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Kommentar: Regulierte Abgabe von Cannabis - Präventions- und Aufklärungsangebote stärken

Auf einer blauen Unterlage liegen zwei Joints und Cannabisblüten.

Die regulierte Abgabe von Cannabis wird sehr wahrscheinlich kommen. Das ist gut so. Bedeutet jedoch, dass Prävention und Aufklärung in der Suchthilfe jetzt gestärkt werden müssen, meint Doreen Voigt, unsere Referentin für Suchthilfe.

Nach Jahrzehnten restriktiver Drogenpolitik scheint sich mit dem Vorhaben einer regulierten Abgabe von Cannabis nun auch in diesem Bereich eine Zeitenwende zu vollziehen. Das ist mehr als überfällig, denn die bisherige Drogenpolitik hat ihr Ziel verfehlt. Sie kriminalisiert und stigmatisiert Konsument*innen. Nicht selten wurde dadurch auch die Arbeit von Prävention und Beratung erschwert.

Es geht nicht mehr um das Ja oder Nein zur regulierten Cannabisabgabe

Wer jetzt noch denkt, dass die entscheidende Frage jene nach dem Ja oder Nein hinsichtlich einer regulierten Abgabe von Cannabis ist, hat die zielorientierte Diskussion bei diesem Thema bereits aus dem Blick verloren. Entschuldigen Sie bitte diese drastische Aussage, aber die Realität ist doch schon viel weiter. Wer heute einen Joint rauchen möchte, der kennt bestimmt jemanden, der jemanden kennt. Das trifft insbesondere auf jene Gruppe zu, der bei Rauschmitteln aller Art unsere ungeteilte Aufmerksamkeit gelten muss: den Kindern und Jugendlichen.

Daher freue ich mich, dass die entscheidende Frage in dieser Diskussion einen zentralen Stellenwert in der Position des Paritätischen zur regulierten Cannabis-Abgabe einnimmt, nämlich jene nach dem Jugendschutz und der Stärkung von Präventions- und Aufklärungsangeboten. In der Position ist zu lesen: „Jugend vor Cannabiskonsum schützen und jugendliche Konsumierende entkriminalisieren. Zur Gewährleistung des Jugendschutzes sind Aufklärungs- und Präventionsmaßnahmen für Jugendliche im Themenfeld Cannabis auszubauen und auskömmlich zu finanzieren.“

Erste Schritte der Gesetzgebung machen Hoffnung

Das Gesetzgebungsverfahren für eine regulierte Abgabe von Cannabis hat auf Bundesebene bereits begonnen. Der dafür ins Leben gerufene Konsultationsprozess „Cannabis - aber sicher“ macht Hoffnung, dass bei der Umsetzung dieses komplexen Vorhabens ein breites Spektrum an fachlich versierten Akteur*innen eingebunden und eine vernünftige Regelung auf den Weg gebracht wird.

Auch die jüngsten Äußerungen von Burkhardt Blienert, dem Sucht- und Drogenbeauftragen der Bundesregierung, sprechen eine klare Sprache, wenn er darauf hinweist, dass die Prävention stehen müsste, wenn die regulierte Abgabe starte.

Jetzt Präventionsangebote stärken – Jugend- und Suchthilfe enger verzahnen

Moment, da war doch noch was? Stimmt, die Umsetzung von Suchtberatung und Prävention erfolgt auf Landesebene und in den Kommunen. Wenn man auf die regulierte Abgabe von Cannabis adäquat vorbereitet sein möchte, muss man also jetzt aktiv werden. Und das nicht nur allein wegen Cannabis, sondern um möglichen Abhängigkeitserkrankungen in jeder Form rechtzeitig und kompetent entgegentreten zu können. Bereits Ende 2022 soll im Bund ein erster Gesetzentwurf vorliegen. Die Verabschiedung eines Gesetzes bis zur nächsten Bundestagswahl ist mehr als wahrscheinlich, wenn nicht im Rahmen der europäischen Kommission eine andere Entscheidung getroffen wird.

Im aktuell diskutierten Doppelhaushalt des Freistaates müssen daher schon entsprechende Mittel eingeplant werden, damit stabile Beratungsstrukturen etabliert werden können. Die Bereiche Jugendhilfe und Suchthilfe müssen jetzt gemeinsam entsprechende Angebote entwickeln und implementieren können. Bei unseren Nachbarn in Bayern ist man da schon weiter. Dort gibt es bereits Initiativen von Jugendämtern und Akteuren der Suchthilfe, um tragfähige und nachhaltige Aufklärungs- und Präventionsmaßnahmen anzugehen.

Debatte um Cannabis kann mehr

Erlauben Sie mir zum Schluss noch einen Gedanken. Ich denke, die Diskussion um eine regulierte Abgabe von Cannabis und auch der bereits erwähnte Konsultationsprozess auf Bundesebene bergen Chancen über den Umgang mit Cannabis hinaus. Die dort gewonnenen Erkenntnisse und möglichen Regelungen zu Suchtprävention und Abgabe könnten auch hinsichtlich anderer Substanzen interessant sein. Wäre es nicht an der Zeit vor dem Hintergrund der dann vorliegenden Ergebnisse in eine Debatte über die regulierte Abgabe von Alkohol einzutreten? Sollten Regelungen für potenziell suchterzeugende Substanzen nicht generell gelten? Als Patentante einer 9-jährigen Tochter habe ich mich an der Supermarktkasse schon immer gefragt, warum der Schnaps so selbstverständlich neben dem Überraschungsei angeboten wird.


Die Position "Neuorientierung der Cannabispolitik: Cannabisabgabe, Jugendschutz und Entkriminalisierung" des Paritätischen Gesamtverbandes lesen Sie hier.


Kontakt:

Doreen Voigt
Referat Sucht und Sozialpsychiatrie
Tel.: 0341 - 961 746 2
E-Mail: doreen.voigt(at)parisax.de