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Kommentar: Steigende Kosten in der Pflege – Kostenträger müssen jetzt handeln!

Eine ältere Dame sitzt im Rollstuhl und blickt aus dem Fenster.

Keiner kommt daran vorbei: Kostensteigerungen und Inflation. Auch die ambulante Pflege spürt die Teuerungen deutlich. Nur die Kostenträger scheinen den Bedarf nicht sehen zu wollen, kommentiert unsere Entgeltreferentin Andrea Wetzel.

Pflegekräfte angemessen zu vergüten, ist lange überfällig. Mit dem Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) tritt ab September dieses Jahres für alle Pflegeeinrichtungen eine Tarifpflicht in Kraft. Jeder Träger muss ab dann alle seine Mitarbeitenden in Pflege und Betreuung mindestens in Höhe eines anwendbaren Tarifs entlohnen. Insbesondere bei den bisher ohne Tarifbindung agierenden Trägern ist eine mehr oder weniger deutlicher Anstieg der Gehälter zu erwarten. Das ist gut so und freut die Beschäftigten. Die betroffenen Träger stehen allerdings regelmäßig vor die Frage: Wie bekomme ich das auskömmlich refinanziert?

Steigende Kosten dürfen nicht zu Lasten der Pflegebedürftigen gehen

Diese Frage taucht vor allem immer wieder dann auf, wenn nicht alles ausschließlich zu Lasten der Pflegebedürftigen gehen soll und deren Eigenanteile weiter steigen würden. Erschwerend kommen nun auch noch weitere Kostensteigerungen hinzu. Bei einem ambulanten Pflegedienst schlagen als erstes die hohen Benzinpreise zu Buche. Aber auch alle anderen Ausgaben steigen deutlich. Das reicht von der Berufskleidung über die Verwaltungskosten im Büro bis hin zum Verbandsmaterial. Mitgliedsorganisationen berichten über Preissteigerungen von bis zu 15 Prozent.

Alle freien Unternehmer*innen würden diesen Mehrbedarf weiterreichen. Also die Preise erhöhen. Den Pflegebedürftigen mehr aufzubürden, wird von unseren durchweg gemeinnützig agierenden Mitgliedern jedoch abgelehnt.

Und nun? Was dann? Besagte freie Unternehmen würden an diesem Punkt wohl den Betrieb einstellen. In der Pflege dagegen muss die Refinanzierung mit den Kostenträgern verhandelt werden und wenn diese die Kostensteigerungen nicht anerkennen, bleiben den Pflegediensten eigentlich nur zwei Möglichkeiten.

Wenig Handlungsspielraum für ambulante Pflegedienste

Erstens: Sie treiben die Mitarbeiter*innen an, noch schneller zu arbeiten und noch mehr Klient*innen in noch kürzerer Zeit zu besuchen. Die Folge: Arbeitsverdichtung in einer ohnehin schon verdichteten Branche, die eigentlich mehr Zeit an den Patient*innen verbringen müsste statt weniger. Dieses Vorgehen mag in den letzten Jahren immer mal wieder funktioniert haben. Es gibt inzwischen aber nichts mehr zu verdichten. Wer dennoch darauf setzt, könnte genauso gut Prämien dafür zahlen, dass Pflegekräfte den Beruf aufgeben.

Zweitens: Die Pflegedienste lehnen jene Aufträge ab, die zu viel Fahrtzeit und -kosten mit sich bringen. Gerade im ländlichen Raum stellt sich dann allerdings die Frage, wer den Pflegebedürftigen bei der Grundpflege hilft oder ihre Wunden versorgt. Schon jetzt gibt es Regionen in Sachsen, in denen keine Plätze mehr bei ambulanten Anbietern zu finden sind. Dieser Ansatz käme einem Rückbau der Versorgungslandschaft gleich, den es eigentlich zu stoppen gilt.

Der Ausweg: Kostenträger müssen sich bekennen

Sollen die ambulanten Pflegedienste in Sachsen wirklich auf eine der beschriebenen Optionen setzen? Es befremdet schon etwas, wenn Kostenträger vor dem Offensichtlichen die Augen verschließen. Es geht hier schlussendlich nicht um irgendwelche netten zusätzlichen Dinge, sondern um grundlegende Aspekte wie die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte und die Versorgungssituation der pflegebedürftigen Menschen. Die Kostenträger müssen sich jetzt eindeutig positionieren und zeigen, was ihnen diese zwei Punkte wert sind.

In anderen Bereichen gab es schließlich auch Lösungen. So erhalten beispielsweise die Fahrdienste wegen der Benzinpreiserhöhungen einen befristeten Zuschlag pro Kilometer. Im Fall der ambulanten Pflegedienste wird hingegen auf die Entlastungspakete des Bundes verwiesen. Nur ist von denen bisher noch nichts zu bemerken. Die steigenden Kosten sind hingegen schon deutlich spürbar.


Kontakt:

Andrea Wetzel (Referentin Entgelte)
Tel.: 0351 - 828 71 147
E-Mail: andrea.wetzel(at)parisax.de