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Kommentar: Soziale Organisationen stärker als Arbeitgeber darstellen

Symbolbild: Drei Finger mit aufgemalten Gesichtern.

Unzählige Botschaften stehen täglich im Wettbewerb um unsere Aufmerksamkeit. Dennoch agieren viele soziale Organisationen bei der eigenen Darstellung noch immer so, als wenn dieser Wettbewerb sie nicht beträfe. Es ist Zeit, gezielter zu kommunizieren, sagt Thomas Neumann, Referent für Verbandskommunikation des Paritätischen Sachsen.

Wir kennen ihn alle, den Spruch: Tue Gutes und rede darüber. Mit dem „Gutes tun“ funktioniert es in der Mitgliedschaft des Paritätischen Sachsen sehr gut. Nur beim Darüberreden scheint es leider noch nicht so richtig rund zu laufen. Und dabei ist es gerade jetzt so wichtig, zu zeigen, wer man ist und was man tut.

Denn keine Frage scheint die Träger Sozialer Arbeit und Bildung derzeit so sehr umzutreiben, wie jene nach Personal und Fachkräften. Und damit sind die Mitgliedsorganisationen des Paritätischen Sachsen nicht allein. Auch die Einrichtungen und Dienste der anderen Wohlfahrtsverbände müssen ihre Teams zusammen-bekommen. Private Anbieter sozialer Leistungen ebenso. Die Konkurrenz ist groß - die Anzahl der auf dem Markt verfügbaren Personen klein. Und sie wird absehbar noch kleiner.

Soziale Organisationen zeigen sich zu wenig als Arbeitgeber

Dennoch scheinen sich soziale Organisationen vor den potenziellen Fachkräften, die sich möglicherweise bei ihnen bewerben würden, geradewegs zu verstecken. Nur wenige unserer Mitglieder geben beispielsweise auf ihren Webseiten preis, wer die Menschen sind, die dort betreuen, begleiten, pflegen und bilden. Oft ist nur schwer bis gar nicht erkennbar, warum es sich lohnt, bei gerade diesem oder jenem Träger zu arbeiten. Oder was dem Unternehmen hinsichtlich seiner Beschäftigten wichtig ist. Zu viele glauben noch immer, dass die Veröffentlichung einer Stellenanzeige reichen muss, damit Bewerber*innen sich ein Bild davon machen können, worauf sie sich einlassen.

Spätestens an dieser Stelle kommt gern der Einwand, dass es für Kommunikation und Marketing in sozialen Organisationen keine Ressourcen gäbe. Das mag stimmen. So etwas wichtiges wie Kommunikation wird leider nur selten refinanziert. Allerdings gibt es auch genug Träger, die mit Prämien oder auffälligen Aktionen werben. Ein Stand auf einer der diversen sächsischen Jobmessen ist ebenfalls sehr beliebt. Dafür wird teilweise nicht wenig Geld in die Hand genommen. Und dennoch - die Bewerbungszahlen bleiben trotz des Aufwandes übersichtlich. Und die Qualität der Bewerbungen entspricht nicht unbedingt dem, was man sich gewünscht hätte.

Eigenes Selbstverständnis schärfen

Das eigentliche Problem liegt in der Regel fernab großer Werbebudgets. Oft haben Organisationen stattdessen grundlegende Fragen für sich nicht beantwortet. Beispielsweise solche: Was macht das Arbeiten bei uns aus? Was unterscheidet uns als Unternehmen von anderen im gleichen Segment? Wer passt gut zu uns? Wie sollen unsere Teams zusammengesetzt sein, damit das Arbeiten Spaß macht und fachlich gut gelingt? Erst wenn darüber Klarheit besteht, können die Eigendarstellung und die Ansprache potenzieller neuer Kolleg*innen gelingen. Aktivitäten erfolgen zielgenauer und kosteneffizienter. Selbst eine einfache Stellenanzeige kann in der Folge so zugeschnitten werden, dass sie ansprechender auf jene Personen wirkt, die wirklich zum Unternehmen passen.

