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Kommentar: Wohnsitzauflage für anerkannte Asylbewerber(innen) bremst Integration aus

Hendrik Kreuzberg (Referent Migration, Paritätischer Sachsen), ein Mann mittleren Alters, steht mit karriertem Hemd vor einer holzfarbenen Wand und spricht in ein Mikrofon.

Der Freistaat Sachsen plant in Kürze die Einführung einer landkreisbezogenen Wohnsitzauflage für anerkannte Asylbewerber(innen). Damit sollen die Menschen in den Landkreisen gebunden und ihr Zuzug in die sächsischen Ballungszentren Chemnitz, Leipzig und Dresden ausgebremst werden.

Die Pläne kommentiert Hendrik Kreuzberg, Referent des Paritätischen Sachsen für Migration:

Nun soll sie also kommen, die landkreisbezogene Wohnsitzauflage für anerkannte Asylbewerber(innen). Nach der Wiedereinführung der Residenzpflicht ist dies eine weitere gravierende Einschränkung der Freizügigkeit der von der Regelung betroffenen Menschen.

Gründe des Umzugswunsches in Großstädte gelten nicht nur für Asylbewerber(innen)

Zur Begründung wird die Überlastung der städtischen Infrastrukturen durch den verstärkten Zuzug angeführt. Und tatsächlich wandern mehr als 60 Prozent der Menschen nach ihrer Anerkennung in die sächsischen Großstädte Dresden, Leipzig und Chemnitz. Sie tun dies auf der Suche nach gesundheitlicher Versorgung, nach geeignetem Wohnraum, Arbeitsmöglichkeiten und Ausbildungsplätzen sowie nach Gemeinschaft und Anerkennung. Gründe, die im Übrigen bereits seit längerem dazu führen, dass auch innerhalb der Mehrheitsgesellschaft ähnliche Ab- und Zuwanderungstendenzen erkennbar sind. Und die Kommunen auch in der Vergangenheit bereits vor infrastrukturelle Herausforderungen gestellt haben.

Handlungsspielräume in den Landkreisen noch nicht ausgeschöpft

Weiterhin werden die vorhandenen, jedoch nicht ausgelasteten, Integrationsinstrumente wie Sprach- und Integrationskurse in den ländlichen und kleinstädtischen Regionen angeführt. Sachsen hat hier in den vergangenen Jahren wahrlich gute und geeignete Strukturen und Angebote geschaffen. Und es ist tatsächlich problematisch, wenn Kurse nicht besucht oder Kursteilnehmer(innen) nach und nach nur noch unregelmäßig oder nicht mehr erscheinen. Erlaubt dies aber die (zeitweise) Einschränkung des hohen Gutes auf Freizügigkeit? Sind eine zentrale bedarfs- und angebotsorientierte Steuerung der Sprach- und Integrationskursangebote in Verbindung mit trägerübergreifenden Kooperationen der entsprechenden Kursanbieter bereits erprobt und als ungeeignet erkannt worden? Wurden bereits ausreichend spezifische Angebote etwa für Frauen (incl. Kinderbetreuung) oder Analphabet(inn)en geschaffen und evaluiert? Diese Fragen müssen weitgehend mit nein beantwortet werden.

Solche und andere Ausgestaltungen von Integrationsinstrumenten setzen jedoch voraus, dass Zuwanderung als gesellschaftliche Realität anerkannt und regionale Strategien zur Integration und Teilhabe entwickelt werden. Somit können Lebens- und Entwicklungsperspektiven aufgezeigt werden, für die sich die Betreffenden selbstbestimmt und außerhalb von Zwangskontexten entscheiden können.

Die Position des Paritätischen Sachsen "Freizügigkeit für Zugewanderte erhalten -
Regionen attraktiv für Integration aufstellen"
können Sie nachstehend herunterladen.

Kontakt:

Hendrik Kreuzberg (Referent für Migration)
Tel.: 0351/ 491 66 78
E-Mail: hendrik.kreuzberg(at)parisax.de