Interkulturelle Öffnung und Diversität


Kontakt:

Uwe Tüffers (AIDS-Hilfe Dresden)

Tel.: 0351/ 441 61 41
E-Mail: info(at)aidshilfe-dresden.de

Web: www.dresden.aidshilfe.de