Ja, dafür muss man sich Zeit nehmen. Dazu braucht es aber keine tagelangen Workshops. So bieten beispielsweise Leitbilder oder anderweitig formulierte Werte der Organisation wichtige inhaltliche Ansatzpunkte. Eine weitere bedeutende Ressource zur Klärung all solcher Fragen haben alle Organisationen – unabhängig vom Budget: die eigenen Mitarbeiter*innen. Diese Fragen mit der Belegschaft zu bearbeiten, bringt mehr als nur Antworten. Im besten Fall wird dabei die Identifikation mit dem Unternehmen gestärkt, da ein Bewusstsein dafür entsteht, warum es sich lohnt, dort zu arbeiten. So ein Prozess fördert zudem Geschichten zu Tage, die wiederum in der Außendarstellung verwendet werden können. Auf diese Weise lässt sich zeigen, dass Werte und Selbstverständnis tatsächlich gelebt werden und nicht nur Werbe-Schnick-Schnack sind. Natürlich wird in so einem Prozess mit den Beschäftigten auch Negatives zur Sprache kommen. Das birgt dann Chancen für die Personalentwicklung.

Kommunikation stärker als Teil der Unternehmensführung verstehen

Womit wir bei einem weiteren sehr wichtigen Punkt sind: Geschäftsleitung, Kommunikationsverantwortliche und Personalabteilung müssen Hand in Hand arbeiten, wenn es darum geht, Personal zu gewinnen und zu binden. Nur so kann es gelingen, dass die Realität des beruflichen Alltags in der Organisation mit jener identisch ist, die nach außen kommuniziert wird. Nichts ist schlimmer, als nach außen etwas vorzugeben, das so nicht existiert. Bewerber*innen nehmen es definitiv übel, wenn die Website ein junges diverses Team suggeriert und sie am ersten Arbeitstag aber auf eine ausgebrannte Belegschaft treffen, von der die Hälfe innerlich bereits gekündigt hat.

Die Darstellung der Arbeitgeberidentität muss zudem – wie jeder gute Kommunikationsprozess – immer von einem Reflexionsprozess begleitet werden, um authentisch zu sein. Erst Klarheit darüber, was einem selbst wichtig ist, ermöglicht es, dies auch gezielt zu platzieren und die notwendigen Anknüpfungspunkte zur jeweiligen Zielgruppe zu finden. Gerade vor dem Hintergrund geringer Kommunikationsressourcen in sozialen Einrichtungen müssen die eigenen Ziele und die klar abgegrenzte Zielgruppe bekannt sein, bevor man über Maßnahmen sprechen kann. Andernfalls erleidet man hohe Streuverluste. Das ist umso unschöner, wenn damit hohe Kosten einhergehen.

Ein letzter Punkt: Zu oft werden Kommunikationsverantwortliche von sozialen Organisationen lediglich als ausführende Abteilungen verstanden. Führungskräfte verschenken auf diese Weise jedoch im eigenen Haus wichtige Potentiale. Gute Kommunikationsverantwortliche können weit mehr als nur die Webseite hübsch machen und Flyer erstellen. Sie verstehen Kommunikation ganzheitlich und strategisch. Ihre Perspektive auf Fragen der Organisations- und Personalentwicklung sollte mindestens mit eingeholt werden, damit die Kommunikation einer Arbeitgebermarke langfristig erfolgreich sein kann. 


Kontakt:

Thomas Neumann
Referent Verbandskommunikation/ Pressesprecher

Tel.: 0351 - 828 71 122
E-Mail: thomas.neumann(at)parisax.de


Der Artikel erschien zuerst in der Ausgabe März 2023 des Verbandsmagazins anspiel. Das gesamt Heft mit dem Themenschwerpunkt "Gewalt in der Sozialen Arbeit" können Sie hier lesen.