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Kommentar: Auch ohne Schutzschirm regnet es

Pflegeeinrichtungen bleiben seit Ende Juni weitgehend auf den Kosten für Corona-Schutzmaßnahmen sitzen. Der bis dato vorhandene Schutzschirm muss spätestens im Herbst unbedingt wieder aufgespannt werden, fordert Andrea Wetzel, Referentin für Entgelte in der Pflege.

Mit Beginn der Corona-Pandemie wurde über Pflegeeinrichtungen sehr schnell und unkompliziert ein Schutzschirm aufgespannt, über den die Mehrbelastungen für Corona-Schutzmaßnahmen finanziell ausgeglichen werden konnten. Zum 30. Juni 2022 wurde dieser Schirm nun wieder zugeklappt – nur leider ist die Pandemie nicht vorbei.

Im Gegenteil: Die Infektionszahlen steigen. Die sogenannte Sommerwelle schwappt über uns hinweg und auf Bundesebene wird schon davor gewarnt, dass spätestens im Herbst die nächste Welle auf uns zurollt. Der Bundesgesundheitsminister hat zudem einen Sieben-Punkte-Plan angekündigt, mit dem die Folgen der Pandemie eingedämmt werden können. Das ist gut und vorausschauend gedacht. Allerdings darf die Refinanzierung der dann in der Pflege wieder häufiger notwendigen Schutzmaßnahmen nicht vergessen werden. In der aktuellen Lage müssen wir nämlich erleben, dass die Pflege weitgehend im Regen stehen gelassen wird.

Das stellt sich konkret so dar: Die Pflegesätze werden in der Regel jährlich auf Basis der voraussichtlich anfallenden Kosten mit den Pflegekassen und Sozialhilfeträgern verhandelt. Für die aktuelle Verhandlungsrunde müsste das bedeuten, die voraussichtlich anfallenden Kosten, um Bewohner*innen und Beschäftigte vor Corona zu schützen, mit zu berücksichtigen. Nur leider werden diese im Rahmen der Verhandlung nicht anerkannt. Die Kostenträger verweisen dabei unter anderem auf den besagten Rettungsschirm – der aber im Juni ausgelaufen ist - und ein allgemeines unternehmerisches Risiko, welches mit verhandelt werden kann. Und zudem würden steigende Pflegesätze immer auch zu Lasten der Bewohner*innen gehen, so ihre Argumentation.

Was bedeutet das in der Praxis? Nehmen wir mal an, für die Versorgung einer Person mit Pflegegrad drei erhält das Pflegeheim knapp 70 Euro pro Tag zuzüglich der Kosten für Unterkunft und Verpflegung. Wenn diese Person nun an Covid erkrankt, entstehen ganz schnell zusätzliche Kosten von 40 Euro für die Schutzausrüstung des Personals - also Schutzkittel und Masken – sowie für Desinfektionsmittel und ähnliches. Pro Tag, wohlgemerkt! Das mag auf den ersten Blick nicht viel erscheinen, doch die Erfahrungen der letzten zwei Pandemiejahre lehren uns, dass es trotz aller Hygienebestrebungen in der Einrichtung leider nicht bei einer einzigen Infektion bleiben wird. Zudem dauert eine Infektion in der Regel zwischen sieben bis 14 Tagen.

Seit dem 30. Juni 2022, also mit dem Auslaufen des Rettungsschirms, bleibt das Pflegeheim auf diesen Kosten sitzen. Wie dies refinanziert werden soll, weiß niemand. Und jetzt muss befürchtet werden, dass im Herbst weitere Kostenpositionen entstehen werden, die sinnvoll und notwendig sind – aber leider finanziell nicht gedeckt.

Der Schutzschirm muss also schnellstmöglich wieder aufgespannt werden – auch wenn derzeit gerade die Sonne scheint.

Kontakt:

Andrea Wetzel
Referat Entgelte

Tel.: 0351 - 828 71 147
E-Mail: andrea.wetzel(at)parisax.de