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Migrationsdebatte: Zurück zum Thema bitte.

Symbolbild Migration (carlosgardel - fotolia.com)

Die Debatte um Zuwanderung ist aufgeheizt. Pauschalurteile greifen zunehmend Raum und der Kurs gegenüber Schutzsuchenden wird restriktiver, ohne Probleme zu lösen. Wir brauchen wieder mehr Maß in unseren Debatten, fordert Hendrik Kreuzberg, Referent Migration, in seinem Kommentar.

In Debatten, also Streitgesprächen, diskutieren Menschen miteinander. Sie hören einander zu, äußern ihre Überlegungen und wägen gemeinsam Argumente ab. Davon lebt unsere Demokratie. Diese Debattenkultur scheint in den letzten Jahren insbesondere bei den Themen Zuwanderung und Migration abhandengekommen zu sein. Die Mehrzahl der aktuellen flüchtlingspolitischen Diskussionen gleicht eher einem populistischen Überbietungswettbewerb als einer sachorientierten Debatte.

So fordern Politiker*innen aus der sogenannten Mitte physische Gewalt zur Abwehr von Migrant*innen, begründen den Qualitätsverlust der Schulbildung mit der notwendigen Beschulung Geflüchteter oder knüpfen die Einführung von Bezahlkarten an die Absenkung von Leistungen zur Lebenssicherung. Solche Vorschläge lösen keine Probleme. Sie verschärfen einerseits die ohnehin schon prekäre Lebenslage Schutzsuchender und bilden andererseits den Nährboden für Hass und gesellschaftliche Entsolidarisierung.

Das ist nicht nur für jene Menschen problematisch, die schutzsuchend zu uns kommen. Wir alle werden es spüren, wenn es normal wird, bestimmten Personengruppen die Schuld für dieses und jenes zuzuweisen, ohne tatsächlich an Lösungen zu arbeiten. Sündenbockrhetorik hat noch nie zur Verbesserung von Verhältnissen geführt. Im Gegenteil: Sie verhindert den lösungsorientierten Diskurs oder mündet bestenfalls in wirkungslosem Aktionismus. Im schlimmsten Fall kostet sie Menschenleben.

So benötigen wir auf die aktuellen migrationspolitischen Fragestellungen konkrete und pragmatische Antworten. Antworten, die der fortschreitenden Diskriminierung geflüchteter Menschen entgegenwirken und keine voreiligen Schuldzuweisen zulassen. Antworten, die den Menschen gesellschaftliche, berufliche und soziale Perspektiven bieten. Denn davon profitieren wir alle.

Wir scheinen den Blick für die Chancen nahezu völlig verloren zu haben, und sind Meister darin geworden, nur noch die Defizite zu sehen. Traurig und gefährlich zugleich. Im kürzlich veröffentlichten Sachsenmonitor stimmten zwei Drittel der Aussage zu, dass Sachsen bereits stark überfremdet sei. Eine Annahme fernab der Realität. Anfang Oktober 2023 lebten in Sachsen 33.252 Asylbewerber*innen. Dies entspricht 0,82 Prozent der sächsischen Bevölkerung. Natürlich fordern die Aufnahme dieser Menschen und die damit verbundenen Anstrengungen uns alle heraus. Unbestritten ist auch, dass nicht alles rund läuft. Es ist jedoch bei weitem nicht so, wie man es anhand des öffentlichen Diskurses glauben könnte.

Werden Schutzsuchende permanent in den Mittelpunkt der politischen Auseinandersetzung gestellt und der Umgang mit ihnen immer restriktiver, verschiebt sich die Debatte weiter nach rechts. Das vergiftet das gesellschaftliche Klima und gefährdet letztendlich unsere Demokratie.

Lassen wir es nicht zu, dass Schuldzuweisungen und polarisierende Aussagen zu akzeptierten Mitteln im gesellschaftlichen Diskurs werden. Falschbehauptungen dürfen nicht unwidersprochen bleiben oder sollten mindestens hinterfragt werden. Es geht um nicht weniger als unsere Demokratie. Jenen Rahmen, der auch Grundlage für unser gemeinnütziges Handeln ist. Jetzt und gerade hinsichtlich der Landtagswahlen benötigen wir gemeinsame Anstrengungen von Politik und Zivilgesellschaft für ein demokratisches und weltoffenes Sachsen. Lassen Sie uns zusammen dafür einstehen.


Der Kommentar erschien zuerst in der März-Ausgabe unseres Verbandsmagazins anspiel. 

 

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