Kontaktaufnahme

Kommentar: S.O.S. – Familien an ihren Belastungsgrenzen

Vater und Sohn kochen gemeinsam. (Foto: halfpoint/ fotolia.com)

Mutter, Vater, Lehrer*in, Erzieher*in, Zuhausearbeitende – Eltern müssen derzeit viele Rollen gleichzeitig ausfüllen. Familien stehen zunehmend unter Druck. Unsere Regionalgeschäftsstellenleiterin in der Stadt Leipzig, Doreen Voigt, kommentiert die aktuelle Situation.

Seit fast einem Jahr werden von der Politik ständig neue und angepasste Maßnahmen ergriffen, um die Corona-Pandemie einzudämmen. Gerade Familien leiden besonders stark unter diesen Beschränkungen und geraten dabei nicht selten an ihre Belastungsgrenzen. Viele Eltern fühlen sich alleingelassen. Denn Homeoffice, Homeschooling, Kinderbetreuung und die Organisation des Haushaltes stellen eine enorme Herausforderung dar. Eltern müssen einer Vielzahl an Rollen übernehmen, die ansonsten im Kontext von Institutionen ausgestaltet werden. Zusätzlich erhöhen Einkommenseinbußen, die soziale Isolation und bestehende Existenz- und Zukunftsängste den Druck.

Diese Bündelung der verschiedensten Anforderungen innerhalb des Systems Familie sind psychisch belastend, und führen nicht selten zu Spannungs- und Konfliktsituationen. Beratungsstellen berichten, dass bereits während der ersten pandemiebedingten Einschränkungen die Fälle häuslicher Gewalt und der Kindeswohlgefährdungen anstiegen. Vor diesem Hintergrund sind Kinder- und Gewaltschutz bei den Einschränkungen des öffentlichen Lebens immer mitzudenken. Zugänge zu Hilfsangeboten müssen, unter Beachtung des Infektionsschutzes, weitestgehend zugänglich bleiben.

Die Institution Familie ist auf die Unterstützung einer stabilen Infrastruktur angewiesen, die in den zurückliegenden Monaten jedoch weitestgehend weggefallen ist. Die weitere Öffnung der Kindertageseinrichtungen und Grundschulen seit dem 15.2. ist deshalb ein wichtiger Schritt. Nichtsdestotrotz fürchten Familien erneute Schließungen bei verändertem Infektionsgeschehen.  Sie brauchen verlässliche und transparente Aussagen von Seiten der Politik – eine Langzeitstrategie und damit eine Zukunftsperspektive sind jetzt wichtiger denn je. Damit einhergehend sollten einfach anwendbare Testverfahren flächendecken zur Verfügung stehen, um Infektionen schnell erkennen zu können und umgehendes Handeln vor Ort möglich wird. Dabei sind Eltern, Kinder und Fachkräfte zu berücksichtigen.

Die Auswirkungen der Pandemie auf das System Familie sind vielfältig. Trotz klarer Anhaltspunkte kann deren Intensität noch nicht abschließend bewertet werden. Unstrittig ist jedoch, dass es langfristig angelegter Konzepte bedarf. Familien muss zugehört und ihre Notlagen dürfen nicht hinter wirtschaftliche Belange gestellt werden. Unabhängig von der aktuellen Pandemiesituation sollten folglich beispielsweise die Kita-Sozialarbeit und Beratungsangebote für Familien stärker ausgebaut werden. Familien- und Wirtschaftspolitik müssen zusammengedacht und gemeinsame Lösungswege gefunden werden, denn beide Bereiche bedingen einander.

 


Kontakt:

Doreen Voigt (Leiterin Regionalgeschäftsstelle Leipzig)
Tel.: 0341/ 961 74 62
E-Mail: doreen.voigt(at)parisax.de