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Pflege: Dienstplanung neu angehen und Personal binden

Grafik: Figuren stehen vor einem großen Kalender und planen gemeinsam Termine.

 

Seit August 2019 verfolgt der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) Neustadt/Sachsen e.V. das Projekt Dienstplan(Pflege) 4.0, bei dem familienfreundliche und lebensphasenorientierte Dienstplanungselemente in der Pflege entwickelt werden. Der Verband setzt dabei auf die Beteiligung der Pflegekräfte und trägerübergreifende Kooperationen.

Die Aufgabe, Personal zu gewinnen und zu binden, macht vor den Unternehmen im sächsischen Neustadt nicht halt. Es ist daher wenig verwunderlich, dass diese Themen oben auf der Agenda der regionalen Fachkräfteallianz stehen. Als Geschäftsführer des ASB Neustadt/Sachsen e.V., einem Unternehmen mit rund 700 Beschäftigten, ist es für Alexander Penther selbstverständlich, in diesem Netzwerk mitzuwirken. Mit gleicher Selbstverständlichkeit hält er engen Kontakt zur Wirtschaftsförderung des Landkreises Sächsische Schweiz - Osterzgebirge. So kam auch die Idee für das Projekt Dienstplan(Pflege) 4.0 auf, das nun über die Fachkräfteallianz gefördert wird.

Ein Schwerpunkt der Personalpolitik des Trägers liegt auf der Mitarbeiter*innenzufriedenheit und dem damit verbundenen Verbleib der Beschäftigten im Verband. „Wir haben in den zurückliegenden Jahren schon einiges getan, um attraktiv für unser Personal zu sein. Dem Dienstplan als zentralem Steuerungsinstrument kam und kommt dabei eine entscheidende Funktion zu. Dennoch stand die Frage im Raum: Wie bekommen wir Zeitplanung, Arbeitszeit und die Wünsche des Teams noch besser zusammen?“, berichtet der Geschäftsführer über die Anlaufphase zum Projekt. Impulse erhielt der Verein unter anderem aus dem Projekt Gelingen-schreibt-Geschichte(n) des ASB-Landesverbandes Sachsen. Dort wurden gute Ansätze der Personalbindung aus den Gliederungen des ASB zusammengetragen.

Vor diesem Hintergrund entstand die Idee, im Projekt die Dienstplanung in der Pflege unter Beteiligung aller Akteur*innen ganz neu zu denken. Der Träger bindet dazu seinen gesamten Pflegebereich mit drei ambulanten Diensten und vier stationären Einrichtungen ein. Im trägerübergreifenden Dialog werden die Ergebnisse zudem mit weiteren Anbietern der Region diskutiert und auf eine mögliche Übertragbarkeit hin überprüft. Die Projektleiterin Franziska Scholz-Gröbe hält die Fäden innerhalb des Trägers sowie zu externen Projektpartnern zusammen. Als Kernziel benennt das Konzept die „Entwicklung eines Handlungsleitfadens zur familienfreundlichen und lebensphasenorientierten Dienstplangestaltung in der (Alten)Pflege.“ Die Ergebnisse werden nach Projektende veröffentlicht und für andere Träger der Altenpflege zugänglich sein.

Pflegekräfte für das Projekt begeistern

„Die Begeisterung in den Einrichtungen bei uns im Verband hielt sich erstmal in Grenzen“, erinnert sich Alexander Penther an die erste Vorstellung des Plans: „Aber das ist bei neuen Ansätzen oder Ideen oft so. Die Befürchtungen der Beschäftigten vor einer zusätzlichen Belastung konnten in den ersten Monaten gut ausgeräumt werden. Das erreichten wir durch die transparente Vorstellung der Projektinhalte und das gezielte Gespräch mit den Mitarbeiter*innen. Viele Sorgen verschwanden, als die Kolleg*innen sahen, dass es eine Projektleiterin gibt, die sich um die Hauptaufgaben kümmert.“

Das Projekt achtet besonders darauf, jene Personen gut einzubinden, die zum Teil schon über Jahre für die Dienstplanungen zuständig sind. Im Gespräch mit diesen Beschäftigten ging es vornehmlich darum, Geleistetes wertzuschätzen und für neue Perspektiven zu werben. Aufzuzeigen, wie unterschiedlich Dienstplanung aussehen kann, obwohl die gleichen Vorgaben herrschen, trug an dieser Stelle oft zum Verständnis bei und weckte außerdem das Interesse, mehr zu erfahren.

