Gefährdungsbeurteilung, Unterweisung und Co. sind auf den ersten Blick aufwendig und zeitraubend. Für ein sicheres und gesundes Arbeitsumfeld sind sie unerlässlich. Und den Beschäftigten zeigen sie: Ihr seid dem Unternehmen wichtig. Diese Botschaft ist der Grundstein für eine Präventionskultur im Unternehmen, von der alle profitieren.
Was als Präventionskultur bezeichnet wird, ist zunächst wenig greifbar. Doch wer sich in Betrieben umhört, stößt immer wieder auf ähnliche Themen: Knappe Ressourcen, fehlende Fachkräfte, eine Vielzahl von Anforderungen, die zu erfüllen sind. Dabei zeigt sich auch, was gut aufgestellte Unternehmen mit gelebter Präventionskultur ausmacht: Sie beziehen bei Themen wie Führung und Zusammenarbeit alle Beteiligten ein und setzen sich aktiv für Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten ein.
Arbeitsschutz mit professioneller Unterstützung
Die gute Nachricht für Führungskräfte: Es ist zwar ihre Aufgabe, für Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu sorgen, doch allein gelassen sind sie damit nicht. Fachkräftige Unterstützung ist sogar gesetzlich vorgegeben: Jeder Betrieb, der Angestellte oder Ehrenamtliche beschäftigt, muss sich betriebsärztlich und sicherheitstechnisch beraten lassen. Ziel ist, dass alle Beschäftigten gesund und sicher arbeiten können. Große Unternehmen haben häufig eigene Fachkräfte und Betriebsärzte oder -ärztinnen. Kleine Einrichtungen können freiberufliche Fachleute oder Dienstleistungsfirmen beauftragen.
Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet alle Arbeitgeber, regelmäßig eine Gefährdungsbeurteilung vorzunehmen und als kontinuierlichen Verbesserungsprozess weiterzuführen. Auch hierbei unterstützen Fachkräfte für Arbeitssicherheit sowie der Betriebsarzt oder die Betriebsärztin. Gefährdende Tätigkeiten werden in einer solchen Beurteilung für jeden Arbeitsplatz erfasst und Maßnahmen festgelegt, wie die Gefährdung beseitigt wird. Dazu gehören auch vermeintliche Kleinigkeiten wie Stolperfallen und ungünstige Körperhaltungen. Die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung liegt in der Verantwortung der Geschäftsführung.
Gefährdungsbeurteilung als Grundlage
Eine Gefährdungsbeurteilung ist für Unternehmen aber nicht nur gesetzliche Pflicht, sondern zugleich ein guter Ausgangspunkt für alle Maßnahmen, die Arbeitsplätze gesünder und sicherer machen. Gefährdungen und Belastungen gilt es zu beseitigen oder zumindest die Risiken zu minimieren. Um Arbeitsplätze möglichst gesundheitsförderlich zu gestalten, müssen diese Gefährdungen und Belastungen jedoch zuerst erkannt werden. Und auch beim sensiblen Thema Psyche hilft die Gefährdungsbeurteilung, gesundheitliche Risiken für Beschäftigte aufzuspüren.
Die Gefährdungsbeurteilung ist Führungsinstrument und Planungsgrundlage für die betriebliche Organisation und Arbeitsabläufe. Geeignete Maßnahmen können Störungen im Betriebsablauf, Unfälle und andere gesundheitliche Beeinträchtigungen vermeiden und so Ausfallzeiten beim Personal verringern. Dazu gehören beispielsweise Regelungen zur Reinigung und zur Desinfektion, die arbeitsmedizinische Vorsorge für Beschäftigte oder Prüffristen für Arbeitsmittel und Betriebsanweisungen. Gesunde und sichere Arbeitsbedingungen können die Motivation und Leistungsfähigkeit verbessern und zur Qualitätssicherung beitragen.
Was haben Unternehmen davon?
Die gute Organisation des Arbeitsschutzes ist der Schlüssel für eine nachhaltige Präventionskultur im Betrieb. Mit festen Strukturen und Abläufen erfüllen Unternehmen nicht nur gesetzliche Anforderungen, sondern gestalten attraktive Arbeitsbedingungen, die die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten stärken und damit die Leistungsfähigkeit steigern: Prozesse funktionieren reibungsloser, es gibt weniger krankheits- und unfallbedingte Ausfälle und alle Beteiligten sind motivierter, gesünder und leistungsstärker. Solche Mitarbeiter*innen sind die beste Basis für nachhaltig erfolgreiche Unternehmen. Und ein gesundes Arbeitsklima ist zusätzlich ein attraktiver Wettbewerbsvorteil, um Fachkräfte zu gewinnen und zu halten.
Der Fachkräftemangel ist überall in der Arbeitswelt angekommen. Müssen Unternehmen Leistungen einschränken, weil sie kein qualifiziertes Personal rekrutieren und halten können, gefährdet das ihren Erfolg. Besonders viele Arbeitskräfte fehlen in Unternehmen des Gesundheitsdienstes und der Wohlfahrtspflege. So berichten Pflegeunternehmen davon, dass es schwer ist, offene Stellen zu besetzen. Mitarbeitende zu finden und zu halten, ist demnach ein zentrales Problem für viele Betriebe. Gute Arbeitsschutzkonzepte sind wiederum für Bewerber*innen ein wichtiges Kriterium bei der Wahl des Arbeitgebers. Auch um Personal im Unternehmen zu halten, ist ein Arbeitsklima, das Wertschätzung und Fürsorge vermittelt, ein entscheidendes Merkmal. Stabilität in der Team-Besetzung stärkt des Weiteren das Wir-Gefühl und erhöht die Zufriedenheit bei der Arbeit.
Sicheres und gesundes Arbeiten von Anfang an
Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) unterstützt ihre Mitgliedsbetriebe mit verschiedenen Angeboten. Wer sich erst einmal einen Überblick verschaffen will, startet zum Beispiel mit dem „BGW Orga-Check“ – einem Selbsttest, ob zentrale Anforderungen an den Arbeitsschutz erfüllt sind. Die Betriebe gewinnen damit zum einen mehr Rechtssicherheit und zum anderen erhalten sie konkrete Hinweise zu Handlungsbedarfen. Von der Handlungshilfe für die Gefährdungsbeurteilung bis hin zu Seminaren bietet die BGW ihre Unterstützung an.
Für Kleinst- und Kleinunternehmen, die gerade erst gegründet wurden, gibt es zudem eine neue BGW-App, um ihnen den Start in das Thema Arbeitsschutz zu erleichtern. Unternehmensgründer*innen können sich damit ohne lange Recherche bei der Umsetzung auf das Wesentliche konzentrieren. Die App bietet beispielsweise interaktive Inhalte und praktische Unterstützung für die Durchführung von Arbeitsschutzunterweisungen. Mit einer 360-Grad-Ansicht von beispielhaften Arbeitsumgebungen erleichtert die App zudem die Identifikation von Sicherheitsrisiken. Die App gibt es derzeit für physiotherapeutische Praxen und Betriebe der ambulanten Pflege.
Den BGW Orga-Check sowie Informationen zur BGW-App und zu weiteren Angeboten der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege finden Sie auf: www.bgw-online.de
Der Artikel erschien zuerst in der September-Ausgabe 2024 unseres Verbandsmagazins anspiel. Das Heft befasste sich mit dem Themenschwerpunkt "Soziale Innovation".