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Mit Housing First zurück zur eigenen Wohnung

Schatten auf einer Treppe. (Foto: Martin Schemm/ pixelio.de)

Seit 2021 läuft in Leipzig das Projekt „Eigene Wohnung“. Dabei wird obdachlosen Menschen eine Wohnung zur Verfügung gestellt, ohne dies an weitere Bedingungen zu knüpfen. Kann das funktionieren?

Der Wohnungsmarkt in Leipzig ist angespannt. Und doch gelang es der Stadt Leipzig und der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbh (LBW) für das Projekt „Eigene Wohnung“ 25 Wohnungen bereitzustellen, in denen nun vormals obdachlose Personen ein Zuhause gefunden haben. Das Projekt folgt dem sogenannten Housing First-Ansatz. Dabei wird insbesondere wohnungslosen Menschen mit mehreren Problemlagen wie beispielsweise Sucht oder psychischen Erkrankungen, die Anmietung einer Wohnung ermöglicht, ohne dies an Vorbedingungen wie Abstinenz, Therapiebereitschaft oder eine Verpflichtung zur Inanspruchnahme weiterer Hilfsleistungen zu knüpfen. Die wohnbegleitenden Hilfeleistungen werden proaktiv und nachdrücklich angeboten, ihre Annahme ist jedoch freiwillig. Unterstützt wird das Projekt von unserem Träger DAS BOOT gGmbH Sozialpsychiatrisches Zentrum als Träger der wohnbegleitenden Hilfen.

Internationale Erfahrungen mit Housing First

Die Idee ist nicht neu. Bereits in den 1980er Jahren gab es in Finnland Initiativen, die den Menschen die Rückkehr in eine eigene Wohnung ermöglichten. Dafür wurden gezielt Wohnungen gebaut. Auf begleitende Hilfsangebote konnten die Beteiligten freiwillig zurückgreifen. Ähnlich verhielt es sich mit dem Ansatz „pathway to housing“, der im New York der 1990er Jahre seinen Ursprung hat. Dieser zielte schon konkret darauf ab, insbesondere sucht- oder psychisch erkrankten Menschen über die eigene Wohnung den Weg zurück in die Gesellschaft zu ebnen.

Leipziger Projekt zeigt positive Ergebnisse

Nach gut zwei Jahren Projektlaufzeit ziehen die Leipziger Projektverantwortlichen ein positives Fazit. Die Mehrzahl der vermittelten Mietverhältnisse besteht, ohne dass es zu mietrechtlich relevanten Problemen gekommen ist. Die Bewohner*innen nehmen die begleitenden Hilfen überwiegend an. Selbst wenn es hin und wieder zu Unterbrechungen kommt, sehen die Projektmitarbeitenden dennoch Fortschritte. Die eigene Wohnung wirkt stärkend und bietet Sicherheit.

Nur wenige Probleme bei der Umsetzung

Natürlich läuft es nicht immer rund. So gibt es einige Fälle von Mietschulden oder beispielsweise Beschwerden wegen Lärmbelästigung. In diesen Fällen konnte das Projektteam jedoch helfend intervenieren. Bisher wurden vier Mietverhältnisse beendet. In zwei Fällen kam es dabei zum Wohnungsverlust wegen erheblicher Sachbeschädigung und anschließender Kündigung des Mietvertrages durch den Vermieter. Davon lag in einem Fall eine akute Psychose vor. Hier zeigen sich die Grenzen von Housing First.

Mit Vertrauen und nach Bedarf unterstützen

Damit das Projekt weiterhin erfolgreich bleibt, setzt das Projektteam bei der Wohnbegleitung darauf, dass es keinen Wechsel der Bezugspersonen gibt. Vertrauen in die begleitenden Personen und die Hilfsangebote spielt eine wichtige Rolle, da alles auf Freiwilligkeit basiert. Bewohnende müssen bei fehlender Mitwirkung keine Sanktionen fürchten.

Eine wichtige Stütze für die Bewohner*innen ist zudem die Begleitung bei der Wohnungsbesichtigung, der Anmietung oder bei notwendigen Behördengängen sowie der Beschaffung der Erstausstattung. In der Regel besuchen die Mitarbeitenden die Bewohner*innen einmal die Woche. Gelegentlich kommt es auch zu Kontaktunterbrechungen – jedoch selten zu Abbrüchen. Selbstverständlich bietet das Projekt auch Hilfestellung hinsichtlich psychischer und suchtbedingter Problemlagen.

Housing First hilft Menschen aus der Obdachlosigkeit

Ähnlich wie das Leipziger Projekt „Eigene Wohnung“ bestätigen die bisherigen Erfahrungen aus anderen Ländern sowie die zahlreichen Projekte in der Bundesrepublik, dass der Housing First-Ansatz sehr erfolgversprechend ist. Die weit überwiegende Zahl der Menschen (75 – 90%), die über diesen Weg eine Wohnung bekommt, verbleibt auch in dieser.

Für den Erfolg braucht es neben bezahlbaren Wohnungen jedoch auch die Bereitschaft von Städten und Kommunen, das Thema Housing First mitzutragen und sich um die Wohnungsakquise zu kümmern. Zudem müssen Vermieter*innen gewonnen, aber auch gut begleitet werden. Der regelmäßige Austausch mit den Fachkräften und das Wissen um eine ständige Ansprechperson bei Problemen oder Störungen erhöhen die Bereitschaft von Vermieter*innen, den Ansatz zu unterstützen. Eine Mietgarantie ist an dieser Stelle ebenfalls förderlich.

Das Leipziger Projekt „Eigene Wohnung“ läuft noch bis Ende 2024. Es bleibt zu hoffen, dass der Ansatz darüber hinaus fortgesetzt und von weiteren Kommunen in Sachsen aufgegriffen wird. Das Projekt hat schon jetzt gezeigt, dass Housing First zur erfolgreichen Integration wohnungsloser Menschen beitragen kann.

Weitere Informationen, Kontaktdaten und Zwischenberichte zum Projekt finden Sie auf der Webseite der Stadt Leipzig: https://www.leipzig.de/jugend-familie-und-soziales/soziale-hilfen/obdachlosigkeit/projekt-eigene-wohnung

Das Sächsische Sozialministerium veröffentlichte zudem einen Handlungsleitfaden zur Umsetzung des Housing-First-Ansatzes in Sachsen. Diesen können Sie hier herunterladen.


Kontakt

Alexandra Poppe (Referat Besondere Lebenslagen)

Tel.: 0351 – 828 71 151
E-Mail: alexandra.poppe(at)parisax.de

 

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