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Krise als Chance: Digitalisierung im pädagogischen Bereich

Eine Hand hält ein Smartphone auf der eine Kita-App angezeigt wird. (Foto: Petra Fleischer)

Kindertagesstätten waren lange Zeit ziemlich analoge Einrichtungen, in denen Informationen mit Aushängen und Elternbriefen auf Papier an die Eltern übermittelt wurden. Rundmails an E-Mail-Verteiler waren nicht flächendeckend das Kommunikationsmittel der Wahl. Und dann kam die Corona-Pandemie und damit so manche Idee, sich als Kita-Träger Stück für Stück digitalen Tools zu öffnen. Ein Bericht aus dem Stadtverband Leipzig der Volkssolidarität.

Petra Fleischer sitzt in ihrem Büro in der Kindertagesstätte „Rasselbande“ des Volkssolidarität Stadtverband Leipzig e.V. und muss wieder einmal tief durchatmen. Erneut musste sich eine pädagogische Fachkraft als Kontakt einer coronapositiven Person entschuldigen und reißt somit eine weitere Lücke in den sowieso mit heißer Nadel gestrickten Dienstplan.

Auch für Petra Fleischers Einrichtung in Leipzig-Grünau sind das Infektionsgeschehen, die Dauer der Pandemie und die Personalausfälle eine Grenzerfahrung. Doch während der letzten zwei Jahre hat sich bei der „Rasselbande“ eine Entwicklung vollzogen, die wohl auch nach der Pandemie bleiben wird und die Petra Fleischer und ihr Team auch nicht zurückdrehen möchten.

Per Kita-App informiert

Seit Herbst 2020 ist hier eine Kita-Info-App im Einsatz und hat die Elternkommunikation maßgeblich verändert. Corona macht einen schnellen, direkten Draht  zur Elternschaft notwendig, so dynamisch sind seit zwei Jahren die Ereignisse. Insofern war die Pandemie der Anlass, eine Idee umzusetzen, die bei Petra Fleischer schon länger im Kopf war. „Neben den aktuellen Informationen zum Hygiene- und Infektionsschutzkonzept können wir auch über das Gruppengeschehen, unsere inhaltliche pädagogische Arbeit, Projekte oder über Unterstützungsangebote unseres Kinder- und Familienzentrums im Haus informieren“, erzählt Petra Fleischer, die regelmäßig Inhalte ihrer Kolleginnen und Kollegen von ihrem Dienstlaptop aus über das App-Dashboard einpflegt. Auch das Organisieren von Festen oder die regelmäßige Elternumfrage erfolgen inzwischen über die App, die von den Eltern sehr gut angenommen wird. Sie erreicht wahlweise alle Eltern der Einrichtung oder auch nur jene bestimmter Gruppen. Immerhin

93 Prozent von ihnen bekommen die Neuigkeiten aus der „Rasselbande“ nun so digital. Die anderen werden über persönliche Gespräche oder per E-Mail informiert. „Die vielen Aushänge sind weggefallen und ich kann über die App-Administrationsansicht nachvollziehen, welche Eltern meine Informationen zu Kenntnis genommen haben“, so die langjährige Kita-Leiterin weiter. „Besonders hilfreich ist zudem, dass die Eltern über die App ihre Kinder tagesaktuell abmelden können. Da laufen die Telefone morgens weniger heiß.“

Potentiale der Digitalisierung erkannt

Die Kita „Rasselbande“ ist eine von 15 Kindertagesstätten, die die Volkssolidarität Leipzig betreibt. Für Manuela Wege, Leiterin des Fachbereichs Pädagogik des Stadtverbandes, hat bei ihren Kolleginnen und Kollegen ein Bewusstseinswandel stattgefunden. „Wir hatten vor der Pandemie Digitalisierungsthemen zwar im Kopf, doch haben wir erst in den letzten Monaten erfassen können, welche Potentiale und welcher praktische Nutzen mit ihnen verbunden sind.“

