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Migrationsfachdienste am Limit: „Bedarf und Ausstattung stehen in klarem Missverhältnis“

Beispielsbild Asylrecht; Jemand hält Unterlagen zum Asylrecht in der Hand.

Gute Beratung und Begleitung ermöglicht erfolgreiche Integration. Drei Paritätische Mitgliedsorganisationen betreiben Migrationsfachdienste und unterstützen Migrant(inn)en beim Ankommen in Sachsen. Der gestiegene Bedarf bringt die Träger jedoch zunehmend an ihre Leistungsgrenze.

Seit mehr als zehn Jahren unterstützen Fachdienste zugewanderte Menschen bei ihrem oft schwierigen Weg in die hiesige Gesellschaft. Diese migrationsspezifischen Beratungsangebote richten sich sowohl an Jugendliche (Jugendmigrationsdienst - JMD) als auch an Erwachsene (Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer - MBE). Hauptsächlich Neuzugewanderte, die mit Erhalt eines Aufenthaltstitels dauerhaft in Deutschland leben werden, nutzen die Hilfsangebote. Sprache, Schule, Beruf, Wohnen oder Gesundheit sind Themen in den Beratungsgesprächen, die oft in der jeweiligen Muttersprache geführt werden.

Nachfrage und Beratungsintensität steigen

Mit der verstärkten Zuwanderung im Jahr 2015 und den zügigeren Anerkennungsverfahren stiegen auch die Beratungszahlen sowie die Bandbreite und Intensität der Beratungsinhalte. Neben einer Vielzahl an sprachlichen Anforderungen bedarf es der frühzeitigen Beratung von Menschen mit guter Bleibeperspektive. Fragen des Familiennachzugs oder dem laufenden Asylverfahren spielen dabei eine große Rolle.

„Die Beratung von Hilfesuchenden ist mit den derzeitigen Ressourcen nur dank des übermäßigen Engagements der Beraterinnen und Berater möglich. Die Belastung für die Fachkräfte ist enorm“, betont Hendrik Kreuzberg, Referent für Migration des Paritätischen Sachsen und berichtet: „Besorgt sind die Beschäftigten der Fachdienste vor allem darüber, dass sie vielleicht nicht jeden Ratsuchenden unterstützen können und langfristig die gute Qualität ihrer Arbeit leidet.“

In den Beratungsdiensten der Paritätischen Mitgliedsorganisationen entwickelten sich die Fallzahlen derart drastisch, dass bereits im Juni 2016 nahezu die Gesamtzahl der Beratungsfälle aus dem Jahr 2014 erreicht wurde. Ein Blick auf die Anzahl der Beratungssitzungen unterstreicht diese Entwicklung, da viele Mehrfachsitzungen dazu führen, dass sich die Gesamtanzahl der Sitzungen fast jährlich verdoppelt.

Zusätzliche Aufgaben für Akteure in der Region

Neben den Zugewanderten sind es außerdem andere Organisationen und Institutionen der jeweiligen Region, die auf das Wissen der Fachdienste zurückgreifen. Die Beraterinnen und Berater sind gefragte Akteure. Sie unterstützen den interkulturellen Kompetenzerwerb oder helfen beispielsweise dem Jobcenter oder der Schuldnerberatung mit migrationsspezifischem Wissen. Dies reduziert umgekehrt jedoch die Beratungskapazitäten und die Fachdienste laufen Gefahr, zusätzliche, nicht finanzierte Aufgaben zu übernehmen.

Ausbau vorhandener Beratungskapazitäten und bedarfsgerechte Erweiterung nötig

„Bedarf und Ausstattung stehen in klarem Missverhältnis. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fachdienste versuchen dies mit allen Kräften zu kompensieren. Auf Dauer kann das nicht gut gehen - sowohl für die Hilfesuchenden als auch die Fachkräfte“, warnt der Referent. Daher erachtet der Paritätische Sachsen den Ausbau der vorhandenen Beratungskapazitäten sowie die bedarfsgerechte Erweiterung in den Regionen als unumgänglich. Die Bundesgelder hierfür müssen dringend erhöht werden, wenn Integration erfolgreich gestaltet werden soll.

Doch nicht nur der Bund ist gefragt. Auch der Freistaat muss seinen Beitrag leisten und sich stärker engagieren. Die Finanzierung einer Teamkoordination erscheint diesbezüglich als ein erster wichtiger Schritt, da so die Beraterinnen und Berater von Verwaltungsaufgaben entlastet werden und sich wieder stärker den Kernaufgaben widmen könnten.


Am 13. September 2016 findet der Aktionstag der Migrationsfachdienste statt. Die Träger informieren an diesem Tag über ihre Arbeit und die bestehenden Hürden. So wurden u.a. Landtagsabgeordnete eingeladen, Einblicke in die tägliche Beratungspraxis zu nehmen.

Kontakt:

Hendrik Kreuzberg, Referent für Migration
Tel.: 0351/ 49 166 78
E-Mail: hendrik.kreuzberg(at)parisax.de