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Pflege in Sachsen sicherstellen und weiterentwickeln

Symbolbild: Pflegekraft hält Hand einer Seniorin. (Foto: Photographee.eu/ Fotolia.com)

Pflege ist kein Nischenthema. Über 300.000 Menschen in Sachsen sind pflegebedürftig – Tendenz steigend. Der Paritätische Sachsen sieht in einem Landespflegegesetz die Chance, einen neuen Rahmen für gute Pflege in Sachsen zu schaffen. Über dieses verbandliche TOP-Thema im Wahljahr 2024 sprachen wir mit Julia Liebscher, Referentin für Altenhilfe und Pflege.

Julia Liebscher, Pflege ist ein kontroverses und komplexes Thema zugleich. Warum fordern wir ein Landespflegegesetz in Sachsen und was soll sich dadurch verbessern?

Julia Liebscher: Ja, der Pflegebereich wird fortlaufend reformiert und es ist gar nicht leicht, hier den Überblick zu behalten. Ein Landespflegegesetz kann mehr Klarheit und Transparenz schaffen, indem es die relevanten Bundesregelungen im Bereich Pflege auf das Land bezogen bündelt. Diese Verbindlichkeit erleichtert Diensten und Einrichtungen ihre Arbeit.

Ein solches Gesetz soll aber nicht nur mehr Übersicht schaffen, sondern auch den Rahmen für gute Pflege in Sachsen bilden. Denn bisher fehlt in vielen Regionen eine Prognose, welche Pflegeangebote vor Ort notwendig sind. Wir brauchen zum einen Zahlen zur Altersstruktur, zur Anzahl pflegebedürftiger Menschen und zu den Pflegeangeboten, um dann im zweiten Schritt Versorgungslücken besser schließen zu können. Einige Kommunen versuchen das bereits, andere noch nicht. Deshalb wollen wir eine gesetzlich verpflichtende kommunale Pflegeplanung, die seitens der Landesebene unterstützt wird. In unserer älter werdenden Gesellschaft ist Pflege eine der zentralen Aufgaben. Hier sollten alle politischen Ebenen ihren Beitrag leisten und Land und Kommunen mehr als bisher an einem Strang ziehen.

Wie steht die Landespolitik zum Thema Landespflegegesetz?

Julia Liebscher: Von 1996 bis 2004 gab es bereits ein ‚Sächsisches Pflegegesetz’, aber es wurde damals nicht verlängert. Man hatte sich darin bereits auf eine Bedarfsplanung verständigt, Förderinstrumente festgeschrieben und unter anderem das Ziel formuliert, Pflege-Angebote aufeinander abzustimmen. Unsere Forderungen heute gehen in eine ähnliche Richtung. Ich denke, die Notwendigkeit für ein neues Landesgesetz ist vielen politischen Akteuren klar und es wird auch im Landtag seit Jahren immer mal wieder diskutiert. Aber bisher gibt es keine Mehrheiten dafür und auch die aktuelle Koalition hat dieses wichtige Thema ausgespart. Das muss sich ändern.

Was verbessert sich durch ein solches Gesetz für die Menschen in Sachsen?

Julia Liebscher: Pflege betrifft alle. Viele Angehörige versuchen selbst, pflegend zu unterstützen, solange es geht. Um möglichst lange zu Hause gepflegt werden zu können. sind Pflegebedürftige aber auf ein umfassendes ambulantes Angebot angewiesen.  Wenn die eigenen Eltern pflegebedürftig werden, entscheidet genau dieses Angebot vor Ort darüber, ob man den Job, das eigene Leben und die Pflege unter einen Hut bekommt. Und wird jemand pflegebedürftig, steht meist erst mal der ganze Alltag Kopf. Digitale Informationen, wie beispielsweise auf der Online-Plattform PflegeNetz Sachsen, und die Beratung durch die Pflege- bzw. Krankenkasse reichen bei der Vielzahl an Fragen und den zu treffenden Entscheidungen oft nicht aus. Wir wollen deshalb auch wohnortnahe, persönliche Beratungsangebote im Gesetz verankert wissen.

Kurzum: Von einer guten Pflegelandschaft und einer individuellen Beratung profitieren sehr viele Menschen in Sachsen. Jetzt braucht es den politischen Willen, zu handeln. Das ist auch deshalb notwendig, weil Sachsen eines der Bundesländer mit dem höchsten Altersdurchschnitt ist.


So soll Pflege in Sachsen 2030 gestaltet sein:

  • In einem Landespflegegesetz sind alle pflegerelevanten rechtlichen Regelungen, Anforderungen und Fördermöglichkeiten in Sachsen gebündelt. Bürokratie wird abgebaut und Innovationsanreize werden gesetzt.
  • Sachsen hat eine verpflichtende kommunale Pflegeplanung, die durch den Freistaat unterstützt wird. Dies ermöglicht, dass Pflegebedürftige in ihrer gewohnten Umgebung bestmöglich versorgt und Angehörige entlastet sowie wohnortnahe Beratungsangebote für Pflegebedürftige und pflegende An-/Zugehörige sichergestellt und gefördert werden.
  • Um die Pflegekräfte von morgen gewinnen und halten zu können, gibt es gesetzlich verankerte Beratungs-, Unterstützungs- und Vernetzungsmöglichkeiten, die den Beruf attraktiver machen. Zudem engagiert sich der Freistaat bei der Finanzierung der Ausbildungskosten in der ambulanten und stationären Pflege.

Lesen Sie hier das Positionspapier "Pflegerische Versorgung sicherstellen und weiterentwickeln".


Kontakt:

Julia Liebscher (Referat Altenhilfe/ Pflege) 
Tel.: 0351 – 828 71 142 
E-Mail: julia.liebscher(at)parisax.de 


Das Interview führte Tina Siebeneicher, Referentin für Verbandskommunikation.