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Interview: Vielfalt bereichert eine Gesellschaft

Symbolbild: Viele bunte Menschen mit Sprechblasen über ihren Köpfen.

Geschlechtliche Vielfalt ist kein neues Thema. Dennoch sorgt es bisweilen für Irritationen oder gar Ablehnung. Wir sprachen darüber mit Silvia Rentzsch, Vorsitzende unseres Mitglieds Trans-Inter-Aktiv Mitteldeutschland e.V. (TIAM).

Frau Rentzsch, TIAM setzt sich für die gesellschaftliche und rechtliche Anerkennung pluraler Geschlechtsidentitäten ein. Was ist hierbei Ihre wichtigste Botschaft?

Silvia Rentzsch: Jeder Mensch soll sich frei in der eigenen Persönlichkeit entfalten können, in Freiheit und Würde leben mit gleichen Rechten und Pflichten. Ich denke, dieser Satz beschreibt das Grundverständnis unserer Arbeit sehr gut. Das äußert sich in verschiedenen Aktivitäten. So sind wir beispielsweise in unterschiedlichen Gremien aktiv. Wo früher nur über uns gesprochen wurde, sind wir jetzt selbst aktiv mit dabei, um den Diskurs zu gestalten. Vielfalt in den unterschiedlichsten Formen bereichert eine Gesellschaft und schränkt sie nicht ein, wie einige meinen.

Auch in der Sozialen Arbeit ist geschlechtliche Vielfalt ein Thema. Wie kann TIAM Fach- und Führungskräfte bei diesem Thema stärken?

Silvia Rentzsch: Wir bilden Menschen zum Thema weiter, ohne dabei den sprichwörtlichen Zeigefinger zu heben. Wir möchten den Teilnehmenden zeigen, wie vielfältig Leben ist. Dabei ist es uns wichtig, unser Wissen auf Augenhöhe zu vermitteln. Wir sensibilisieren für die besonderen Herausforderungen, die TIN* Personen (trans, inter, nicht-binär) im täglichen Leben zu bewältigen haben, und wie sie sich selbst und andere Menschen stärken können. Damit können gerade Menschen aus der Sozialen Arbeit, der Pflege oder der Kinder- und Jugendhilfe eigene Resilienzen festigen und diesen Mehrwert selbst mit ihrer Arbeit verbinden. Wir bilden derzeit Fachkräfte aus der Pflege, der Kinder- und Jugendhilfe sowie anderen gesellschaftlichen Bereichen aus. Dafür gibt es bei uns Präsenz- und Onlineformate. Informationen dazu haben wir auf unserer Webseite veröffentlicht. Wir überarbeiten diese zwar gerade, aber ein Vorbeischauen lohnt sich allemal.

Sie sagten, dass sie Fachkräfte weiterbilden und beraten. Welche Möglichkeiten gibt es für TIN* Menschen, sich zu stärken?

Silvia Rentzsch: Gerade mit dem spürbaren Rechtsruck im öffentlichen Diskurs und steigender TIN*-Feindlichkeit nimmt auch die Angst zu. Gefühle der Machtlosigkeit oder Einsamkeit stellen sich ein. Die Bedrohung ist real und im Alltag vieler TIN* Menschen leider sehr präsent. Daher stellen unsere Angebote den Austausch über Erfahrungen, Gefühle und Handlungsstrategien für TIN* Personen in den Mittelpunkt. Die unterschiedlichsten Formen von Hilfsmöglichkeiten - reden, begleiten, stärken - spielen dabei eine Rolle. Dafür braucht es eine qualitative, solidarische und freundschaftliche Gemeinschaft, aber auch know-how, also das Handwerkszeug für bestärkende, selbstfürsorgerische, organisatorische Themen sowie praxisorientierte Unterstützungen. Wir möchten mit unseren Vernetzungs- und Workshopangeboten gemeinsam Kompetenzen erweitern und miteinander effektiver handlungsfähig werden.

Seit Jahresbeginn ist TIAM Mitglied im Paritätischen Sachsen. Was wünschen Sie sich vom Verband, aber auch den anderen Mitgliedsorganisationen?

Silvia Rentzsch: Von unserem Spitzenverband wünschen wir uns, dass wir miteinander auf Augenhöhe an den gemeinsamen Herausforderungen unserer Zeit arbeiten. Das bedeutet, gemeinsam daran zu arbeiten, dass allen Menschen die freie Entfaltung der Persönlichkeit möglich ist, dass soziale Gerechtigkeit nicht nur eine Worthülse ist und wir dem Populismus und dem Extremismus ein klares Zeichen entgegensetzen, da diese in einer freiheitlichen Gesellschaft keinen Platz haben. Gerade junge Menschen brauchen Klarheit und Orientierung, aber auch die Freiheit und Sicherheit, sich in ihrer Persönlichkeit entwickeln zu können. Dazu brauchen wir neue Wege im Denken und Handeln.

Frau Rentzsch, herzlichen Dank für das Gespräch.


Erfahren Sie mehr über Trans-Inter-Aktiv Mitteldeutschland e.V. und finden Sie Ansprechpersonen auf www.trans-inter-aktiv.org