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Kontaktaufnahme

Menschenrechte konkret: Gedanken-, Gewissens-, Religionsfreiheit

Logo der Erklärung für eine menschenrechtsorientierte Sozial- und Bildungsarbeit in Sachsen

In der Reihe „Menschenrechte konkret“ erzählen sächsische Organisationen der Sozial- und Bildungsarbeit, was einzelne Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte für ihre Arbeit bedeuten. Heute: Diakonisches Werk Innere Mission Leipzig e.V. zu Artikel 18 – Gedanken-, Gewissens-, Religionsfreiheit.

Diesmal sprachen wir mit Pfarrer Christian Kreusel, Direktor und Vorstand des Diakonischen Werkes Innere Mission Leipzig e.V., über die Bedeutung des Artikels 18 und dessen Auswirkungen auf die praktische Arbeit des Vereins.

Welche Rolle spielt Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte in Ihrer Organisation, wenn Sie an Mitarbeitende oder Zielgruppen denken?

Mit Blick auf die Zielgruppen unserer Arbeit ist unser Leitbild grundlegend, das beispielsweise den Satz enthält: Wir arbeiten für Menschen, die Rat, Hilfe und Begleitung benötigen - unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Alter, ihrem Geschlecht, ihrer Religionszugehörigkeit und ihrem sozialen Status.

Bezüglich der Mitarbeitenden des Werkes ist zunächst zu beachten, dass die Diakonie ein konfessioneller Träger ist, der der evangelischen Kirche zugeordnet ist und u.a. den besonderen Regelungen des Artikels 140 des Grundgesetzes des Bundesrepublik Deutschland unterliegt. Dies bedeutet unter anderem, dass von allen Mitarbeitenden das Mittragen wesentlicher Grundlagen des christlichen Menschenbildes erwartet werden kann, nach dem jeder Mensch eine Würde hat, die ihm nicht genommen werden kann.

Dieser Gedanke, der auch im Artikel 1 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland enthalten ist, kann allerdings in vergleichbarer Weise auch aus anderen Religionen abgeleitet werden. Auch Menschen, die keiner Religion angehören, tragen in der Regel diese ethischen Grundlagen vollumfänglich mit. Eine Mitarbeit in unserem Werk ist jedoch nicht möglich, wenn die genannten Grundlagen negiert werden, indem beispielsweise Menschen je nach Herkunft und Religion in unterschiedlicher Wertigkeit betrachtet werden.

Worin sehen Sie die größten gesellschaftlichen Herausforderungen in Bezug auf Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte?

Die größten gesellschaftlichen Herausforderungen sehe ich in zum Teil sehr deutlicher Ausgrenzung von bestimmten Menschen aus Teilen der Gesellschaft. Besonders Angehörige der Religion des Islam werden oft viel zu pauschal dem Generalverdacht des Islamismus ausgesetzt, der aber sehr deutlich von der Religion des Islam zu unterscheiden ist. Dies ist jedoch nur ein Beispiel für die Sehnsucht einiger Menschen, in möglichst homogenen Gruppen leben zu wollen, was aus vielen Gründen wie z.B. Globalisierung, weltweiter Informationsaustausch, weltweite Mobilität, Folgen des Klimawandels usw. in Zukunft weniger denn je realistisch sein wird.

Welche Lösungen für diese Herausforderungen sehen Sie?

Hier stehen neben der gesamten Gesellschaft vor allem Akteur*innen der Bildung und Erziehung vor großen Aufgaben. Parallel dazu sind Begegnungen zwischen Angehörigen unterschiedlicher Religionen, Weltanschauungen und Kulturen von Kindesalter an hilfreich. Dies setzt jedoch die Offenheit voraus, sich in die Religion, Sozialisierung und Denkweise anderer Menschen hineinzudenken. Darüber hinaus ist ein verstärkter interreligiöser Dialog notwendig, der auch Menschen mit atheistischer oder agnostischer Grundeinstellung einbezieht. Wesentliche Aufgabe ist es, auf der Grundlage der Würde aller Menschen Vertrauen zwischen Menschengruppen zu stärken.

Was tun Sie in Ihrer Arbeit dafür, dem Artikel 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte gerecht zu werden?

Eine Grundlage unseres Leitbildes, nach der die Achtung der Würde und der Individualität eines jeden Menschen auch in der Praxis des Alltages erfahrbar sein muss, ist Thema der Einführungsseminare für neue Mitarbeitende sowie vieler weiterer Aktionen des Werkes.

Darüber hinaus gibt es seit einigen Jahren Projekte, in denen Menschen anderer Kulturen im Rahmen des Programms „Weltwärts“ jeweils für ein Jahr in einigen unserer Teams mitarbeiten. Damit werden interkulturelle Kompetenzen erworben, die für einen konstruktiven Umgang zwischen Menschen unterschiedlicher Kulturen und Religionen hilfreich sind. Diese Projekte verlaufen sehr erfolgreich, aber sie sind weiter auszubauen.


Allgemeine Erklärung der Menschenrechte - Artikel 18

"Jeder Mensch hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht schließt die Freiheit ein, die Religion oder Überzeugung zu wechseln, sowie die Freiheit, die eigene Religion oder Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Kulthandlungen zu bekennen."

Lesen Sie mehr über die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte auf www.institut-fuer-menschenrechte.de


Diakonisches Werk Innere Mission Leipzig e.V. ist eine von rund 200 Organisationen, die sich der Erklärung für eine menschenrechtsorientierte Sozial- und Bildungsarbeit in Sachsen angeschlossen haben.

Ihre Organisation möchte die Erklärung ebenfalls unterzeichnen?

Senden Sie eine E-Mail an nicole.boerner(at)parisax.de oder rufen Sie an unter 0351/ 828 71 152.


Alle bereits erschienen Interviews der Reihe können Sie hier lesen.