Die in den Sondierungen von CDU/CSU und SPD geplante Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz kommentiert Dr. Susanne Kleber, Referentin für Bildung des Paritätischen Sachsen:
Ich begrüße es, dass im Ergebnis der Sondierungsgespräche Kinderrechte im Grundgesetz ausdrücklich verankert werden sollen. Allerdings sind wir weit davon entfernt, sie im Alltag lebendig werden zu lassen. Die BRD hat die Kinderrechtskonvention zwar am 6. März 1992 unterzeichnet, so dass sie für die Bundesrepublik am 5. April 1992 in Kraft getreten ist, aber zunächst unter einem Vorbehalt, der am 15. Juli 2010 durch Hinterlegung einer Rücknahmeerklärung bei den Vereinten Nationen zurückgenommen worden ist.
In dieser langen Zeit konnte in der Bundesrepublik die Abschiebehaft auch gegen Kinder und Jugendliche verhängt werden. Unser Land hat also dem Ausländerrecht Vorrang vor der Kinderrechtskonvention gegeben – an sich schon ein nicht hinzunehmender Verstoß gegen die Menschenrechte. Inzwischen gilt auch in der BRD ohne Einschränkungen der Artikel 3 Absatz 1 der Konvention, dass „bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, gleichviel ob sie von öffentlichen oder privaten Einrichtungen der sozialen Fürsorge, Gerichten, Verwaltungsbehörden oder Gesetzgebungsorgan getroffen werden, (…) das Wohl des Kindes (…) vorrangig zu berücksichtigen ist.“
Leider ist scheinbar bis heute der Geist vor 2010 handlungsleitend und es ist höchste Zeit, hier Taten folgen zu lassen, um das Wohl jedes Kindes ins Zentrum aller Bemühungen zu stellen. Es geht um das Kind / den Heranwachsenden, der im Hier und Jetzt lebt. Die Lebensphase des Aufwachsens wird als Moratorium verstanden; als Schutz- und Lebensraum in dem selbsttätiges und ganzheitliches Aneignen von Welt geschehen kann. Doch ist dies möglich in Flüchtlingsunterkünften, in denen der Zustand des Wartens mit Nichts ausgefüllt werden kann? Wenn Asylunterkünfte als Warte- bzw. Schutzraum dienen sollen gilt es, die subjektiven Ebenen der darin lebenden Menschen sichtbar zu machen. Ausgangspunkt aller Bemühungen um eine pädagogische Gestaltung dieser Räume sollten Kinder und Jugendliche als kompetent handelnde Akteur*innen sein – auch und gerade, wenn sie mit Fluchterfahrungen andere und für sich ungewohnte Sozialräume betreten. Und – die Frage sei am Ende noch gestattet – warum ist es nicht möglich, auch Kindern den Familiennachzug ihrer Eltern zu gewähren?
Kontakt:
Dr. Susanne Kleber
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