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Projekt möchte Kinder-, Jugend- und Familienarbeit in Dresden migrationsgesellschaftlich öffnen

Spielfiguren verschiedener Farben stehen bunt vermischt auf einem weißen Untergrund. Sie symbolisieren Vielfalt, Miteinander und Integration.

Seit September 2016 läuft beim Paritätischen Sachsen ein Projekt zur interkulturellen Öffnung von sozialen Organisationen. Das Mitglied Ausländerrat Dresden e.V. verfolgt mit seinem Projekt ‚Migrationsgesellschaftliche Öffnungsprozesse in Einrichtungen der Kinder-, Jugend- und Familienarbeit‘ ein ähnliches Anliegen und macht es doch anders. Darüber sprachen wir mit dem Projektleiter Peter Streubel.

Alle sprechen von interkultureller Öffnung, Sie hingegen von migrationsgesellschaftlichen Öffnungsprozessen. Was verbirgt sich dahinter?

Streubel: Interkulturell suggeriert, dass immigrierte Menschen hauptsächlich aufgrund kultureller Unterschiede nicht in den Einrichtungen ankommen und Leistungen in Anspruch nehmen. Die Gründe sind aber vielfältiger: prekäre Lebenssituationen aufgrund rechtlicher Ungleichstellung und unsicherem Aufenthaltsstatus, Erfahrungen von Rassismus, Diskriminierung und entmündigender Behandlung; bei Geflüchteten erlebte Todesangst, Entrechtung und Gewalt in einer Intensität, die anderen nicht zu vermitteln ist. Der Blick durch die kulturelle Brille blendet all diese Umstände aus und führt oft dazu, dass die betreffenden Menschen selbst als Problem identifiziert werden.

In Ihrem Projekt bieten Sie Organisationsentwicklungsberatung und parallel dazu gibt es ein aufsuchendes Team. Warum nutzen Sie diese zwei Ansätze?

Streubel: Wir wollen mit dieser Kombination Brücken bauen. In aller Regel haben die Einrichtungen eine Komm-Struktur. Der Weg zu den Angeboten ist für Menschen, die neu in Deutschland sind und die hier etablierten Strukturen sozialer Arbeit nicht kennen, oft nicht einfach. Deshalb möchten wir sie mit einem niedrigschwelligen aufsuchenden Ansatz erreichen, um sie in Einrichtungen zu begleiten. Parallel besprechen wir mit den dort tätigen Fachkräften, wie spezifische Bedürfnisse berücksichtigt und Veränderungsprozesse angeregt werden können.

Wo sehen Sie in der Kinder-, Jugend- und Familienarbeit die größten Baustellen hinsichtlich der migrationsgesellschaftlichen Öffnung?

Streubel: Es ist wichtig, wirkliche Veränderungsprozesse anzuregen. Die meisten Einrichtungen möchten z.B. gern mit Geflüchteten arbeiten. Allerdings ist es mit dem guten Willen nicht getan. Auch bisher bewährte Routinen, Strukturen und Organisationskultur müssen ehrlich hinterfragt werden, ob sie unter den Bedingungen der Migrationsgesellschaft umfassende Partizipation gewährleisten können. Dazu ist eine intensive und langfristige Beschäftigung mit dem Thema, auch das Reflektieren der eigenen Haltung und Handlungen notwendig. Ich stelle hier einen großen Fortbildungsbedarf fest.

Was treibt Sie persönlich bei der Arbeit für das Projekt an?

Streubel: Mein persönlicher Antrieb ist es, mich für mehr soziale Gerechtigkeit stark zu machen. Ich nutze meine Tätigkeit im Projekt, um die fortgesetzte Ausgrenzung marginalisierter Gruppen, bspw. durch die politisch forcierte Unterscheidung zwischen „guten“ und „schlechten“ Geflüchteten, die mit Missachtung von Kinder-, Grund- und Menschenrechten einhergeht, zu problematisieren und an die Verantwortung der in der sozialen Arbeit Tätigen zu appellieren. Und: Von den im Zuge bereitgestellten Mitteln profitieren vor allem Mehrheitsangehörige wie ich.

 

Lesen Sie mehr über das Projekt ‚Migrationsgesellschaftliche Öffnungsprozesse in Einrichtungen der Kinder-, Jugend- und Familienarbeit‘ in Dresden des Ausländerrates Dresden e.V. auf www.auslaenderrat-dresden.de

Informationen zum Projekt „Parität konkret – Interkulturelle Öffnung sozialer Organisationen“ lesen Sie unter www.parisax.de/verband/interkulturell