Neben der „Rasselbande“ setzen sich derzeit zwei weitere Kindertagesstätten mit der Implementierung einer Kita-App auseinander. Dabei sind einige Schritte zu gehen und vielerlei Aspekte zu bedenken, damit die Einführung erfolgreich verläuft. So ist beispielsweise Kita-Leiterin Sabine Arnold dabei, ein Pflichtenheft für die App ihrer Einrichtung in Leipzig-Reudnitz zu erarbeiten. „Wir verständigen uns gerade im Team, was wir von der Kita-App erwarten und welche Wünsche auch die Eltern haben“, erzählt sie mit Blick auf einen wachsenden Kita-App-Markt. Für eine konkrete App habe man sich hier noch nicht entschieden. Die Themen Datenschutz und Nutzerfreundlichkeit seien ebenso zu bedenken wie ein Themenplan für die App, damit sie den Eltern auch Mehrwert bietet, oder die jährlichen Lizenzgebühren. In diesem Jahr möchte Sabine Arnold die Erprobungsphase durchlaufen und Erfahrungen sammeln und danach die Nutzung einer App für ihre Einrichtung verstetigen. Der Elternrat habe schon signalisiert, offen für das Projekt „Digitalisierung der Elternkommunikation“ zu sein.

Vorteile erkennen und Kolleg*innen mitnehmen

Neben dem Thema „Kita-App“ hat sich aus Sicht von Manuela Wege seit Pandemiebeginn noch mehr in ihrem Fachbereich verändert. „Wir treffen uns inzwischen ganz selbstverständlich zu digitalen Leitungsrunden, kommen schneller virtuell zu Fall- und Teambesprechungen zusammen. Und mit der Videotelefonie ist auch die Fachberatung um eine Möglichkeit reicher geworden, die zudem Fahrwege einspart“, zählt sie die Arbeitserleichterungen auf. Doch sei nicht zu vergessen, dass die Belegschaft auf diesem Weg auch mitgenommen werden muss. „Für viele Kolleginnen und Kollegen ist es eine Umstellung, in eine Laptop-Kamera zu sprechen und auf persönliche Treffen zu verzichten. Insofern können auch nach der akuten Pandemie digitale Tools nur Ergänzungen sein.“ In anderen Kindertagesstätten der Volkssolidarität Leipzig habe man darüber hinaus Erfahrungen mit Online-Elternabenden - zum Beispiel speziell zum Übergang von der Kita in die Grundschule - gemacht. Auch wurden Ideen wie eine gemeinsam mit den Kindern entwickelte Kita-Zeitung umgesetzt, um die Eltern über pädagogische Projekte und andere Aktivitäten zu informieren. „Für das Jahr 2022 planen wir, für unsere 15 Einrichtungen kurze Vorstellungsvideos zu produzieren und auf unserer Träger-Webseite einzubinden, damit sich interessierte Eltern über unsere Konzeption und Räumlichkeiten vorinformieren können.“ Das Nichtstattfinden von Elterninformationsabenden oder Tagen der offenen Tür habe dieser Idee Schwung gegeben. „Bei allen großen und kleinen digitalen Schritten dürfen wir nicht vergessen, dass wir im sozialen Bereich arbeiten – Menschen für Menschen. Zwischenmenschlicher Austausch darf bei allem Nutzen und allen Potentialen nicht unter den Tisch fallen“, resümiert die Fachbereichsleiterin.

Petra Fleischer in der Kita „Rasselbande“ hat indes an den nächsten App-Inhalten für ihre Eltern gearbeitet. Neben den aktuellen Hinweisen aus dem Kinder- und Familienzentrum hat sie den Speiseplan für die nächste Zeit digital vorbereitet. Nur einen Klick und bei den Eltern und manchen Großeltern der derzeit 135 Kinder sind die neuesten Informationen auf dem Smartphone angekommen.

Der Autor: Martin Gey ist Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Marketing sowie Pressesprecher des Volkssolidarität Stadtverband Leipzig e.V.


Die 15 Kindereinrichtungen des Volkssolidarität Stadtverband Leipzig e.V. betreuen bis zum Schuleintritt Kinder in Krippe und Kindergarten. Elf Kindertagesstätten sind anerkannte Integrationseinrichtungen. Erfahren Sie mehr über die pädagogische Arbeit unseres Mitglieds auf: www.volkssolidaritaet-leipzig.de


Der Artikel erschien zuerst in der März-Ausgabe 2022 unseres Verbandsmagazins anspiel. mit dem Schwerpunkt "Krise als Chance".