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Kita: Gesetzentwurf in der Anhörung

Symbolbild: Kinder und Erzieherin spielen gemeinsam mit bunten Bausteinen. (Foto: Monkey Business/ Fotolia.com)

Das Gesetz über Kindertageseinrichtungen in Sachsen wird aktuell novelliert. Am 3. März 2023 lud der Bildungsausschuss des Sächsischen Landtages zur Anhörung. Gemeinsam mit der Liga brachte der Landesverband dort seine Änderungsvorschläge ein.

Aktuell steht die Novellierung des Gesetzes über Kindertageseinrichtungen in Sachsen (SächsKitaG) an. Das Vorhaben ist schon länger bekannt und wurde mehrfach in den Kita-Gremien des Paritätischen Sachsen sowie gemeinsam mit den Schwesterverbänden in der Liga der Freien Wohlfahrtspflege intensiv diskutiert. Bereits Anfang 2022 positionierte sich der Paritätische Sachsen gemeinsam mit der Liga mit Hinweisen an das Sächsische Staatsministerium für Kultus. Bis Ende 2022 gab es jedoch keinerlei Informationen zu den Inhalten oder zum Verfahren der Novellierung an sich. Anfang 2023 wurde dann bekannt, dass es einen gemeinsamen Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen gebe. Das Gesetz sei schnellstmöglich im parlamentarischen Verfahren auf den Weg gebracht worden, um die im Doppelhaushalt 2023/2024 beschlossenen Budgets ab Sommer 2023 in Maßnahmen umsetzen zu können.

Am 3. März 2023 lud dann der Bildungsausschuss des Sächsischen Landtags verschiedene Expert*innen zu einer Anhörung zum aktuellen Entwurf des SächsKitaG ein. Der Paritätische Sachsen war an dieser Anhörung über die Liga beteiligt.

Inklusion als zentraler Aspekt von Bildungsgerechtigkeit

Bei der Frage, wie Inklusion zukünftig gestaltet werden soll, waren sich die geladenen Sachverständigen einig: Den Begriff Integration im Gesetz lediglich durch Inklusion zu ersetzen, ist nicht ausreichend. Bianca Bretschneider, Geschäftsführerin der Känguru Leipzig gGmbH und Mitglied des Landesvorstandes des Paritätischen Sachsen, mahnte in Ihrem Redebeitrag an, dass der Slogan „Behindern verhindern“ der Teilhabekampagne des Freistaates auch in der Novelle des SächsKitaG greifen muss.

Bereits im Vorfeld der Anhörung brachte die Liga in ihrer Stellungnahme einen konkreten Inklusionsbegriff ein, der die Teilhabe an frühkindlicher Bildung als zentralen Aspekt von Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit versteht. Das tradierte Verständnis des bloßen Förderns von Kindern mit Behinderungen trägt nicht mehr. Neben der Teilhabe ist insbesondere die weitestgehende Selbstbestimmung eines jeden Kindes anzustreben. Es gilt, mindestens jenes Verständnis von Inklusion im SächsKitaG abzubilden, wie es sich inzwischen auch im Sozialgesetzbuch VIII (Kinder- und Jugendhilfe) wiederfindet. Die Mitglieder des Bildungsausschusses signalisierten ebenso, dass sie hinsichtlich der Inklusion Nachbesserungsbedarf im Gesetzentwurf sehen.

Ausgleich von personellen Fehlzeiten nur marginal spürbar

Die auch im aktuellen Doppelhaushalt abgebildete Aufstockung des Personals in sächsischen Kitas um vier Prozent würdigten die Sachverständigen als richtigen Schritt. Til Walthers, Hortleiter aus Leipzig, fand dennoch drastische Worte für die derzeitige Situation: „Die Hütte brennt.“ Die Personalnot beeinträchtige bereits die Bildungsqualität und zwinge dazu, das Leistungsprofil frühkindlicher Bildung zurückzufahren.

