Der Paritätische Wohlfahrtsverband Sachsen kritisiert die Pläne der angehenden Koalition aus CDU und SPD, ab 2028 ein verpflichtendes Vorschuljahr einzuführen. Aus Sicht des Verbandes wäre es weit wirksamer, die geplanten Mittel direkt für die Verbesserung der frühkindlichen Bildung in Krippe, Kindergarten und Hort einzusetzen.
Michel Richter, Landesgeschäftsführer des Paritätischen Sachsen, sagt zu den Plänen der Koalition: „Dass alle Kinder bei der Einschulung über die grundlegenden Fähigkeiten verfügen, um erfolgreich in der Schule zu bestehen, ist ein absolut richtiges Ziel. Ein verpflichtendes Vorschuljahr wird die gewünschten Erfolge jedoch nicht erzielen. Wir finden es besser, die im Raum stehenden Kosten von 250 Mio. Euro jährlich stattdessen direkt in Qualitätsverbesserungen der gesamten frühkindlichen Bildung zu investieren. Der Personalschlüssel in Kindergärten ließe sich von derzeit einer Erzieherin für 12 Kinder auf 1:10 verbessern. Mehr Zeit für die Kinder ist der Schlüssel. Das wäre für den gelingenden Übergang zwischen Kita und Grundschule weit wirksamer als der vorliegende Ansatz eines verpflichtenden Vorschuljahres.“
Bereits im Landtagswahlkampf sorgte der CDU-Vorschlag eines verpflichtenden Vorschuljahres für Irritationen und Kritik bei Fachverbänden sowie den pädagogischen Fachkräften in Kitas. Verbesserungen in der frühkindlichen Bildung fielen in den zurückliegenden Jahren mit Verweis auf die Haushaltslage eher klein aus. Umso unverständlicher ist es nun, dass eine zusätzliche Summe von 250 Mio. Euro jährlich für einen Ansatz verwendet werden soll, der sowohl den Erfahrungen der Praxis als auch dem aktuellen pädagogischen Wissensstand entgegensteht.
Mit dem verpflichtenden Vorschuljahr sollen nach Aussage von CDU und SPD alle Kinder erreicht werden, um gleiche Startchancen in der Schule zu ermöglich. Dem hält Michael Richter entgegen: „Die Betreuungsquote der 3- bis 6-Jährigen liegt laut statistischem Bundesamt im Freistaat bei 93,6 Prozent. Der Anteil im letzten Kita-Jahr dürfte noch höher sein. Damit liegt Sachsen bundesweit mit an der Spitze. Es ist demzufolge ein geringer Prozentsatz an Kindern, der aus verschiedenen Gründen vor der Schule keinen Kindergarten besucht. Anstatt auf Zwang zu setzen, sollte besser auf die Gründe des Fernbleibens geschaut werden, um beispielsweise mit niedrigschwelligen familiennahen Angeboten Zugänge zur Kita zu schaffen.“
Der Paritätische Sachsen schlägt einen Stufenplan zur Verbesserung der Qualität in Kitas vor. Eine schrittweise Personalschlüsselverbesserung beginnend in Kindergarten und Hort ermöglicht bessere Bildungschancen für Vorschul- und Grundschulkinder, eine kontinuierliche Vorbereitung bis zur Schule sowie einen guten Übergang.
Der Paritätische Wohlfahrtsverband ist der größte Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege in Sachsen. Rund 500 Mitgliedsorganisationen betreiben sachsenweit etwa 2100 Einrichtungen und Dienste der Sozial- und Bildungsarbeit. Mit 650 Einrichtungen steht der Paritätische Sachsen im Freistaat für die größte Anzahl an Angeboten der frühkindlichen Bildung in freier Trägerschaft.
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