Wissen vermitteln und Dialog anregen

In der ersten Schulung für die Teams ging es um verschiedene Dienstplanmodelle, damit alle Beteiligten auf demselben Wissensstand sind. In sich anschließenden Arbeitsgruppen diskutierten die Fachkräfte die vorgestellten Modelle und wogen diese mit der eigenen Praxis ab. Dabei wurde die unterschiedliche Handhabung der Planung in den einzelnen Einrichtungen deutlich. „Interessant wurde es, als konkret gefragt wurde: Warum macht ihr das so? Was hat sich bewährt? So konnten wir schon erste unternehmensinterne Erkenntnisse zusammenstellen, was funktioniert und wie das Personal derzeit am besten erreicht wird. Die Projektleitung wertete die Ergebnisse dann aus und setzte sie mit statistischen Daten ins Verhältnis wie beispielsweise mit Fehltagen, Krankheit oder dem Ausfallmanagement in den jeweiligen Einrichtungen und Diensten“, erklärt der Geschäftsführer. Obwohl die Gespräche verschiedene Dienstplanmodelle zum Ausgang hatten, zeigte sich unter anderem bereits das unterschiedliche Verständnis von Work-Life-Balance zwischen den Altersgruppen. Was für die eine Gruppe normal erscheint, weil es über viele Jahre so gelebt wurde, hinterfragten neue oder jüngere Mitarbeiter*innen.

Schwerpunkt in der ersten Projektphase wird es nun sein, die Ergebnisse im Gespräch mit den jeweiligen Teams auszuwerten. Die Vielzahl an Einrichtungen und Diensten unter dem Dach des ASB Neustadt bietet eine große Fülle an Perspektiven und Ansätzen. Das begünstigt das Ziel, bereits im unternehmensinternen Vergleich erste Lösungen für typische Situationen ableiten zu können. Dies kann einerseits durch Wissenstransfer zwischen den Teams erfolgen und andererseits durch die Kombination verschiedener Ansätze. Die Projektleiterin wird das Vorgehen im Dialog mit den Beschäftigten entwickeln.

Formelle Formate des Austauschs

Alle zwei Monate finden Statustreffen statt, an denen die Einrichtungs- und Pflegedienstleitungen, die Geschäftsführung sowie die Projektleiterin teilnehmen. Dort werden in großer Runde aktuelle Arbeitsschritte und Projektinhalte besprochen. Vierteljährlich trifft sich zudem ein Dienstplanzirkel, der sich konkret mit der familienfreundlichen Dienstplangestaltung und dem Ausfallzeitenmanagement befasst. Daran beteiligt sind die Projektleitung, Führungskräfte der Einrichtungen, Kooperationspartner und ein Vertreter des Betriebsrats. Eine wichtige Stütze ist ferner die wissenschaftliche Begleitung, bei der sich die Projektleitung monatlich mit der Fachhochschule Dresden über pflegewissenschaftliche Aspekte des Projektes austauscht, wie beispielsweise zu aktuellen Erkenntnissen zu Dienstplanmodellen oder zur Berücksichtigung unterschiedlicher Altersgruppen und Lebenslagen von Mitarbeiter*innen.  Der Projektabschluss ist für Dezember 2022 vorgesehen.


Sie möchten mehr wissen? Sprechen Sie die Projektleitung an:

Franziska Scholz-Gröbe
Projektleiterin Dienstplan (Pflege) 4.0

Tel.: 03596/ 561-30
E-Mail: franziska.scholz-groebe(at)asb-neustadt-sachsen.de


Der Artikel erschien zuerst in Ausgabe 1.2020 unseres Verbandsmagazins anspiel.