Dies bewertet die Liga ähnlich. Die bevorstehende Verbesserung werde nur marginal spürbar sein. Eine weitere Hebung der Bildungsqualität – so wie sie der vorliegende Gesetzentwurf beschreibt – sei damit nicht zu leisten. Die zu schließende Lücke liege bei 16 – 20 Prozent an Ausfällen durch Urlaub, Krankheit und Weiterbildung, so die Wohlfahrtsverbände. In den zurückliegenden Debatten plädierte der Paritätische Sachsen daher für die Verständigung auf verbindliche Schritte. Denkbar sei eine stufenweise Angleichung bis zum ehrlichen Verhältnis zwischen Fachkräften und Kindern. Ab dann sei die Betreuung, Bildung und Begleitung der Kinder sichergestellt und ein Qualitätsausbau möglich, so die verbandliche Bewertung.

Kindertagespflege erfährt Aufwertung

Für die Kindertagespflege bringt die Novelle einen wichtigen Schritt. Sie soll fortan vollumfänglich als Teil der Kindertagesbetreuung in Sachsen anerkannt werden. Simone Kühnert, Leiterin der Informations- und Koordinierungsstelle Kindertagespflege in Sachsen (IKS), welche durch den Paritätischen Sachsen getragen wird, begrüßte die Aufhebung des bisherigen Sonderstatus. Gleichzeitig warb sie dafür, die Kindertagespflege als bedarfsgerechtes und familiennahes Bildungsangebot weiterhin zu stärken.

Eine kleine Novelle mit Nachbesserungsbedarf

Uschi Kruse, Vorsitzende der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft bezeichnete den Gesetzentwurf in der Anhörung als “eine kleine Novelle“, die hinter den Erwartungen zurückbleibe.

Diese Kritik teilt der Paritätische Sachsen. Viele Fragen lässt die Novelle leider unbeantwortet. Wie geht die institutionelle frühkindlichen Bildung mit sinkenden Kinderzahlen um? Wie können Kitas ihrer neuen Aufgabe nachkommen, Eltern bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu unterstützen, ohne den Bildungsauftrag zu schwächen? Welche Kooperationen von Bildungspartnern sind im Rahmen des bald geltenden Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung möglich? Auch beim Thema Ausbildung bleiben wichtige Aspekte liegen. So zum Beispiel bessere Rahmenbedingungen für die Praxisanleitung in der berufspraktischen Ausbildung.

Zu ungenau ist der Entwurf ebenfalls beim Thema Gewaltschutz und bleibt nach Ansicht des Paritätischen Sachsen sogar hinter den bundesgesetzlichen Vorgaben in §8a SGB VIII zurück. Zu geeigneten Beteiligungsverfahren und Gewaltschutzkonzepten ist der Gesetzentwurf zu wenig aussagekräftig. Mit dieser Fehlstelle darf das Gesetz nicht im Landtag beschlossen werden.

Positive Aspekte der Novelle sind beispielsweise, dass Schulvorbereitung als langfristige Aufgabe anerkannt wird und nicht auf das letzte Jahr beschränkt ist. Zudem wird die Mitsprache der Eltern durch zukünftig mögliche einrichtungsübergreifende Elternräte gestärkt.

Kleine Schritte für die Kleinen

Leicht entsteht der Eindruck, dass die vorgesehene Novellierung lediglich die Umsetzung der im Haushalt beschlossenen Mittel ermöglichen soll. Das ist grundsätzlich begrüßenswert, denn die Mittel sollen wie angekündigt in der zweiten Jahreshälfte in der Praxis greifen. Darüber hinaus sind kleine Verbesserungen erkennbar. Die Gesetzesnovelle geht also kleine Schritte in die richtige Richtung.

Der große Wurf ist die vorliegende Novelle des SächsKitaG jedoch nicht. Die Anpassungen bleiben hinter den Erwartungen zurück. Politik und Verwaltung müssen im weiteren Vorgehen stärker darauf achten, dass in der frühkindlichen Bildung die entscheidenden Grundlagen für erfolgreiche Bildungsbiografien gelegt werden. Jede Stärkung der Rahmenbedingungen in den sächsischen Kitas bedeutet auch, in die Fach- und Führungskräfte von morgen zu investieren. Auch hier sollte die so oft bemühte Generationengerechtigkeit zum Tragen kommen. In diesem Sinne wird sich der Paritätische Sachsen weiterhin in die Diskussionen über die Entwicklung der sächsischen Kitas einbringen.


Kontakt:

Anne Cellar
Referentin Bildung, Bereich Kita

E-Mail: anne.cellar(at)parisax.de